'Witzfiguren' wie Hitler?

  • Weniger die filmästhetische oder handwerklich stimmige Umsetzung hat Christian Bos im Blick, wenn er im KStA wie folgt kommentiert:

  • Auch das heutige SWR Magazin "Nachtkultur" beschäftigte sich mit dem Spot.


    Der Medienwissenschaftler Norbert Bolz moniert darin die klassisch moralisierende Bewertung etlicher Kritiker -vergl. KStA- und kommt zum positiven Fazit, die Studenten hätten mit ihrem Tabubruch die "gute heile Welt" der Werbung infrage gestellt.
    'Nachtkultur' stellt fest, der Spot könne als Persiflage gesehen werden und ihre Macher seien der Aufgabe, Werbung kritisch zu beleuchten und zu hinterfragen, gerecht geworden.


    Zitat

    Umstrittene Auszeichnung - Nachwuchspreis für Ludwigsburger Werbespot
    Information
    Ein Auto, das Gefahren schon im Voraus erkennt und deshalb den kleinen Hitler totfährt... Während sich Mercedes sofort von Tobias Haases Werbespot distanzierte, erhielt der Abschlussfilm des Ludwigsburger Filmakademie-Absolventen jetzt den Nachwuchspreis First Steps Award in der Kategorie Werbefilm.


    Quelle: SWR

  • Er hat wohl nicht verstanden, daß der Spot ein Witz sein soll.


    Ja, einverstanden. Und deshalb hat dieser Witz auch keinen Preis verdient.
    Mal sehen ob mal eine S-Klasse durch muslimische Dörfer rollt und den kleinen Osama auf den Kühlergrill nimmt.


    Ich finde, es gibt preisverdächtigere Dinge als kleine Kinder tot fahren.


  • Zitat

    moniert darin die klassisch moralisierende Bewertung etlicher Kritiker -vergl. KStA- und kommt zum positiven Fazit, die Studenten hätten mit ihrem Tabubruch die "gute heile Welt" der Werbung infrage gestellt.

    nicht nur die "gute heile der Welt der Werbung", sondern "unser aller" ... ich glaube ich muss hier doch mal eine Bresche schlagen ... Werbung liefert, wenn sie denn im Auftrag geschieht, nichts anderes als der Kunde will und der will meist nichts anderes als sein vermutetes Zielpublikum will, denn dieses sollte so motiviert sein Produkt, Dienstleistung etc. HABEN wollen.
    Das ist so platt wie dargestellt, weiß jedes Kind. Lässt aber doch den Schluss zu, dass nicht alleine Werbung Zielgruppen beeinflusst, sondern auch umgekehrt. Das Volk bekommt was es fordert, will, beklatscht. Die Frage wer hier wen manipuliert ist wie die berühmten Vexierbilder.


    Wer in diesem Metier noch in einer universitären, oder Fachhochschuleinrichtung gebildet wird, lernt jedoch mehr als reine Technik (hinter der heute zutage jeder kreative Ansatz zu verschwinden scheint), er lernt Ideen zu entwickeln, Ideen die anders sind, man kann das projektbezogen für den "realen" Markt tun (Auschreibungen in den Fachbereichen), man kann sich als Student jedoch ganz eigene Anliegen und Projekte suchen, die nicht den klassischen Markt bedienen, sondern unter anderem auch die eigene politische Sicht, oder eine Idee.


    An die Plattheit, die dem Kurzfilm unterstellt wird durch die einerseits moralistische Kritik, sowie der Sichtweise des anderen Klientel, das darin nur einen schlichten "Witz" zu erkennen mag, glaube ich nicht. Mir zeigt allein schon die darum geführte Diskussion, dass gedanklich mehr bewegt werden sollte. Es ist schon sehr überheblich eine Jury oder diejenigen, die das Projekt umgesetzt haben einer eingeschränkten Sichtweise zu verdächtigen, weil man meint diese hätten die Brutalität, die in dem Überfahren des Kindes steckt, einfach übersehen oder nur "cool" gefunden? Und wie kurz denken alle, wenn sie den Ansatz der Kritik an der Entwicklung einer uns alle überwachenden, völlig technisierten Welt, in der Software uns wichtige Entscheidungen abnimmt, nicht erkennen wollen? Das Filmchen ist bewußt provokativ, das frustrierende daran, dass niemand darüber nachdenken mag. Das nächste mal dann wieder, leichte Kost, so wie das Publikum es mag, denn es soll ja bekommen was es fordert.
    Arme Studenten ... :(



  • An die Plattheit, die dem Kurzfilm unterstellt wird durch die einerseits moralistische Kritik, sowie der Sichtweise des anderen Klientel, das darin nur einen schlichten "Witz" zu erkennen mag, glaube ich nicht. Mir zeigt allein schon die darum geführte Diskussion, dass gedanklich mehr bewegt werden sollte. Es ist schon sehr überheblich eine Jury oder diejenigen, die das Projekt umgesetzt haben einer eingeschränkten Sichtweise zu verdächtigen, weil man meint diese hätten die Brutalität, die in dem Überfahren des Kindes steckt, einfach übersehen oder nur "cool" gefunden? Und wie kurz denken alle, wenn sie den Ansatz der Kritik an der Entwicklung einer uns alle überwachenden, völlig technisierten Welt, in der Software uns wichtige Entscheidungen abnimmt, nicht erkennen wollen? Das Filmchen ist bewußt provokativ, das frustrierende daran, dass niemand darüber nachdenken mag. Das nächste mal dann wieder, leichte Kost, so wie das Publikum es mag, denn es soll ja bekommen was es fordert.
    Arme Studenten ... :(

    Ich stimme dir zu.


