Ich sag's frei heraus: Wenn mich kein Schmöker und kein FreundesSchwaad lockt und es unbedingt Fernsehen sein muss, kuck ich eher eine hirnerweichende Schnulzen-Schmacht-Schmonzette, als mir im Ersten den 'Tatort' anzutun.
Ursprünglich waren die 'Tatort'-Krimis als Filme mit Lokalbezug konzipiert, heißt es. Regionales sollte die Filme unverwechselbar machen und die Vielfalt der Regionen abbilden. Demnach müssten sich doch auch die Schwerpunkte und Problematiken der Geschichten unterscheiden(lassen), oder etwa nicht? München hat andere Charakteristika als Hamburg, Leipzig oder Köln. Wenn die Drehbuchautoren das berücksichtigt haben sollten, muss es an mir vorbeigegangen sein, ich hab nichts davon gemerkt. Ein Reigen der Beliebigkeiten, mit Leiche.
Zumal der Kölner Tatort geht mir als Kölnerin schon seit längerem gewaltig auf den Keks mit seinen 'Kommissare' genannten Sozialarbeitern, die stets Betroffenheit und Weltenrettung in Blick und Text zu haben scheinen.
Hat man in diesen Krimis schon einmal Ortstypisches gesehen oder gehört?
Außer der dämlichen Wurstbude am Deutzer Ufer -Running Gag mit Domkulisse- , wo außer den Kommissaren niemals Jemand mampft, redet, gar genießt oder lacht, gibt es als zeigenswerte Kölner Kulisse offenbar nur die Kranhäuser, manchmal eine Brücke und - ???
Kölsche kommen in diesem Drehbuch-Köln gar nicht erst vor. Gibt es keine Kölner SchauspielerInnen mehr? Statt dessen quälen sich Darsteller mit einem so grausigen, angelernten 'Rheinländisch' durch ihren Text, dass Konrad Beikircher wie ein Eingeborener aus dem Severinsklösterchen erscheint. Einmal sah und hörte man Gerd Köster. Der Mann wirkte wie ein Alien inmitten seiner Heimat.
Laut Drehbuch wohnen die beiden 'Kommissare' zwar seit vielen Jahren in Köln, aber weder haben sie irgendetwas von einem 'Imi' an sich, noch scheinen sie dem städtischen Leben und der ortstypischen Geselligkeit das Geringste abgewinnen zu können. Es gibt keine Kölner Nachbarn, keine Veedelskneipe, keine Musik, kein urbanes Gewusel, multikulti, schwul, kölsch, - vor allem aber: keinen Genuss. Niemals.
Jo, wo simmer dann? DAS soll Köln sein?
Heute aber wird Alles ganz anders. Heute soll ein echt kölscher 'Tatort' kommen. Thema? Karneval natürlich. Ja, was denn auch sonst?
Muss echt der Knaller sein, mit "Fasching" und "Helau" rund um die Leichen.
Wenn selbst die nicht gerade für überbordene Köln-Liebe bekannte FAZ eine Filmbeschreibung wie die folgende verfasst, weiß ich, was ich heute Abend ganz bestimmt (nicht) tue.
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© WDR/Thomas Kost
Platz da: Annika Lobinger (Natalia Rudziewicz, Mitte) tanzt im „Tatort“ in der ersten Reihe.
Karnevals-„Tatort“ aus Köln
Im Hexenkessel des Frohsinns
Man muss den Karneval nicht mögen. Aber man muss ihn auch nicht so plump angreifen wie das der „Tatort“ aus Köln unternimmt. Da kriegt man wirklich einen Affen.
MehrVon Oliver Jungen 13, 20
(FAZ)