"Weiteres Wortgeplänkel wird dem Thema wirklich nicht gerecht"
Stimmt.
Welche Begriffe dem Thema gerecht werden , welche kolonialistisch-rassistisch tradiert sind und verletzen - oftmals ganz ungewollt - erläutert Karina Fuchs.
ZitatAlles anzeigenRassismus und Sprache
Afrodeutsche, Farbige, Schwarze oder PoC – welche Bezeichnungen sind okay?
Ein Kommentar von Karina Fuchs
Sprache kann verletzen – das habe ich als Person of Color auch schon oft im Alltag erlebt. Afrodeutsche, Farbige, Schwarze oder Person of Color - mit Begriffen wie diesen wurde ich nicht nur einmal in meinem Leben konfroniert. Dass Neger ein Schimpfwort ist, sollte mittlerweile klar sein. Doch welche Begriffe sind okay und nicht diskriminierend?
Neger ist ein absolutes No-Go
"Mein kleines Neger-Mädchen" – so nannte mich meine 90-jährige Nachbarin. Versuche, ihr zu erklären, dass der Begriff verletzend ist, waren vergeblich. Dann gab es Situationen in der Schulzeit, bei denen in Streitgesprächen Beschimpfungen wie "Du Nigger" verwendet wurden. Ich fragte meine Mitschüler, ob sie überhaupt wüssten, was das bedeutet – die Antwort war meist nein. Übersetzt heißt es "Du Scheißsklave", entstanden aus der grausamen Zeit, in der Menschen wegen ihrer Hautfarbe versklavt wurden, wie Menschen zweiter Klasse behandelt wurden, Angst hatten auf offener Straße verprügelt zu werden.
Ich bin kein Sklave, nur ein Mensch mit dunkler Haut. Wer Neger sagt, grenzt Menschen aus, Neger bedeutet abgelehnt zu werden, Neger ist eine Beleidigung. Also nein, die Verwendung von Negerkuss ist absolut nicht okay – Schokokuss hingegen schon.
Schwarz ist okay - nicht farbig, nicht maximalpigmentiert
Obwohl ich nicht wirklich "schwarz" bin, da ich sowohl deutsche als auch nigerianische Wurzeln habe und meine Haut eher hellbraun ist, sage ich selbst, dass ich schwarz bin. So wie ich Menschen mit heller Hautfarbe auch Weiße nenne.
Der Begriff "Schwarz" ist okay – im Gegensatz zu Maximalpigmentierter oder Farbiger. Meine Hautfarbe ist nicht "farbig". Sie ist nicht gelb, grün oder rot und auch nicht maximalpigmentiert. Zudem ist Farbige/farbig ein kolonialistischer Begriff und negativ konnotiert.
Selbstbezeichnung People of Color (PoC, Singular: Person of Color)
Lange wurde ich auch als "Mischlingskind" bezeichnet. Weißer Vater, schwarze Mutter. Doch wenn ich weder weiß und scheinbar auch nicht richtig schwarz bin – was bin ich dann? Ein Mischling jedenfalls nicht. Das musste ich auch erstmal lernen, denn der Begriff Mischling wird für Hunde verwendet. Auch Mulatte ist eine rassistische Bezeichnung für einen Menschen, dessen Vorfahren teils schwarze, teils weiße Hautfarbe haben.
Der wohl passendste Begriff ist PoC – Person of Color.
PoC ist eine Selbstbezeichnung von Menschen, die sich nicht als Weiß definieren und gilt als positive Umdeutung der abwertenden Zuschreibung "colored" (farbig). Der Begriff PoC verbindet geteilte Rassismus-Erfahrungen von Menschen, die "anders" als die weiße Mehrheitsgesellschaft aussehen. Dazu zählen alle Farben und Schattierungen dieser Welt - auch Menschen aus Lateinamerika, Südafrika oder Asien. Sich so zu bezeichnen ist auch politisch. People of Color fordern gleiche Chancen und Teilhabe in allen gesellschaftlichen Bereichen.
Afrodeutsch – Afro und deutsch!
Der Begriff Afrodeutsch bezeichnet Menschen, die afrikanische Wurzeln haben, in Deutschland leben oder auch deutsche Vorfahren haben. "Afrodeutsch" hat sich in den 1980er Jahren zum ersten Mal in der deutschen Community manifestiert. Vorreiterin war die Schriftstellerin und Aktivistin May Ayim. In ihrem Buch "Farbe bekennen - Afrodeutsche Frauen auf den Spuren ihrer Geschichte", befasste sie sich intensiv mit der Geschichte von afrodeutschen Menschen und insbesondere Frauen. In dem Buch kamen zum ersten Mal afrodeutsche Frauen zu Wort und berichteten über ihre Erfahrungen mit Rassismus.
Afrodeutsch ist nicht nur eine Bezeichnung für Menschen mit dunkler Hautfarbe, Afrodeutsch ist Emanzipation, Empowerment und Selbstermächtigung und für mich die passendste Bezeichnung – ich bin Afro und deutsch.
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