Beiträge von alt-aber-bezahlt

    Führt man damit nicht eine "typisch deutsche" Diskussion?


    Ja, es ist unbefriedigend, dass man den Mörder nicht lebend hat fassen können. Stelle ich mir jedoch die Situation der Einsatzkräfte vor, so wurden diese überraschend in einen "scharfen" Einsatz berufen und mussten wissen, dass sie auf eine Person angesetzt waren, die bereits mehrere Menschen getötet hatte und als entsprechend gefährlich und gewaltbereit anzusehen sein musste. Dieser Unbekannte stürzt sich plötzlich aus einer Deckung aus kurzer Entfernung (es heißt in einer Verlautbarung der GdP Berlin - BezGr Dir E, der Abstand habe 3 Armlängen betragen; das wären z. B. bei mir knapp 2,50 m - abzüglich der nicht näher bezeichneten Länge des Axtstiels) und greift (logisch betrachtet wahnwitzig) eine hochspezialisierte Polizeitruppe an. Wie würden wir uns in solcher Lage verhalten, wie verzweifelt knapp ist die zur Verfügung stehende Reaktionszeit?


    Der Himmel weiß, was eine derart durchgeknallte Person sonst noch angerichtet hätte. Nach meinem Dafürhalten zeigt die Debatte eine gerüttelt Maß an Praxisferne. Ob erst Beamte hätten getötet oder verletzt werden müssen, um eine Notwehrsituation rechtfertigen zu können?

    Man sollte die Kirche auch mal im Dorf lassen können. Ich verließe mich ggf. lieber auf solche zupackenden Einsatzkräfte als auf irgendwelche Psychoheinis, die einen derart Durchgedrehten wohl kaum würden erreichen können. Aber das sei einem Jeden freigestellt.

    Fehler sind menschlich - man macht sie, hat daraus zu lernen und dann tunlichst nicht zu wiederholen.


    Immer vorausgesetzt, dass tatsächlich "nur" ein Fehler gemacht wurde (unerfreulich allemal), so wäre es an allen Parteien gewesen, die Kuh schnell vom Eis zu bringen. Das störrische Auftreten des Überraschungs"siegers" SPD hingegen erinnert mich an das Quengeln eines bockigen Kleinkindes.


    Am Ende hat nun ein Gericht Klartext in einer Sache sprechen müssen, die doch eigentlich selbsterklärend und selbstverständlich sein sollte? Wenn sich die SPD nunmehr unangenehme Vorwürfe gefallen lassen muss, hat sie sich das selbst zuzuschreiben.


    Schlimmer ist m. E. jedoch der - parteiunabhängige - Eindruck auf eine ohnehin zunehmend politikverdrossene Gesellschaft: die SPD hat sich in dieser Sache nicht nur dämlich, sondern glattweg demokratiefeindlich aufgeführt. X(


    Etwaige Spekulationen darüber, dass evtl. gar kein "Fehler" vorgelegen haben mag, möchte ich schon im Interesse des eigenen Seelenfriedens gar nicht erst anstellen.

    Aber leider ist überhöhte Geschwindigkeit eine der Hauptunfallursachen.

    Gerade da habe ich Zweifel.


    Klar, steht ein Fahrzeug, verursacht es in den wenigsten Fällen einen Unfall, und die jeweilige Geschwindigkeit beeinflusst natürlich massiv den Umfang des entstehenden Schadens. Aber ist die (angeblich) "überhöhte" Geschwindigkeit tasächlich originärer Auslöser des Geschehens?


    Man ist bestrebt, eine Unfallstelle so schnell wie möglich wieder für den Verkehr frei zu geben. Haben die Polizeibeamten vor Ort tatsächlich und in jedem Fall überhaupt Zeit und Mittel, eine präzise Ursachenanalyse vorzunehmen? Die mir noch bekannten Aufnahmebögen hatten etwas von einem Multiple-Choice-Fragebogen. Da mache ich keinem Beamten einen Vorwurf, wenn er halt die "überhöhte Geschwindigkeit" als Ursache ankreuzt, da vielleicht die übrigen Vorschläge völlig untauglich sind.


