Vorsicht, Fotojournalismus!

  • Immer wieder werden Handyvideos und Fotos als Beweis, z.B. von Übergriffen bei politischen Auseinandersetzungen, herangezogen - und diesen 'Belegen' wird in der Regel geglaubt.
    Aber dass solche Bilder auch gezielte Manipulation beinhalten können, wissen wir spätestens, seit Vietnamberichterstatter und Pulitzer-Preisträger Seymour Hersh Unerwünschtes zur manipulierenden Bildbearbeitung eines
    Fotos fliehender Kinder im vietnamesischen Mylai geäußert hat.

    pointingfingers.com


    terminallance.com


    forosantafesino.blogspot.com welt.de


    Der Blick auf das Geschehen 'hinter dem Bild', die ungerührt fotografierenden, statt helfend eingreifenden Pressekollegen -die Behelmten im Foto sind amerikanische Fotografen, keine gegnerischen Soldaten!- ließen zudem einen Eindruck von der Arbeit einer Reporterschar aufkommen, die vor allem am sensationellen Bild interessiert ist.
    Den Bildausschnitt (s.o., zweites Foto) kennen wir alle, er ist weltberühmt geworden.
    Eine Untersuchung der Geschichte eben dieses Fotos ließ auch den
    Historiker Gerhard Paul deutliche Manipulationsvorwürfe in Richtung Fotojournaille erheben, sie werden in einem Artikel der 'Welt' aufgegriffen.


    Wer wüsste also besser als die Fotojournalisten, wie oft ihre vorgeblich eine objektive 'Wahrheit' abbildenden, 'beweiskräftigen' Bilder lügen oder manipulieren.
    Am deutlichsten führte kürzlich Ruben Salvadori ,
    italienischer Fotograf und Journalist, die Fragwürdigkeit mancher Arbeit vor. In seinem Projekt sammelte er teils krasse Beispiele fotojournalistischer Manipulation -
    die 'ZEIT' berichtet:


    Zitat

    Quelle: ZEITonline


    Salvadori hat sein Projekt 'Photojournalism Behind the Scenes' benannt.


  • Der Fernsehsender ORF kommentiert:



    Hervorhebungen durch agrippinensis

  • Videos vertrauen?
    Je verwackelter, desto wahr - oder wie?
    Jedes Video kann genauso inszeniert sein wie die weiter oben angeführten Fotobeispiele. Muss ich dir doch nicht sagen.^^


    Stellt sich die Frage, welche AusWirkungen die Handy-Videoflut insgesamt auf uns hat.
    Dass man fälschlicherweise diese Filmchen für authentisch halten kann, ist ja nur ein Aspekt. Was ist mit Fragen nach Urheberschaft, Interessen des Filmenden, Emotionalisierung und Beeinflussbarkeit der Konsumenten, Reizüberflutung, Abstumpfung - um nur einige zu nennen?


    Im 'Freitag' geht die 'Piratin' Marina Weisband auf einige dieser Fragen ein und bemüht sich um Antworten:


  • Ich stimme ihr soweit zu, außer das ich schon finde, daß jeder Erwachsene solche Bilder ertragen sollte, vor allem wenn er selber gewissermaßen dafür eine Verantwortung trägt. Unser altbackener Bundespräsident redet den Deutschen jetzt wieder ein, daß sie mehr Verantwortung in der Welt übernehmen und Krieg führen sollen. Ich finde allerdings erst einmal sollten die Deutschen überhaupt lernen, wie die Welt funktioniert, wie es auf ihr wirklich zugeht. Nur so kann man auch Verantwortung übernehmen. Ansonsten erschaffen wir wieder nur so einen Müll wie in Afghanistan oder im Irak oder in Libyen usw...einem Gauck ist das aber natürlich herzlich egal.


    Jedes Video kann genauso inszeniert sein wie die weiter oben angeführten Fotobeispiele.


    Nein, nicht genauso. Es kann inszeniert werden, ist aber weitaus komplexer. Bei einem Foto reicht eine von vielen Momentaufnahmen, um manipulativ zu wirken. Man nimmt einen Frame, der die gewünschte Wirkung erzielt und wirft alle anderen Frames in die Mülltonne. Bei einem ungeschnittenen Video ist das aber eben nicht der Fall. Da werden alle Frames gezeigt. Der visualisierte Ausschnitt ist nicht nur viel größer als beim Foto (mindestens 25 mal pro abgespielter Sekunde größer), sondern auch die Akkustik der Momente wird mit transferiert. Das gibt es bei einem Foto schonmal garnicht. Fotos sind stumm.


