Machtlos gegenüber Polizeigewalt?

  • Ich habe soeben einen Artikel im Stern gefunden. Einer Frau wurde im Polizeigewahrsam von einem Polizisten ins Gesicht geschlagen. Der Frau waren die Hände auf dem Rücken fixiert, dazu lag sie auf einer Pritsche. Der Polizist habe Angst gehabt, die Frau würde versuchen, ihm mit ihrem Kopf einen Stoß zu versetzen, und hat - quasi präventiv - mit der Faust zugeschlagen. 2 Mal, nach Aussage der Frau. Ergebnis: Schweres Hämatom des Augenhöhlenbogens und Nasenbeinbruch.
    Ohne dies bewerten zu wollen, hat man überhaupt eine Chance gegen die Aussagen von mehreren Polizisten? Habt ihr auch schon negative Erfahrungen mit unserer Exekutive in dieser Beziehung gemacht?

  • Auch ohne den Vorfall einer unter Drogen stehenden Frau, die bereits auf dem Weg zur Wache randalierte, bewerten zu wollen:


    Ob Polizei oder nicht, wenn du keine Zeugen hast, fällt es schwer Beschuldigungen zu beweisen.


    In diesem Fall halte ich das Vorgehen jedoch für rechtswidrig. Die Frau war gefesselt. Dafür braucht sie nicht mal Zeugen, da die Polizei dies ja zugibt. Eine gefesselte Person zu schlagen geht gar nicht. Insbesondere bei der Vorgeschichte, bei der es ja schon aggressiv zu ging, sollten die Beamten gewarnt gewesen sein. Eine aggressive Person kann man im Gewahrsam sowohl die Arme, wie auch die Beine fixieren. Das wars dann.


  • Eine aggressive Person kann man im Gewahrsam sowohl die Arme, wie auch die Beine fixieren. Das wars dann.

    Und diese Person kann dann den Beamten noch "gefährlich" werden?


    Ein Vorfall wie der geschilderte ist aus meiner Sicht nur durch völlig überforderte Beamte zu erklären ... zu entschuldigen ist das deshalb nicht.


    Leider hat man oft den Eindruck, dass der Dienstherr sich in solchen Fällen lieber mit allen Rechtsmitteln schützend vor seine Beamten stellt, anstatt ein deutliches Zeichen zu setzen.


    Polizeibeamte stehen an vorderster Front und sind oft mit Gewalt konfrontiert und persönlich bedroht ... aber gerade deshalb müssen sie sich als Vertreter der Staatsgewalt an ganz klare Regeln halten.


    Wenn ich mir das Foto der Frau anschaue, fällt mir nichts ein, was sie -fixiert- hätte anstellen können, damit man ihre Verletzungen als Folge von Notwehr darstellen könnte.

  • Ein Vorfall wie der geschilderte ist aus meiner Sicht nur durch völlig überforderte Beamte zu erklären ..



    Leider ist das ein oft strapaziertes Argument, wenn einem Polizisten "die Hand ausrutscht". Ich sehe da immer ein Problem in der Dienstaufsicht. Der Schichtleiter muss einen Beamten, der momentan der Situation, aus welchen Gründen auch immer, nicht souverän gegenüber steht, herausnehmen. Aber warum sind die Polizisten in Bayern überarbeitet bzw. überfordert? Und nicht auch in anderen Bundesländern? Da könnte man einen Grund konstruieren, wäre da nicht der bayrische Innenminister, der sich brüstet, dass es in Bayern vergleichsweise weniger Straftaten wie Körperverletzungen gibt, gerade weil die Polizei hart durchgreift, und dies auch bekannt ist, quasi als Abschreckung. Ist das der richtige Weg?
    Ich wurde nach einem Unfall im Ausland verhaftet, kam in ein Polizeifahrzeug auf die Rücksitzbank, links und rechts von mir saßen zwei glatzköpfige Schränke von Polizisten, die im Fahrzeug erst einmal ihre schwarzen Lederhandschuhe anzogen. Jeder kann sich vorstellen, dass es keine angeregte Unterhaltung gab, bis ich aussteigen konnte.
    Die Frage, die sich mir stellt: Wie weit wird brutales Vorgehen von den Vorgesetzten gedeckt?

  • @ bh.


    fast grenzenlos wird das gedeckt. Und was nicht an die Oeffentlichkeit kommt, ist noch schlimmer und wird auch nicht strafrechtlich verfolgt.

    Ich sehe solche Aktionen im live-TV aus den USA. Die gehen auch nicht zimperlich mit den Verdaechtigen um, aber sie verpruegeln sie nicht, wenn sie bereits "gefesselt" sind.

    ok. das werden wir auch nicht im TV zu sehen bekommen. Schon klar. Aber die Rechte, die Deutsche in DE haben, gibt es in den USA nicht. Vollkommen uebertrieben meist, was die Polizisten mit den "suspects" da anstellen.