    Wie schon an anderer Stelle einmal angeführt: 26 Jahre lang verzeichnete man auf meiner alten Strecke zwischen Wohnung und Arbeitsstelle (ca. 10 km) keine Verkehrstoten. 1964 erlitt ein Nachbar auf seinem Motorrad einen epileptischen Anfall und fuhr geradewegs gegen einen entgegen kommenden LKW. Danach rummste es zwar ein paar Mal, aber zumeist blieb es bei Blechschäden. Die Strecke ließ sich (unter Berücksichtigung aller damaligen Beschränkungen) in 10 Minuten zurücklegen.


    1991 wurde dann an neue Sicherheitswahrnehmungen angepasst. Bis 2002 kamen auf der Strecke 4 (in Worten: VIER) Personen zu Tode. Den Anfang machte ein auswärtiger Motorradfahrer, der den Rollsplitt (auf einer neuen Fahrbahn!!) gegen die tief stehende Sonne wohl nicht hatte einschätzen können. Er rutschte weg und wurde von der neu angebrachten Leitplanke förmlich enthauptet. Wenn bis dato jemand zu eilig um diese Kurve gefahren war (zuvor problemlos mit 100 km/h zu befahren), landete er im leichten Gefälle der angrenzenden Wiese und musste vom Bauern mit dessen Trecker zum Gespött der Anwohner aus dem Dreck gezogen werden. Für den Kradfahrer waren schon die etwa 45 km/h zu schnell, die der nachfolgende Zeuge (ein Kollege meines Vaters) zu Protokoll gab. Ein Opfer der Sicherheit - ironischerweise?


    Und so könnte ich fortfahren. Bei meinem Wegzug in Richtung Köln zählte man als "Raser", wenn man die besagten 10 km schneller als in 17 Minuten bewältigte. Selbst die bestens ausgebaute Ortsdurchfahrt des Nachbarortes ist seit Jahren nur mit 30 km/h zu befahren. Aus Gründen der "Sicherheit"; immerhin sei ein Todesopfer zu beklagen gewesen.


    Die Mutter des Todesopfers war eine meiner Klassenkameradinnen. Ihre Tochter hatte die Baumaßnahmen für die neue und erweiterte Ortsdurchfahrt anschauen wollen und wurde dabei von einem rückwärts fahrenden Bagger überrollt. Macht natürlich Sinn, dass man angesichts Dessen nur noch 30 km/ fahren darf. :thumbdown:


    Machen es sich da nicht manche Leute etwas zu einfach, wenn sie stets weitere Beschränkungen fordern?

    Dein wiederholter Hinweis auf die "Natur des Menschen" irritiert mich

    Wieso das??? Bist Du etwa unmenschlich? ?( Da hätte ich mich aber arg getäuscht. 8|

    die zu befürchtenden Reaktionen der Vermieter

    Nicht "zu befürchtenden", sondern "schlusslogisch zu erwartenden", agrippinensis. Auch wenn das escape gegen den Strich gehen mag: die Reaktionen sind menschlich. Nicht mehr, nicht weniger. Und ganz nebenbei: in einer Fachzeitschrift wird das präventive Anheben der Miete gezielt als "umsichtiges Handeln der Eigentümer" bezeichnet. Schon dumm, wenn eine Ideologie (mal wieder) an der menschlichen Natur und der Wirtschaftlichkeitsrechnung scheitert, nicht wahr?


    hat Spaß gemacht

    Betrachtest Du das als Spaß? Es geht hier um eine todernste Sache - Eigentümer werden finanziell immer weiter in die Ecke gedrängt und geben am Ende ihre Anlageimmobilien zugunsten eines Verkaufs auf (was das Angebot am Mietmarkt weiter verengen wird) und Mieter werden mit höheren Kosten belastet - das nennst Du Spaß? Hier wird der Grundstein für Deine Postings der Zukunft gelegt - noch mehr Leute werden darauf bauen müssen, dass jemand "seinen Mantel teilt".



