Ich tue mich schwer mit einem Titel für diesen Thread. Knapp und griffig sollte er sein und nicht abschrecken. Aber genau da geht's schon los. Alter und Krankheit sind nicht die Diskussionsknaller, es sei denn in Seniorenblogs und bei Betroffenen, sofern die nicht auch lieber den Mantel des Schweigens ausbreiten.
Zum Thema:
Erlebnisse mit Freundes-Angehörigen und Erzählungen der pflegenden Familien haben mich immer wieder sehr berührt. Zuletzt war es Marbez' Blog über reale und gefakte Bushaltestellen, der mich mit dem Thema konfrontierte. Anlass, mir erneut die Frage zu stellen: 'Wie gehen wir mit Alten und Demenzkranken um?'
Da gibt es Medienberichte über schauerliche Zustände in Alten- und Pflegeheimen. Klagen darüber, dass zuhauf 'Fixierungen' angewandt werden, um die Betroffenen daran zu hindern, ihr Bett zu verlassen. Medikamente, zumeist 'Beruhigungsmittel', die eingesetzt werden, um Bewegungsdrang und Unruhe der alten Menschen zu mindern - mit dem Ergebnis, dass Muskeln atrophieren und der Kreislauf nicht mehr ausreichend angeregt wird.
Alten- und Krankenpfleger - ein Berufstand von Sadisten? Wohl kaum!
Vielmehr finden die betroffenen Angestellten Bedingungen vor, die kaum zu bewältigen sind. Zeitmangel, dazu schwerste körperliche Arbeit, ungenügende Ausstattung der Heime und obendrein miese Bezahlung sind allgemein bekannt.
Der Tatsache des Alterns kann nun mal niemand entfliehen, altersbedingte Gebrechen eingeschlossen. Es liegt also in unserem eigenen Interesse, die Bedingungen für späteres Unterkommen in einer angenehmen, freundlichen und lebenswerten Atmosphäre zu sichern.
Warum geschieht dennoch so wenig? Ist es das leidige Geld? Natürlich, aber nicht allein. Spielt nicht auch Verdrängung eines unerwünschten Themas in unserer jugendorientierten Welt und Angst vor eigenem Alter und Schwäche eine entscheidende Rolle?
Was es auch sein mag, die oben angesprochenen Medienberichte kehren in unschöner Regelmäßigkeit wieder, beherrschen kurzfristig die Schlagzeilen und verschwinden anschließend im Nirwana der Nichtbeachtung. Verbesserung der Zustände? Nachfragen und Kontrollen? Man erfährt wenig davon - falls überhaupt.
Aber wenn das Altern mit seinen teils brutalen Begleiterscheinungen doch Jede und Jeden betrifft, sollten wir uns um die Zukunft kümmern, bevor wir als greise Leidende den Um- und Zuständen einer Umgebung ausgesetzt sind, die wir uns weder ausgesucht haben, noch auf sie Einfluss nehmen können.
In den Niederlanden hat man ein Modell etabliert, das ich mit großem Interesse betrachte und für eine überzeugende Alternative zu den mir bekannten deutschen Pflegeeinrichtungen halte - das 'Demenzdorf'.
Angelegt wie ein kleines, überschaubares Dorf oder Stadtviertel mit Park, Straßen, Laden, Kneipe und Café bietet es den orientierungsschwachen Bewohnern die Möglichkeiten, Alltag zu leben. Mit nahezu allen gewohnten Betätigungen, mit sozialer Ansprache und unter der notwendigen professionellen Begleitung des Personals, übrigens auch vieler ehrenamtlicher Helfer.
In Deutschland ist man mittlerweile auf diese Dörfer aufmerksam geworden und beginnt Nachahme-Modellversuche.
Bleibt zu hoffen, dass sich diese Idee durchsetzt und wir in Zukunft Berichte wie die eingangs erwähnten nicht mehr lesen müssen! Klar, dazu gehört auch, sich mit abwiegelndem "kostet zu viel" nicht zufrieden zu geben und klarzumachen, dass in Würde Altern eine Frage sozialen Miteinanders, kreativer Gestaltung - und uns 'etwas wert' ist.