  • Da könnte man einen Grund konstruieren, wäre da nicht der bayrische Innenminister, der sich brüstet, dass es in Bayern vergleichsweise weniger Straftaten wie Körperverletzungen gibt, gerade weil die Polizei hart durchgreift, und dies auch bekannt ist, quasi als Abschreckung. Ist das der richtige Weg?

    Wenn Polizeibeamte die Grenze der Legalität überschreiten, kann das nicht der richtige Weg sein. Sie können es nur tun, weil es gedeckt wird. Für mich ist das sehr bedenklich.


    Die Tatsache, dass es offensichtlich?? wirkt, entschuldigt für mich gar nichts. Der Zweck heiligt in einem Rechtsstaat nicht die Mittel!


    Leider leben wir in einer Erfolgsgesellschaft ... um Leistung geht es schon lange nicht mehr.


    Der Fußball macht es auf anderer Ebene vor: taktische Fouls werden im Training geübt, wer mit einer Schwalbe einen Elfmeter rausschindet, wird zum Helden ... und wer ehrlich sagt, der Ball war nicht drin, verhält sich unprofessionell.


    Auf dem Fußballplatz steuern einige Schiedsrichter dem inzwischen entgegen. Nur so geht es.


    Außerhalb vom Fußballplatz kann wohl nur der Bürger versuchen "dagegenzusteuern", wenn Polizisten "taktische Fouls" begehen und die im Sinne des "Erfolgs" nicht geahndet werden.

  • Polizisten verraten keine Kollegen. Deswegen deckt man sich im Notfall immer gegenseitig, selbst wenn man weiß, daß der Kollege Mist gebaut hat. Andernfalls wäre man vor dem Rest der Belegschaft als Verräter gebrandmarkt und kann so oder so den Job wechseln. Polizisten halten immer zusammen.

  • Leider ist die Sache nicht so einfach; Polizisten geraten oft in Lebensgefahr; da muss sich einer auf den anderen bedingungslos verlassen können. Das ist im Krieg nicht anders. Im stärksten Granathagel werden Verwundete geborgen. Was bedeuten schon Vorschriften? Vorschriften sind für den Normalfall. Von Bürokraten und Juristen erdacht. Wenn es um Leben oder Tod geht, fahre ich auch mit 100 durch die Innenstadt.


    Und überhaupt. Wer will schon einen Kollegen verpfeifen? Denunziantentum ist das Mieseste, wo gibt.


    Und betroffen sind meistens auch Frauen und Kinder.


    Wer ist nicht schon mit zuviel Promille gefahren?




    Und Vorgesetzte? Ich kenne etliche Fälle, in den Dienstfahrten nachträglich angeordnet wurden.


    Ich hatte einen jungen Mann erwischt, der Entschädigungen falsch abgerechnet hatte. Ich stellte ihn zur Rede und beteiligte den Personalrat. Ich wollte nur, dass er zu einer anderen Stelle versetzt würde. Aber mein Chef schlug die Sache nieder. "Ein junger Mann.."


    Ich denke auch an den stellvertretenden Polizeipräsidenten Daschner, der Vorschriften missachtetete, um das Leben eines entführten Kindes zu retten. Ich hätte ihn nicht verurteilt.


    Und am Rande; Schavan. Ich habe bei den Prüfungsklausuren auch gepfuscht.

  • Und überhaupt. Wer will schon einen Kollegen verpfeifen? Denunziantentum ist das Mieseste, wo gibt.

    Loyalität gehört zu den Sekundärtugenden. Die sind für sich genommen nicht zwangsläufig positiv zu bewerten. Viele "brave" Beamte und Soldaten, die sich dem Fahneneid mehr verbunden fühlten, als der Menschlichkeit, haben z. B. den Holocaust erst möglich gemacht.


    Bei den Sekundärtugenden bleibt immer die entscheidende Frage, in wessen Dienst man sich denn da stellt.


    Weder Ordnung, noch Pflichtbewusstsein oder Pünktlichkeit sind Selbstzweck ... sie ordnen sich immer einem "höheren" Ziel unter.


    Blinde Loyalität dem Kollegen gegenüber, weil man ihn eventuell noch braucht? Das klingt sehr nach kölschem Klüngel.


    Wer jemanden deckt, der seine Menschlichkeit angeblich "höheren" Zielen und Anordnungen unterordnet, der ist nicht loyal, der macht sich mitschuldig. Da wär es denn doch ganz gut, wenn erwachsene Menschen zwischen "petzen"/ denunzieren und Civilcourage unterscheiden könnten.

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