    Diesen Stuss wirst du zurecht vergeblich suchen

    Und warum propagierst Du genau das, wenn Du es doch zurecht als Stuss erkennst?


    Wir alle spüren den Schwund hierdurch in der Geldbörse!

    Dazu hat in einem geschlossenen Forum ein Kollege (zwar nicht zur Mietpreisbremse, aber zum "Bestellerprinzip", was aber unterm Strich vergleichbare Konsequenzen haben wird) folgenden Verlauf eines Telefongesprächs gepostet:


    "Telefonat von gerade eben (irgendwann im Gesprächsverlauf):Mieter: "Das ist doch jetzt provisionsfrei, gell."
    "Nein, noch nicht."
    "Aber in der Bild stand doch, dass die Vermieter die Makler bezahlen müssen."
    "Ach so, das meinen Sie. Ja, Sie bekommen die Wohnung auch provisionsfrei. Die Miete beträgt dann allerdings nicht 450,- € sondern 550,- €."

    "Aber... Dann wird das ja teurer für mich."
    "So wollte es die SPD."
    "Sch**ß-SPD"


    was mich veranlasst, nochmal laut zu brüllen:

    Nun ja, der Volksmund sagt ja nicht umsonst: "wer schreit, hat Unrecht."

    Ein gut gemeinter Rat, agrippinensis: nicht die Lautstärke ist maßgebend, sondern die Richtung, in die Du rufst: http://www.welt.de/finanzen/im…n-fuer-die-Deutschen.html :thumbdown:

    Aber was will man schon von solchen "Fachleuten" erwarten: http://www.tagesspiegel.de/pol…ren-zurueck/10967802.html :thumbsup:

    Ich habe übrigens nicht bewusst "Vermieter" im Blickfeld gehabt - was ich beschrieben habe, ist schlicht und einfach grundmenschliches Verhalten. Auf einem anderen Planeten gibt es vielleicht die Gesellschaft, die Deinen Vorstellungen entspricht. Aber solange Maßnahmen umgesetzt werden, die schon im Ansatz wider die menschliche Natur sind, sind sie zum Scheitern verurteilt. Was das mit dem Grundgesetz zu tun haben soll, ist mir schleierhaft. Denn ich vermisse dort den Hinweis, dass Eigentum ggf. auch zum eigenen Ruin verpflichten kann oder soll.


    Spiegelt es nicht. Die Ausmaße waren um ein zigfaches größer.

    Und das ist auch alles. Also spiegelt es DOCH die damaligen Verhältnisse wider. Kennst Du meine alte Heimat? Ich habe den Niedergang mit erlebt. Und die Klagen und Probleme sind und waren deckungsgleich mit denen der DDR. Und in nur 6 Jahren angeblichen "Wirtshaftswachstums" 10 % der Bevölkerung zu verlieren, zeugt nicht eben von Vertrauen in die Zukunft.


    Wer da investiert ist verrrückt.

    So "verrrückt" wie jemand, der sein Geld lieber bei einem afrikanischen Despoten angelegt hätte?


    Ich kenne keine ernstzunehmende Stimme die das heute vertritt.

    Heute nicht mehr, das stimmt. Die Einheitspresse sorgt dafür, dass der "Aufbau Ost" als eine reine Erfolgsgeschichte präsentiert wird. Es gab durchaus ernst zu nehmende Überlegungen (von wirklich versierten Finanzfachleuten), die eine internationale Anleihe vorschlugen. Das aber war ein Weg, bei dem der "Politik" verkauft werden musste, dass Geld nicht einfach vom Himmel fällt. Wegen des allzu großen Realismus verschwanden die Konzepte in der Versenkung. Und die Bürger der DDR rutschten vom Sozialmus Ost zum Sozialismus West.


