• Zivilcourage - das sagt sich so leicht und niemand wird bezweifeln, dass sie ebenso wünschenswert wie notwendig ist. Jedoch kommt, wenn's konkret werden sollte, häufig das große ABER ...
    Das Risiko eingehen zusammengeschlagen zu werden, wie mehrfach in U-Bahnhöfen geschehen? Totgeprügelt werden, wie zuletzt die Studentin Tuğçe A. ? Oder doch lieber wegsehen, nicht eingreifen, auf eigene Sicherheit bedacht sein? Was aber tun, wenn man selbst zum Opfer wird? Wenn Provokation und Attacke einem selber gelten?
    Wie verhalte ich mich 'richtig'?


    Ein Seminar der Kölner Polizei zum Thema 'Gewaltprävention' gab mögliche Antworten auf eben diese Fragen.
    Grundaussagen wie "Gewalt ist -in der Regel- männlich." und "Gewalttäter sind Feiglinge." , mit Beispielen belegt und anschaulich dargestellt, bildeten den Hintergrund für zahlreiche Rollenspiele und konkrete Übungen.
    Erhellend und hilfreich waren sie allemal.


    In der 'Süddeutschen' fand ich kürzlich ganz ähnliche Hinweise zum Verhalten in Gefahrensituationen, wenn Hilfe und unsere Zivilcourage gefordert sind.



    Welche Erfahrungen habt ihr gemacht?
    Könnt ihr hilfreiche Tipps geben?



  • Man sollte den Täter zu einer "Aussprache" zur Familie der Geschädigten vorbei bringen und danach was übrig bleib abholen. :thumbsup:
    Naja, geht leider nicht. Für solche Fälle ist unsere Justiz zu lasch. Was hat der Täter denn zu befürchten? Gewalttäter sind nur durch drakonische Strafen davon abzuhalten, bzw. die Öffentlichkeit dadurch für hoffentlich lange Zeit vor solchen Tätern geschützt. Soweit mein Wunschdenken! Die Praxis sieht vermutlich anders aus.

  • Gewalttäter sind nur durch drakonische Strafen davon abzuhalten,


    Nöö, kein Gewalttäter ist durch drakonische Maßnahmen abzuschrecken. Sonst gäbe es in den USA längst keine Mörder mehr. Vielen droht da die Todesstrafe.


    Es hilft allerdings, wenn sich die meist schweigende Mehrheit auch als Mehrheit "fühlt" und entsprechend auftriit.

  • Sicher hast du recht, dass drakonische Strafen Täter nicht unbedingt abhalten. Aber langjährigen Strafen schützen unbescholtene Bürger auf lange Zeit for solchen Tätern. Denn offenbar fehlt diesen Tätern das Gefühl für das was sie anrichten. Da fehlt etwas im Obersstübchen und ich habe das Gefühl, dass unsere Gesetze und die Rechtsprechung deren Tun begünstigen. Da muss der "arme" Täter nur eine schlimme Jugend haben oder gehabt haben! Unsere Gesellschaft wird zunehmend dekadent!

  • Es hilft allerdings, wenn sich die meist schweigende Mehrheit auch als Mehrheit "fühlt" und entsprechend auftriit.


    Ich will jetzt nicht den Pessimisten geben aber die Mehrheit sind Feiglinge und kümmern sich nur um ihre eigenen Sachen. Ich kann niemand raten auf Hilfe von anderen zu vertrauen.


    Ich will auch von niemand verlangen den Helden zu spielen. Aber die Polizei zu alarmieren ist doch wohl nicht zu viel verlangt.


    Ich kann nur empfehlen sich irgendwas einzustecken. Die Ratschläge der Polizei sind zwar richtig, können aber in einer Stresssituation nur abgerufen werden wenn sie vorher regelmäßig und oft trainiert wurden.
    Auch auf körperliche Kraft ist nur bedingt Verlass. Wenn mehrere vor einem stehen nützt das auch nix.


    Das beste ist Vermeidung. Wer mit offenen Augen und Ohren seine Umwelt beobachtet kann gewissen Situationen aus dem Weg gehen.