    Der Aufwand um ein Video zu inszenieren oder zu manipulieren ist demnach bedeutend größer. Für eine Manipulation sind Spezialeffekte deutlich schwieriger einzusetzen, damit sie authentisch wirken. Für eine Inszenierung braucht man ebenfalls Schauspieler und Effektspezialisten. Das Schauspiel muss dafür nahezu perfekt sein. Bei einem Handywackelvideo muss man viel akkurater arbeiten als zB in einem Hollywoodfilm. Dort kann man notfalls schaustellerische Defizite mit einem Schnitt auf eine andere Kameraperspektive kaschieren. Bei Handywackelvideos gibt es das aber nicht. Keine Schnitte, keine Kameraperspektiven. Ein einziges Auge, auf eine Sache gerichtet, ohne zu blinzeln.


    Ein Foto zu manipulieren ist im Vergleich dazu wirklich megaeinfach. Es ist natürlich möglich auch diese Videos zu inszenieren, aber Aufwand und Kosten dafür sind bedeutend höher.

  • Unser altbackener Bundespräsident redet den Deutschen jetzt wieder ein, daß sie mehr Verantwortung in der Welt übernehmen und Krieg führen sollen. Ich finde allerdings erst einmal sollten die Deutschen überhaupt lernen, wie die Welt funktioniert, wie es auf ihr wirklich zugeht. Nur so kann man auch Verantwortung übernehmen. Ansonsten erschaffen wir wieder nur so einen Müll wie in Afghanistan oder im Irak oder in Libyen usw...einem Gauck ist das aber natürlich herzlich egal.


    In einer Sache stimme ich dir zu: Erst lernen, dann lehren.
    Verantwortung übernehmen heißt aber jetzt nicht direkt Krieg zu führen.
    Es bedeutet aber auch ihn nicht grundsätzlich auszuschließen.


    Diplomatie ist ein schwieriges Geschäft. Es hilft nicht gerade wenn der Verhandlungspartner schon weiß dass man keinerlei Druckmittel hat. Das ist einfach dumm. Man beraubt sich nicht freiwillig seiner Optionen.




  • Jopp, deswegen wäre es mir lieber, wenn sich Herr Bundespräsident erstmal um unsere eigene Souveränität sorgen würde. Das wir uns von seinen geliebten Amerikanern vor jedem Gipfel erstmal aushorchen lassen ohne auch nur den Hauch von Gegenspionage zu betreiben, scheint Gauck bislang völlig egal gewesen zu sein. Worum geht es diesem Mann eigentlich?


    Ich sehe durchaus ein, daß wir auch einmal Krieg führen dürfen. Unser Einsatz im Kosovo fand ich trotz der etwas erzwungenen Beweislage trotzdem in Ordnung. Wenn wir so einen Genozid wie in Ruanda vermeiden können, dann soll man von mir aus Soldaten schicken (auch wenn ich das anthropologisch eher unsinnig finde ^^).


    Gauck schwafelt aber nicht zum ersten mal davon, daß Deutschland mehr Verantwortung übernehmen solle, ohne aber dabei konkret zu werden. Wo hätten wir uns denn verantwortlicher zeigen sollen? Hätten wir beim Libyen-Bombardement helfen sollen? Hätten wir Assad stürzen sollen und somit die ISIS in der Region noch weiter bestärkt? Das was derzeit im Irak passiert sollte einem Gauck mehr zu denken geben, als der angebliche Mangel an deutscher Verantwortung. Hat Herr Gauck eigentlich auch schonmal unsere Waffenlieferungen an Saudi-Arabien kritisiert oder die Waffenrabatte an Israel?

  • Bei Handywackelvideos gibt es das aber nicht. Keine Schnitte, keine Kameraperspektiven. Ein einziges Auge, auf eine Sache gerichtet, ohne zu blinzeln.

    Eben: Ein Auge auf eine Sache gerichtet. Das ist und bleibt eine subjektiver Ausschnitt. Es "beweist" allenfalls, dass man dieses Video zu einer bestimmten Zeit machen konnte ... schon der Ort ist ja nicht belegt. Ganz zu schweigen von dem, was zu gleicher Zeit ein anderes "Auge" sieht.


    Früher hörte ich bei den abstrusesten "Wahrheiten": Ich hab es aber gelesen. Jetzt heißt das: Ich hab es aber gesehen ... ??


    Nix haste gesehen, wenn du nicht selbst dabei warst. Und selbst dann siehst du wahrscheinlich nur deine eigene Wahrheit.


    Dein Glaube an die Wahrheit von Handyvideos bestürzt mich, Heinz.


    P. S. Wie kommt eigentlich der Gauck in diese Thema ?(

  • Du hast meinen Beitrag wohl nicht sehr aufmerksam gelesen. Ich habe nie behauptet, daß Videos absolut glaubwürdig sind. Der Inhalt meines Beitrages drehte sich lediglich darum die Glaubwürdigkeit von Videos in Relation zu Fotos zu stellen. Ich habe aufgezeigt, inwiefern es schwieriger ist ein Video zu manipulieren. Ich habe die technischen Möglichkeiten zu Inszenierung und Manipulation dennoch genannt. Das ich Handyvideos für absolute Wahrheiten halte habe ich nirgendswo behauptet.

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