    Ohne Mampf kein Kampf.

    Richtig. Aber Du verkennst die geschilderte Aufbruchstimmung. Die Leute waren Entbehrungen und Improvisation gewohnt. Auch hier zeigt sich einmal mehr die überhebliche "Westdenke", alles perfekt machen zu können.

    Tex, Du drehst Dich im Kreis.

    Natürlich sind "meine Jenaer Erfahrungen" nichts allgemein Gültiges. Wenn aber "West" und "Ost" so gar keine Rolle spielen, dann erkläre mir bitte das Absterben meiner Heimatregion (nochmals: in NRW), das doch im Kleinen widerspiegelt, was die Ex-DDR erlebt hat.

    Und nochmals: allzu leicht verwechselt man Ursache und Wirkung. Wer kann belegen, dass man nicht besser hätte vorgehen können, wer kann widerlegen, dass eine zunächst auf sich gestellte DDR ohne Bundeseinfluss nicht sogar eine langfristig bessere Entwicklung genommen hätte, war sie doch ein Eldorado für ausländische Investoren? Solide, produktive Arbeitsplätze in den Neuen Ländern hätten mit Sicherheit viele Menschen dort gehalten, die so, wie man die Dinge handhabte, oft genug nur noch dort Arbeit fanden, wo Westunternehmen Steuersubventionen abschöpften, um Standorte aus dem (teureren) Westen zu verlagern.

    Die damaligen "Fachkräfte" mussten auch im Westen eine harte Schule durchlaufen. Am Heimatort befindet sich ein Fachbetrieb für Lüftungs- und Klimatechnik. Man war damals stolz wie Oskar, aus "dem Osten" 2 Facharbeiter für Mess- und Regeltechnik mit je mehr als 25 Jahren Berufserfahrung angeworben zu haben. So stand es immerhin auf dem Papier. In der Praxis stellte sich heraus, dass die Beiden als Bedienstete irgendwelcher Stadtwerke morgens irgendeinen Hebel auf "Ein" legten und diesen des Abends wieder auf "Aus" zurück. Dazwischen hatten sie nichts zu tun.

    Mit 25 Berufsjahren auch keine jungen Leute mehr, das ganz am Rande. Wie auch ich, er ich mit 47 Jahren wider Willen dort wegging, wo sich keine berufliche Perspektive mehr bot. Mein Sohn folgte nach Beendigung der Schule mit 17 Jahren. Das Alter, liebe Tex, spielt bei diesen Erwägungen nur eine untergeordnete Rolle. In erster Linie zählen die Einsatzbereitschaft und der Mut, etwas Neues anzugehen. Was wiederum in letzter Konsequenz die "Besseren" aus den benachteiligten Regionen treibt. Eine Spirale, die kaum zu durchbrechen ist. Es waren einfach zwei Welten, die da aufeinander prallten. Und so manche hoffnungsvolle "Ossi" hat lernen müssen, dass die warmen Plätze im Goldenen Westen zumeist schon besetzt waren und erkämpft werden mussten.

    wäre es noch viel schlimmer gekommen

    Wer sagt Dir das, Tex?

    Zieh bitte nicht einen Satz oder Absatz heraus und lass den ganzen Rest außen vor. Die Bewegung vom Land in die Stadt ist überall auf der Welt nachvollziehbar - und "der Osten" hat jede Menge Land!

    Dass die Menschen zuvor nur in einer künstlichen Wirtschaftsblase ihre "Arbeit" hatten, die jedoch oftmals nicht marktgerecht war und somit obsolet wurde, hat nichts mit "Osten" oder "Westen" zu tun - nur eben, dass die "Neuen Länder" durch die Öffnung einem plötzlichen Crashkurs in Marktwirtschaft ausgesetzt wurden, durch den die Unwirtschaftlichkeit vieler Arbeitsplätze radikal offen gelegt wurde. Im "Westen" haben sich dagegen Veränderungen über all die davor liegenden Jahre verteilt und waren bereits vollzogen. Die "Arbeitslosigkeit" der DDR war eine reine Illusion - und deren Aufrechterhaltung mit Teil des Untergangs.

