Die Fußball-WM 2018, das Versagen und der Sündenbock
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WM 2018 – die Bilanz
Sieger: Sandro Wagner, Putin,
Frankreich kickte meisterlich.
Jogi dirigierte gut, ihn
ließ halt nur sein Team im Stich.
Brasilianer hatten Schwindel,
Polen war ein schlimmer Flop.
Nervenbündel Reinhard Grindel
hat noch immer einen Job.
Messi glänzte nicht als Fighter,
England übt sich in Geduld.
In vier Jahren geht es weiter.
Özil ist an allem schuld..
(Philip Saß)
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Zitat
Özil ist an allem schuld.
Ob jedermann Philip Saß' Ironie verstanden hat, darf getrost bezweifelt werden.
Allzu bequem ist es doch, einen Schuldigen für die schlappe Leistung der Fuß-ballernden nationalen "Mannschaft" ausgemacht und ihn lustvoll an den Pranger gestellt zu haben. Schließlich singt der Kerl nicht mal bei der Hymne mit, sondern betet statt dessen - und das nicht mal zu "unserem" christlichen Gott. Alois, ach was, ganz Bayern bewahre!
Überhaupt stammt die Familie ursprünglich aus der Türkei. Geht ja gar nicht.Wer sich dennoch für Mesut Özils Motive interessiert, sich auf ein Foto plus Trikot-Geschenk zugunsten des türkischen Präsidenten eingelassen zu haben, kann dies seit heute auf seinem Twitter-Account nachlesen.
All denjenigen, die schon wieder aufjaulen, weil Özils Post nicht in Deutsch verfasst ist, sei gesagt, dass das Thema international, also auch über die deutschen Landesgrenzen hinaus, diskutiert wurde und Englisch inzwischen sogar in vielen deutschen(!) Firmen als Konferenzsprache fungiert.
Einfach mal ein Übersetzerprogramm aktivieren.Ansonsten:
Danke, Mesut!
.Zitat
Mesut ÖzilVerifizierter Account @MesutOzil1088
The past couple of weeks have given me time to reflect, and time to think over the events of the last few months. Consequently, I want to share my thoughts and feelings about what has happened.
03:52 - 22. Juli 2018Quelle: 'Twitter'
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Dass Mesut Özil sich nun auch zu der mannigfachen, teils sachlichen, oft hämischen Kritik an seiner Begegnung mit dem türkischen Präsidenten äußert, dass er im DFB, in den Medien und bei den Sponsoren Doppelmoral, zweierlei Maß und Diskriminierung ausmacht und benennt, dass er für sich schlussendlich keinen Platz mehr in der deutschen Nationalmannschaft sieht - wer will es ihm verdenken?
Der DFB -und nicht nur der- wird sich fragen lassen müssen, wie er mit diesem verdienten Sportler und fünffachen(!) "Nationalspieler des Jahres" umgegangen ist und immer noch umgeht. Ob das Gerede von Fairness, all die schönen TV-Werbe-Statements gegen Rassismus nicht in Wirklichkeit hohles Geschwätz sind. Und inwieweit jemand in Deutschland -auch- wegen seiner Glaubenszugehörigkeit attackiert wird, ohne dass man "von oben" deutlich dagegenhält und einschreitet.
Mesut Özil hätte das verdient gehabt.ZitatAlles anzeigenZitat
a.a.O. -
Die aktuelle Debatte um Özils Statement und Rücktritt nimmt teils absurde Formen an. Konstruktives, gar Selbstkritisches, ist nur selten zu hören oder lesen - leider.