  • Es ist schon viele Jahre her, da wartete ich in der U-Bahn am Hbf auf die Straßenbahn. Da kamen zwei Kerle daher und pöbelten die Leute an. da ich den Mund nicht halten konnte, griff einer der beiden mich zunächst verbal an. Während der Auseinandersetzung postierten sich drei weitere Fahrgäste um die beiden. Durch Augenkontat gaben die mir zu verstehen, dass im Fall eines Angriffs, sie mit einschreiten würden. Das bemerkte dann der Andere der beiden und man ging von dannen.
    So kann eine Eskalation durch bloßes Zeigen der Hilfe im Notfall eine Eskalation vermeiden. Wichtig ist, dass der oder die Angreifer merken, dass ihr Gegenüber in der Mehrheit ist und man im Ernstfall den Kürzeren ziehen würde.

  • Ein Seminar der Kölner Polizei zum Thema 'Gewaltprävention' gab mögliche Antworten auf eben diese Fragen.
    Grundaussagen wie "Gewalt ist -in der Regel- männlich." und "Gewalttäter sind Feiglinge." , mit Beispielen belegt und anschaulich dargestellt, bildeten den Hintergrund für zahlreiche Rollenspiele und konkrete Übungen.
    Erhellend und hilfreich waren sie allemal.

    Kannst Du mal näheres zu Deiner Teilnahme (?) an diesem Seminar berichten?
    Wie viele Stunden dauert das, wie sahen die praktischen Rollenspiele und konkreten Übungen aus?
    Wie "sicher" (für sein eigenes Verhalten im Fall der Fälle) verlässt man ein solches Seminar? Hält diese "Sicherheit" an?

  • Tex hat da mal völlig recht.
    Die schweigenden Mehrheit versteht sich nicht als "starke Gruppe" .
    Hat man selbst Schwierigkeiten, nützt "Hilfe,Hilfe" rufen garnix, einzelne Personen
    gezielt und konkret ansprechen wie " Rufen Sie bitte die Polizei " ist dagegen erste Wahl.
    Wer anderen helfen möchte, sollte sich auch vorher konkret überlegen was er will und kann.
    Auch hier ist die Frage " soll ich die Polizei rufen ?" schnell und effektiv.
    Ist oder wird es handgreiflich gezielt einen der Agressoren ansprechen und fordern ("Ehre" ),
    und dann hoffen, dass die anderen sich raus halten und man selbst den besseren Punch hat ....
    (wobei es leichter ist Finger durch umknicken zu brechen, - soviel Kraft hat jeder :) )
    Nach Rechtslage muß man aber auch da darauf achten nicht zu "überziehen",
    vor allem bei jungen Personen nicht sein "Mütchen kühlen".
    Ein Problem, was bei den Leuten hier im Forum wohl weniger akut ist, aber durchaus öfter mal auftritt..


    Wer konkret Angst hat, Opfer von Übergriffen zu werden, dem hilft ein Seminar wahrscheinlich auch wenig.
    Den unvermeidlichen Adrenalinschub "in echt" kann vielleicht der "Routinierte" Polizist bei sich abstellen
    oder die Schwelle nach oben verschieben, der Durchschnittsbürger auch mit Seminar eher nicht.

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    Verrückte ?? Verrückte explodieren nicht wenn das Sonnenlicht sie trifft, ganz egal wie verrückt sie sind. :pinch:

  • Kannst Du mal näheres zu Deiner Teilnahme (?) an diesem Seminar berichten?
    Wie viele Stunden dauert das, wie sahen die praktischen Rollenspiele und konkreten Übungen aus?
    Wie "sicher" (für sein eigenes Verhalten im Fall der Fälle) verlässt man ein solches Seminar? Hält diese "Sicherheit" an?


    Das kostenfreie ganztägige Seminar war ein Angebot der Polizei Köln in Zusammenarbeit mit der Volkshochschule, die Teilnehmer im Alter zwischen 14 und Mitte Siebzig.


    Alle Rollenspiele bildeten realistische Alltagssituationen nach, z.T. auf der Erfahrung einzelner Teilnehmer basierend. Also beispielsweise Pöbeleien/Streitereien in Bahn oder Bus, auch nachts an U-Bahnhaltestellen, Bedrängen/Belästigung einzelner Frauen durch einzelne oder mehrere Männer, diskriminierende, aggressive Bemerkungen gegenüber 'Schwarzen' (darf man das noch sagen?) oder anderer Minderheiten.