    Nur als Beispiel: ich habe meine alte Heimat vor etwas mehr als 6 Jahren verlassen. Inkl. aller Eingemeindungen hatte das abgelegene Städtchen zu diesem Zeitpunkt 21.000 Einwohner. Ich habe die Daten im September letztmals eingesehen. Heute leben dort noch 19.300 Menschen. Die passt zur Entwicklung meines Heimatortes, einem er Stadtteile: 1984, als ich mit den Eltern ein Haus dort baute, lebten dort 1.200 Einwohner, heute um 750. Ich rede, wohlgemerkt, von NRW! Wo keine Arbeit, da Landflucht. Ob das nun die alte DDR ist oder nicht.

    und die Verletzungsgefahr nur theoretisch reduziert wird

    Ein wahres Wort - und live erlebt!

    Als ich 1978 meine Fahrerlaubnis erhielt, "peeste" man in 10 Minuten vom Wohnort die 10 km zur Arbeitsstelle (ohne dabei etwa eine zulässige Geschwindigkeit zu übertreten). Dies mit Autos, die heute aus Sicherheitsgründen gar nicht mehr gebaut werden dürften. Der letzte schwere Unfall mit Personenschaden auf der Strecke lag zu diesem Zeitpunkt 14 Jahre zurück: ein Nachbar (den ich gar nicht mehr kennen gelernt habe) erlitt auf seinem Motorrad einen epileptischen Anfall und fuhr geradewegs in einen entgegen kommenden LKW hinein. Und weitere 12 Jahre geschah dort nichts Erwähnenswertes.

    Erst mit dem Ausbau der Landesstraße Anfang der 90er Jahre "aus Sicherheitsgründen", einher gehend mit ersten Geschwindigkeitsbeschränkungen, änderte sich das: kurz nach Ende der Baumaßnahmen rutschte ein auswärtiger Motorradfahrer auf dem ausgestreuten Rollsplitt weg und wurde von der neu angebrachten Leitplanke regelrecht enthauptet. Ein paar Wochen zuvor wäre er einfach noch in die Wiese gerutscht. Letztmals im Jahr 2000 kam es zu einem tödlichen Unfall, dies bei Bauarbeiten in der Ortsdurchfahrt des Nachbardorfes. Die Tochter einer früheren Klassenkameradin geriet hier unter einen rückwärts fahrenden Bagger. Keiner der Unfälle war in letzter Konsequenz auf "überhöhte Geschwindigkeit" zurück zu führen (sofern man "Geschwindigkeit" im Sinne von Bewegung als Solcher nicht als das Teufelszeug schlechthin betrachtet).

    Aber heute braucht man nicht mehr 10 Minuten, um ohne Geschwindigkeitsübertretung ins Städtchen zu gelangen, sondern deren 17. Sonst ist man nach neuer Lesart ein "Raser".

    Interessant auch: mein Heimatdorf ist der letze Ort auf der Strecke, der bis heute noch keinen Bürgersteig an der Durchfahrtstraße bekommen hat. Und zugleich der einzige, bei dem die zulässige Geschwindigkeit noch nicht auf 30 km/ reduziert wurde. Unfälle? Unbekannt. Komisch.

    Merke: wenn man den Menschen (mithin auch Autofahrer) permanent wie Idioten behandelt, ist es wenig verwundersam, wenn er sich irgendwann auch wie ein Idiot aufführt.

    Und wieso sollte das in Köln anders sein als Anderswo?


    Sämtliche Umfragen seinerzeit und die 25 Jahre danach

    Traue keiner Umfrage, deren Kriterien Du nicht selbst festgelegt und deren Fragen Du nicht selbst formuliert hast, Tex.

