Fauler Kompromiss oder gute Tat?

  • Kurt Tucholsky hat mal in einem Lied klargemacht, wann ein "fauler" Kompromiss droht. Nämlich dann, wenn wie 1919 die Gefahr besteht, dass die Demokratie beim Händeschütteln von ihren Gegnern in den Abgrund gezogen wird.


    Hanns Eisler hats vertont, Ernst Busch hats gesungen.
    [video]http://www.youtube.com/watch?v=JbqbbL4zEzA[/video]

    Kurt Tucholsky
    Das Lied vom Kompromiß
    Musik: Hanns Eisler


    Manche tanzen manchmal wohl ein Tänzchen
    immer um den heißen Brei herum,
    kleine Schweine mit dem Ringelschwänzchen,
    Bullen mit erschrecklichem Gebrumm.


    Freundlich schaun die Schwarzen und die Roten,
    die sich früher feindlich oft bedrohten.
    Jeder wartet, wer zuerst es wagt,
    bis der eine zu dem andern sagt:


    »Schließen wir nen kleinen Kompromiß!
    Davon hat man keine Kümmernis.
    Einerseits – und andrerseits –,
    so ein Ding hat manchen Reiz...

    Sein Erfolg in Deutschland ist gewiß:
    Schließen wir nen kleinen Kompromiß!
    Sein Erfolg in Deutschland ist gewiß:
    Schließen wir nen kleinen Kompromiß!«


    Seit November klingt nun dies Gavottchen.
    Früher tanzte man die Carmagnole.
    Doch Germania, das Erzkokottchen,
    wünscht, daß diesen Tanz der Teufel hol.


    Rechts wird ganz wie früher lang gefackelt,
    links kommt Papa Ebert angewackelt.
    Wasch den Pelz, doch mache mich nicht naß!
    Und man sagt: »Du, Ebert, weißt du was:


    Schließen wir nen kleinen Kompromiß!
    Davon hat man keine Kümmernis.
    Einerseits – und andrerseits –,
    so ein Ding hat manchen Reiz...

    Sein Erfolg in Deutschland ist gewiß:
    Schließen wir nen kleinen Kompromiß!
    Sein Erfolg in Deutschland ist gewiß:
    Schließen wir nen kleinen Kompromiß!«


    Seit November tanzt man Menuettchen,
    wo man schlagen, brennen, stürzen sollt.
    Heiter liegt der Bürger in dem Bettchen,
    die Regierung säuselt gar so hold.


    Sind die alten Herrn auch rot bebändert,
    deshalb hat sich nichts bei uns geändert.
    Kommts, daß Ebert hin nach Holland geht,
    spricht er dort zu seiner Majestät:


    »Schließen wir nen kleinen Kompromiß!
    Davon hat man keine Kümmernis.
    Einerseits – und andrerseits –,
    so ein Ding hat manchen Reiz...«

    Und durch Deutschland geht ein tiefer Riß.
    Dafür gibt es keinen Kompromiß!
    Und durch Deutschland geht ein tiefer Riß.
    Dafür gibt es keinen Kompromiß!

  • Selbst wenn man die Meinung eines anderen anhört, heisst das nicht, daß man sie versteht. Wenn beide Seiten bekunden, daß sie den Kompromiß nicht machen können, weil er für sie jeweils zu schmerzhaft wäre, wem gibt man dann recht?

    Wer recht hat? Im Zweifelsfall beide, jeder aus seiner Sicht. Genau da liegt doch das Problem.


    Was bleibt, wenn man sich nicht einigen kann ... "Krieg"??

  • Das "Recht des Stärkeren" sichert in der Natur das Überleben der Gattung ... und selbst da gibt es Beispiele, wo auch Schwächere beschützt oder mitversorgt werden.


    Unter Menschen ist das Recht des Stärkeren nur bedingt tauglich. Wenn das stärkere Argument siegt, bin ich dabei, alles andere halte ich für fragwürdig.

  • Und wie ist dieser Minderheitenschutz zustande gekommen? Weil sich die Stärkeren durchgesetzt haben. Hitler wurde auch nicht mit Argumenten besiegt.


    Das "Recht des Stärkeren" sichert in der Natur das Überleben der Gattung ...


    Dasselbe Prinzip lässt ich auch auf beliebige Gruppen, bis hin zu Gesellschaften und Zivilisationen anwenden. Hast du etwa noch vom Sozialdarwinismus gehört? :D


    Unter Menschen ist das Recht des Stärkeren nur bedingt tauglich. Wenn das stärkere Argument siegt, bin ich dabei, alles andere halte ich für fragwürdig.


    Schön, das ist deine persönliche, trotzige Ansicht. Der Schöpfer des Universums ist leider anderer Meinung.

  • Es geht mir nicht um den Minderheitenschutz, grippi. Es geht mir um den natuerlichen Vorgang in der Gesellschaft.
    Stell dir mal nen Boxkampf vor, in dem der Unterlegene vom Staerkeren nen Kompromiss einfordert, damit dieser "loser" nicht so viel auf die Fresse bekommt :thumbsup: :P
    Oder ein wirtschaftlich starker Betrieb. Meinste, der hat es noetig, mit einem Bauchladenbesitzer Kompromisse einzugehen ?? Davon spreche ich.

  • Zivilisation ist nichts weiter als kollektivierte Stärke. Selbst der stärkste Mensch der Welt kann von einer Gruppe Menschen besiegt werden, die stärker ist als er. Zivilisation bedeutet, daß sich die stärkste Gruppe durchsetzt.
    Wieviele schwächere Zivilisationen wurden in diesem Prozess schon ausgelöscht, ja sogar aus der Geschichte getilgt? Selbst in der jüngeren Vergangenheit wurden noch Völker ausgerottet zum Wohle anderer Völker. Denk doch nur einmal daran, was wir Europäer mit den Indianern angestellt haben. :)


    All das hat aber letztendlich zu der Welt geführt in der wir heute leben.

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