    Die Seminarteilnehmer übernahmen die Rollen der beteiligten Personen. Erschien die Darstellung zu gehemmt-harmlos, griffen gelegentlich der Seminarleiter und sein Assistent ein und gaben der Szenerie rasch einen so bedrohlichen Charakter, dass die Situation sehr schnell sehr echte Emotionen freisetzte und niemand mehr an 'Spiel' dachte.
    Anschließend wurden die jeweiligen (Re-) Aktionen analysiert und auf ihre Wirkung und Brauchbarkeit überprüft,
    inklusive Begründung und -falls nötig- Alternativsuche.


    Das Abschlussgespräch am späten Nachmittag gab Gelegenheit zu weiterführenden Fragen, sowie Hinweise zur Vertiefung des Gelernten/Erfahrenen.


    Von allen Teilnehmern als hilfreich erlebt wurde -neben der ungewohnten Sicht auf sich selbst- das Bewusstsein, trotz eigener berechtigter Angst in kritischen Situationen eingreifen und sinnvoll helfen zu können. Und Möglichkeiten erfahren zu haben, für sich selbst Hilfe zu erbitten - mit Aussicht auf Erfolg.
    OHNE falsches Heldentum oder sich selbst leichtfertig in Gefahr zu begeben.


    Wieweit 'man' daraus 'Sicherheit' schöpft, ist wohl -auch- eine Typfrage. Zumindest kehren in Gefahrensituationen die geübten Handlungsmöglichkeiten zurück.



    Meine Suche im Netz erbrachte keine aktuellen Workshop-Angebote. Der letzte Termin eines vergleichbaren Seminars war wohl im September d.J.



    Auch andere Organisationen wie 'Aktion Tu Was'oder 'ParaVida'bieten vielfältige Möglichkeiten und Hinweise.


    :thumbup:


  • Ist oder wird es handgreiflich gezielt einen der Agressoren ansprechen und fordern ("Ehre" ), und dann hoffen, dass die anderen sich raus halten und man selbst den besseren Punch hat .... (wobei es leichter ist Finger durch umknicken zu brechen, - soviel Kraft hat jeder :) )
    Nach Rechtslage muß man aber auch da darauf achten nicht zu "überziehen", vor allem bei jungen Personen nicht sein "Mütchen kühlen".


    'Punch', 'Finger brechen' ?
    Von derartigen 'Mut'-Demonstrationen wird seitens der Polizei ausdrücklich abgeraten, da durch sie die Situation zusätzlich eskaliert. Auch lassen solche brachialen Aktionen
    die Helfermotivation eher zwiespältig erscheinen.


    Zitat

    Wir haben aber auch festgestellt, dass es noch ganz andere Motive gibt, Geltungssucht beispielsweise. Menschen helfen, weil sie gern im Mittelpunkt stehen, ihr Hilfsimpuls ist eher machtmotiviert.
    Ein weiteres Motiv ist Selbstkonsistenz: Ich muss meinen eigenen Werten und Überzeugungen treu bleiben, deshalb muss ich mich einmischen.
    Hier geht es nicht in erster Linie um das Opfer, sondern um mein ganz persönliches Empfinden.


    V. Brandstätter-Morawietz *


    Den Adrenalinschub "abzustellen" wird kaum gelingen, da gebe ich dir recht. Ist aber auch nicht gefragt.
    Trotz
    der realistisch wahrgenommenen Gefahr die eigenen Möglichkeiten zur Hilfestellung zu nutzen, ist das Ziel.
    Also
    NICHT wegsehen, Öffentlichkeit herstellen, Hilfe holen.
    Unbedingt gilt, dem Opfer wenn irgend möglich aus der Gefahrenzone zu helfen. Da dies leichter zu mehreren als alleine gelingt, andere Leute direkt ansprechen und sie einbeziehen.
    Ebenso wichtig ist es, genau hinzuschauen, um später eine präzise Täterbeschreibung abgeben zu können.


    Immer wieder weisen Polizei und Helferorganisationen auf die wichtigsten Schritte hin:
    - gefahrlos handeln
    - Mithilfe fordern
    - genau hinsehen
    - Hilfe holen
    - (ggf) Opfer versorgen
    - als Zeuge mitwirken


    ... aber die Mehrheit sind Feiglinge und kümmern sich nur um ihre eigenen Sachen.


    Zur Frage der 'Feigheit' stellt Veronika Brandstätter-Morawietz* fest:



    und kommt zu dem Schluss:



    * Veronika Brandstätter-Morawietz, 46, ist Professorin für Motivationspsychologie an der Universität Zürich und leitet dort die Forschungsgruppe Zivilcourage. Sie hat ein Training für Zivilcourage entwickelt.
    Quelle



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