    Ich war (erstmals) im Juni 1990 "drüben" - noch zu Zeiten der DDR, noch zu Zeiten der Ost-Mark. Das Ganze initiiert über die Reanimation einer alten Verbindung zweier Vereine. Vom "In-den-Westen-Gehen"sprach (zumindest von den dort Angetroffenen) in Jena zu dieser Zeit niemand. Und in den Westen sind auch bis heute nur Wenige hinüber gewechselt.

    Was jedoch deutlich herüber kam, war die morbide Stimmung in einem sich in Auflösung befindlichen Staatsgebilde. "Wir wollen ja gar nicht drüben bleiben, aber doch wenigstens mal raus hier und was Anderes sehen", war der Tenor. Unsere Gastgeber, ein Ehepaar Mitte 40, führte uns durch die Stadt. Die noch durch Ost-Auslagen geprägten Geschäfte siechten erkennbar dahin. "Das will doch keiner mehr, alles wartet aus Westprodukte". So oder ähnlich die Aussag des Familienvaters. Vom Weggehen kein weiteres Wort.

    Und Eins ist klar: Jena hatte immerhin mit den Zeiss-Werken ein Unternehmen von Weltruf vor Ort, also kann und will ich diese Erfahrungen nicht verallgemeinern. Wie es in der Mecklenburgischen Pampa aussah, lasse ich dahin gestellt. Aber letztendlich habe auch ich ja eine sehr ländlich geprägte Heimatregion verlassen und bin nach Köln gegangen - wo keine selbsttragende Arbeit angeboten wird, verreckt am Ende jeder Landstrich. Da bedarf es keiner Ost-West-Trennung.

    Heute, ganz aktuell, erleben wird im großen europäischen Rahmen das Gleiche noch einmal: da werden nicht einfach 5 neue Bundesländer, sondern ganze Staaten völlig unterschiedlicher Wirtschaftskraft unter den Deckel einer Einheitsregierung und einer gemeinschaftlichen Währung gezwängt. Und wohin drängt es nun so viele der Benachteiligten dieser wirtschaftlich schwächeren Partnerländer? Kurioserweise in das Land, dass durch die größte, so gern als "ungerecht" verschrieene Ungleichverteilung der Vermögenswerte gekennzeichnet ist... :thumbsup:


    Was das seinerzeit für die marode und nicht wettbewerbsfähige Restwirtschaft der DDR bedeuten musste, können nur eingefleischte Ideologen beiseite wischen (ähnlich wie heute auch). Wenn dann (!), in der Folge dieser Entwicklung, die Menschen aus der Ex-DDR abgewandert sind, vermengen sich nur zu schnell Ursache und Wirkung. Die "Treuhand" hat sich sicherlich nicht nur mit Ruhm bekleckert, aber an der zumeist nicht vorhandenen Wettbewerbsfähigkeit "abgewickelter" Unternehmen auf dem Weltmarkt konnte sie auch nichts ändern.

    Daher meine Überzeugung: hätte man den Dingen einfach ihren Lauf gelassen, wäre ganz offenkundig geworden, dass die DDR allein nicht überlebensfähig war. Da wäre auch nicht mehr oder weniger zusammen gebrochen, als dass mit der Treuhand der Fall war - aber damit hatte man seinen Sündenbock. Bis heute.

    Dagegen war das im Aufbruch befindliche Land (diese Aufbruchstimmung war bei unserem Besuch deutlich erkennbar - man war einfach nur froh, dass der Bremsklotz des "real existierenden Sozialismus" seinem Ende entgegen ging) doch für ausländische Investoren um Längen attraktiver und sicherer als irgendein zweifelhaftes Engagement meinetwegen in Afrika oder sonst wo.

    Eine vertane Chance - und so wurde die DDR tatsächlich "platt gemacht". Selbständigkeit im eigentlichen Sinne kann so niemand erlernen. Das Recht auf Irrtum und Scheitern gehört nun einmal auch zur Freiheit.