Umso wohltuender ein Kommentar aus der 'Mitteldeutsche(n) Zeitung', der die Problematik beleuchtet und in größere Zusammenhänge stellt.ZitatKommentar zum Fall Özil
Trübselige Debatte über Integration in Deutschland- Von Holger Schmale
- 24.07.18, 07:37 Uhr
Sagt zum Fall Özil lieber nichts: Innenminister Horst Seehofer
Foto: AFPEines vorab: Diesen Text hätte vielleicht besser jemand geschrieben, der weiß, wie es ist, wenn zwei Herzen in der Brust schlagen, ein türkisches und ein deutsches, wie Mesut Özil es formuliert hat. Dass sich in der Redaktion keiner gefunden hat, führt schon mitten hinein in die Auseinandersetzung um den deutschen Nationalspieler, der keiner mehr sein will. Die Bundesrepublik ist seit vielen Jahren ein Einwanderungsland. Doch so schrecklich weit sind die Einwanderer in den Hierarchien dieses Landes noch nicht gekommen. Das gilt für fast alle Gesellschaftsbereiche: für die Politik, die Verwaltung, Polizei und Justiz, Schulen und Universitäten sowie für die meisten Wirtschaftsbereiche.
Zudem zeigt der extrem niedrige Anteil von Mitbürgern aus der ehemaligen DDR im sogenannten Establishment, wie undurchlässig die Sphären schon dann sind, wenn weder fremd klingende Namen noch Sprachprobleme entgegenstehen. Da wirken noch ganz andere Kräfte. Insofern wirft Özils Erklärung zu seinem Rücktritt aus der Nationalmannschaft ein grelles Licht darauf, dass der Stand der Debatte über Integration und auch Demokratie in Deutschland viel trübseliger ist als erhofft.
Selbstverständlich war das Treffen Özils und seines Mannschaftskameraden Ilkay Gündogan mit dem türkischen Autokraten Recep Tayyip Erdogan im türkischen Wahlkampf mindestens eine Dummheit. Wie unpolitisch und naiv Özil mit diesem Thema umgeht, zeigt seine Twitterbotschaft vom Sonntag. Wer ihn dann so dreist instrumentalisiert hat, das wäre noch einmal ein ganz anderes Thema. Tatsache ist aber auch: In Deutschland herrscht Meinungsfreiheit, und die gilt auch für Nationalspieler. Darauf hätten der DFB oder auch Özils Mitspieler gern einmal hinweisen dürfen. So aber ist aus dem Foto-Shooting mit Erdogan eine Staatsaffäre gemacht worden, die vor allem zeigt, wie unfreundlich inzwischen in diesem Land das Klima ist für Menschen, die einem dubiosen Begriff vom korrekten Deutschsein nicht entsprechen.
Merkel mit Anstand, Seehofer sagt lieber nichts
Es ist wieder einmal Angela Merkel, die in dieser Situation vorführt, was Anstand ist. Sie gibt Mesut Özil sozusagen noch einmal die Hand, wie einst, als er ihr in der Spielerkabine entgegentrat. Sie schätze ihn sehr, ließ die Kanzlerin am Tag nach seinem Rückzug erklären, den tollen Fußballspieler, der so viel für die Nationalmannschaft geleistet habe. Ihr Innenminister Horst Seehofer wollte dagegen lieber nichts sagen, sich nicht „in diese internen Angelegenheiten einmischen“. Welche Interna meint denn der Minister, der nicht nur für Sport zuständig ist, sondern auch für die Integration?Seehofer hat von Merkel ganz offiziell den Auftrag, endlich ein Einwanderungsgesetz vorzulegen, das seine CSU über Jahre blockiert hat – gegen jeden Realitätsdruck. Ein solches Gesetz ist vielleicht für lange Zeit die letzte Chance, endlich Akzeptanz zu schaffen für Menschen, die eine andere Kultur und Geschichte mitbringen als jene, deren Vorfahren seit Jahrzehnten und Jahrhunderten hier leben. Es ist selbstverständlich, dass sie unsere Regeln und Gesetze beachten müssen. Niemand aber kann es ihnen versagen, dass zwei Herzen in ihrer Brust schlagen. Es darf nicht zweierlei Maß geben. Das ist eine Frage von Gesetzen, vor allem aber von Geisteshaltung.
Dazu gehört es erst einmal, die anschwellende Welle der Fremdenfeindlichkeit abzuwehren, auf der gewählte Abgeordnete von Kopftuchmädchen und Messerjungs reden, wenn sie Zuwanderer meinen. Der nächste Schritt muss sein, die Blockaden abzubauen, die den Aufstieg der neuen Deutschen noch so sehr behindern.