    Werbung ist Geben und Nehmen und natürlich ist sie bewusst provokativ, wenn sie gut gemacht ist. Werbung, über die diskutiert wird, kann gar nicht "schlecht" sein.


    Mich hat da eher "gestört", dass die Mutter noch Adolf gerufen hat. Die Bilder sprech für sich ...


    Werbung ist immer plakativ. Das gilt auch hier. Der "kleine Adolf" steht wie die spielenden Mädels für Gefahren, die früh erkannt sein wollen ... nicht nur von Autofahrern. Dass der reale Adolf als Kind hätte "unschädlich" gemacht werden sollen, steckt für mich in der Werbung nicht drin.


    So schön ein Auto auch sein mag, das besser und schneller als ich mögliche Gefahren erkennt ... nicht erst, wenn es um moralische Entscheidungen geht, möchte ich da lieber selbst entscheiden dürfen. Mich nervt es ja schon, wenn ich in einem Auto mitfahre, das Rückwärtsfahren durch lautes Piepen mitteilt ... ich brauch das nicht ... und es stört!!

  • Zitat

    Das Filmchen ist bewußt provokativ, das frustrierende daran, dass niemand darüber nachdenken mag.

    Ooch, was tun die zitierten Kommentatoren und wir hier denn gerade?


    Zitat

    Mich nervt es ja schon, wenn ich in einem Auto mitfahre, das Rückwärtsfahren durch lautes Piepen mitteilt ... ich brauch das nicht ... und es stört!!

    Du hast -so scheint's- noch nie ein größeres, noch dazu unübersichtliches Auto in eine enge Parklücke platziert? Da könnte dir das 'Piepen' ganz hilfreich erscheinen... ;)

  • @grippi


    Zitat

    Ooch, was tun die zitierten Kommentatoren und wir hier denn gerade?

    Sie diskutieren ob die Preisvergabe richtig war, das inhaltlich kritische Potential (Technik die und Entscheidungen abnimmt) wird nicht diskutiert.


    Grade das Autofahren, dass für uns noch so etwas wie ein Stück persönliche Freiheit bedeutet hat, wird so eingeschränkt, dass man genauso gut bahnfahren kann. Wenn das Auto selbst fährt, entscheidet wie schnell es wolang wohin fährt, die Termine in der Werkstatt selbst macht, gehackt und( meine Lieblingsvorstellung) ferngesteuert übernommen werden kann, hat es mit dem was ich unter Autofahren verstehe nichts mehr zu tun. Fahrspaß vorbei. Es wird dann zu einer kleinräumigen Beförderungskapsel für 3-4 Personen.


    Das ist aber nur ein Aspekt, einer Welt in der Computer mehr und mehr Kompetenzen übernehmen. Wie monströs solche logisch programmierten Entscheidungen ausfallen könnten, illustriert der Film bestens. Und derjenige der eigentlich steuern sollte, kommt noch nicht mal mehr vor. Oder sieht man irgendwo einen Fahrer der verzweifelt versucht dieses Kind zu retten? Lebenswert, nicht lebenswert als Fall für Algorhitmen. Wobei der Film nicht wertend ist.


    ;)

  • sphinx

    Zitat

    das inhaltlich kritische Potential (Technik die und Entscheidungen abnimmt) wird nicht diskutiert.

    Naja, stimmt zum Teil, auch wenn -neben dir selbst- sowohl der SWR-Beitrag als auch escape auf die dem Spot immanente Technikkritik eingegangen sind, lag der Schwerpunkt der Kommentare bei der Beantwortung meiner eingangs gestellten Frage neben ästhetisch-formalen Hinweisen wohl vor allem auf der Figur des getöteten Jungen.
    Die "Technik, die uns Entscheidungen abnimmt" wurde dabei zwar nicht ignoriert, aber bisher noch unzureichend diskutiert.
    Möglicherweise beansprucht die Figur des Kindes 'Adolf' in diesem Film allzu viel Aufmerksamkeit und wirkt derart stark als Spot bestimmender 'Gag', dass die Technikkritik -hier die Menschen ersetzende, 'intelligente' Limousine- daneben verblasst.


    Umso wichtiger scheint mir, das Thema 'Werbung' in einem eigenen Thread zu beleuchten und zu diskutieren.
    Ich hatte den Spot bei "'Witzfiguren' wie Hitler?" zur Diskussion gestellt, weil der Film mit dem Tabubruch 'Hitler' arbeitet. Die von dir angesprochenen Aspekte gehen jedoch deutlich über diese Figur hinaus und deine Kritik fokussiert weitere Schwerpunkte.


    Zitat

    Studenten haben in ihrer Umsetzung und Ideenfindung mehr Freiheiten als die Arbeitenden in der freien Wirtschaft (der Mut deutscher Unternehmer zu kreativen Ideen ist ... ok ich will bhier nicht jammern, aber die deutsche Werbung ist ein Jammertal) es nachher zulässt. Das ist ein hohes Gut, das wir schätzen sollten und wir sollten uns bei dem ganzen Hype um Technik, den daraus resultierenden ethischen Fragen dringend stellen.

    hast du in deinem ersten Beitrag geschrieben, wie wär's, wenn du der (deutschen?) Werbung einen eigenen Thread widmen würdest?? ;)

  • Du hast -so scheint's- noch nie ein größeres, noch dazu unübersichtliches Auto in eine enge Parklücke platziert? Da könnte dir das 'Piepen' ganz hilfreich erscheinen...


    Gemeint ist hier nicht eine Einparkhilfe, sondern der Piepser, der vor einem rückwärtsfahrenden Fahrzeug warnt.

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