Heute vor 100 Jahren erklärte Deutschland seinem Nachbarland Frankreich den Krieg, der -wie immer wieder betont wird- von niemandem wirklich gewollt war. Die unselige Tradition der deutsch-französischen "Erbfeindschaft" hatte einen weiteren furchtbaren Höhepunkt erreicht.
Drei Jahrzehnte später, am 10. Juni 1944, verübten deutsche SS-Soldaten in dem zentralfranzösischen Ort Oradour-sur-Glane ein Massaker, bei dem sie 642 Dorfbewohner ermordeten, darunter viele Kinder.
Nachdem die Hinterbliebenen in Oradour zuvor Jahrzehntelang jeden offiziellen Kontakt zu Deutschland abgelehnt hatten, besuchte als erster deutscher Spitzenpolitiker Bundespräsident Gauck die Ruinen des Dorfes. Im Namen aller Deutschen dankte er den Hinterbliebenen dafür, dass "Sie uns mit diesem Willen zur Versöhnung gegenübertreten".
Das war beiderseits deutlich mehr als 'nur' eine Geste.
Auch die heutige Umarmung der beiden Staatspräsidenten auf dem einstigen Schlachtfeld
Hartmannsweilerkopf im Elsass demonstrierte den Willen und die Möglichkeit zur Überwindung einstiger Ressentiments und Feindschaften.
Hunderster Jahrestag der deutschen Kriegserklärung? Kein Thema. François Hollande sprach ihn nicht an. Der französische Präsident setzte deutlich einen anderen Schwerpunkt - auch im Hinblick auf aktuelle, außereuropäische Konflikte:
ZitatDeutschland und Frankreich hätten nach zwei Weltkriegen den Mut aufgebracht, sich zu versöhnen, sagte Hollande vor den Gästen, unter ihnen Soldaten der deutsch-französischen Brigade, Kriegsveteranen, Regionalpolitiker aus beiden Ländern sowie hundert junge Deutschen und Franzosen. Europa habe den Krieg besiegt, dies sei eine "außergewöhnliche Leistung".
Die Geschichte Frankreichs und Deutschlands zeige, dass der gemeinsame Wille einstige "Erbfeinde" zueinanderbringen könne. So könne das aktuelle Gedenken eine Botschaft sein für all jene, die die Hoffnung auf einen Friedensprozess im Nahen Osten aufgegeben hätten, sagte Hollande. "Mehr denn je" müssten "alle unsere Anstrengungen auf einen Waffenstillstand im Gazastreifen zielen, um das Leid der Zivilbevölkerung zu beenden".
Quelle: SPIEGEL online