Dass dies ausgerechnet mit einem Minister gelingen sollte, der die Debatte um Mesut Özil für eine interne Angelegenheit von wem auch immer hält, das ist allerdings schwer vorstellbar.
(MZ)Übrigens, in diesem Punkt irrt der Kommentator:
Es ist nicht allein die CSU, die seit Jahren ein Einwanderungsgesetz und damit eine adäquate Regelung von Immigration nach Deutschland verhindert. Auch die Schwesterpartei CDU hat bislang jeden Versuch, diese alte Gesetzes-Forderung der SPD endlich umzusetzen, torpediert.
Merkels hinlänglich bekanntes Gespür für Stimmungen und Chancen ließ sie neuerdings höchst pressewirksam nach einem solchen Gesetz rufen um die Initiative für sich reklamieren zu können.
Dass diese Einführung einer gesetzlichen Einwanderungsregelung auf Betreiben der SPD längst im Koalitionsvertrag steht und die Sozialdemokraten sich ohne entsprechende Zusage gar nicht auf eine erneute Koalition mit den "Christlichen" eingelassen hätten, hängt Frau Merkel natürlich nicht an die große Glocke.Aber ein sorgfältig recherchierender Journalist sollte dies schon wissen ...
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Aber ein sorgfältig recherchierender Journalist sollte dies schon wissen
Auf jeden Fall.
Der Fehler beginnt aus meiner Sicht schon damit, dass das frühe Ausscheiden der deutschen Nationalmannschaft wie eine nationale Katastrophe behandelt wurde. Hallo??
Die WM ist ein WeltSpiel!
Mesut Ösil ist in Gelsenkirchen geboren und besitzt seit Jahren die deutsche Staatsbügerschaft. Wie deutsch muss man denn heute in Deutschland wieder sein? Das hätte ich mir nicht räumen lassen.
Ich bin traurig, dass Özil das Gefühl hatte, sich verabschieden zu müssen ... auch für Deutschland. -
Erdogan nutzt natürlich die Chance und lobt Özils Rücktriit als national und einheimisch, hää?
Wenn Özil zwei Herzen in seiner Brust hat, was ich nachvollziehen kann, hilft ihm das wenig.
Und "einheimisch" ist er in der Türkei wahrlich nicht. Er lebt in London und spielt für Arsenal. Da ist er auch nicht heimisch.
Heimisch könnte er in Deutschland sein, da fehlt aber offensichtlich der Rückhalt.
P. S. Ich hab einen schwedischen Nachbarn. Der lebt einfach hier ... niemand hat da bisher irgendeinen Migrationshintergrund ins Spiel gebracht. -
2007 legte Özil seine türkische Staatsangehörikeit ab, um eingebürgert zu werden.
2012 sagte Özil: „Ich habe in meinem Leben mehr Zeit in Spanien als in der Türkei verbracht – bin ich dann ein deutsch-türkischer Spanier oder ein spanischer Deutsch-Türke? Warum denken wir immer so in Grenzen? Ich will als Fußballer gemessen werden – und Fußball ist international, das hat nichts mit den Wurzeln der Familie zu tun.“
Alles, was grad passiert ist sinnfrei und völlig überflüssig -
Sommermärchen für das Sommerloch
Sommermärchen 2018
http://www.sakurai-cartoons.de/actual.php5?gross=7407@ escape: "Überflüssig" ja - leider nicht "sinnfrei"
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Hallo Richmodis,
du hast recht: alles, was wir tun, hat für uns einen Sinn, auch wenn es unsinnig ist.
Wer die "Schuld" auf Özil schiebt, oder gar auf alle Ausländer, entlastet sich bewusst oder unbewusst selbst.
Wenn ich diese subjektive Sinnhaftigkeit zwar sehe, aber im größeren Zusammenhang nicht für effizient halte, spreche ich von sinnfrei.
Ich weiß aber gar nicht, ob das Wort im Duden überhaupt vorkommt.
P. S. Im ursprünglichen, biblischen Sinn ist der Sündenbock eher ein Opferlamm, das die "Sünden" der anderen in die Wüste trägt. -
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