Wanted: dead or alive ?


  • Schon oft wurde ueber den Tod, das Leben, das "Danach" geschrieben, diskutiert, philosophiert und gegruebelt.


    Es hat mich noch nie interessiert, was mit mir nach meinem Tod passiert. Auch nicht, ob um mich viele oder wenige Menschen trauern. Die meisten werden gar nicht mitbekommen, wenn ich mich auf den Weg ins Nirvana gemacht habe. Viel wichtiger erschien mir die Frage: Wie kann ich mein Leben bis zu diesem Schlusspunkt gestalten ?


    Und da faengt es an, spannend zu werden.
    Als Jugendlicher dachte ich Jahre lang darueber nach, wie ich moeglichst ohne grosse Muehe viel Geld verdienen kann. Denn: Wenn ich meine Eltern jeden Tag sah, wie abgespannt und erschoepft sie nach Hause kamen und kaum fuer uns Kinder Zeit hatten, war mir klar: SO ETWAS WILL ICH NIE IN MEINEM LEBEN KOPIEREN !!


    Letztendlich konnte ich mir all meine Jungedtraeume und mehr erfuellen und sie in vollen Zuegen (also nicht in Bahnwaggons) geniessen. Prioritaet hat fuer mich, wie ich den Menschen im analogen Leben begegne.


    Der Tod war und ist mein staendiger Begleiter. Persoenliche Unfaelle und Ueberfalle liessen mich erkennen: Dass das Leben sehr kurz sein kann, weil wir nach der Geburt keinen Garantieschein in die Wiege gelegt bekamen, der uns versicherte, dass wir gesund und leistungsfaehig mit 99 an Herzschlag sterben. Ich denke also nicht erst seit gestern darueber nach, sondern seit meiner Jugend. Verhalte mich so, als waere heute mein letzter Tag, ohne es tatsaechlich zu wissen.


    Erschreckend, als ich mit zunehmenden Alter feststellte, dass kein geringer Teil meiner Artgenossen nicht das ist, was ich mir unter einer zivilisierten Spezies vorstellte. Anstatt die kurze Zeit unseres Lebens sinnvoll und gestalterisch zu nutzen, wird diskriminiert, zerstoert, betrogen, geschlagen, gequaelt und getoetet. Und das auch noch sinnlos.


    Obwohl ich von vielen Gräueltaten gehoert und gelesen, teilweise auch erlebt habe, hat mich ein Bericht ueber einen Mord an einer 28 Jaehrigen in Australien gestern Nacht sehr beeindruckt und traurig gemacht.


    Fuenf junge Maenner fahren mit einem gestohlenen Wagen 1986 nachts durch eine Kleinstadt und kidnappen eine bildschoene junge Frau auf offener Strasse. Sie war auf dem Nachhauseweg. Was dann passierte, schildere ich nicht, denn es war so unvorstellbar grausam, so abstrakt und irreal, dass ich mich wiederum fragte: Hatte ich unglaubliches Glueck, dass ich nicht so geboren oder geworden bin, wie diese fuenf Bestien ??


    Letztendlich hat man sie alle gefasst und vor Gericht gestellt. Der Prozess dauerte ein Jahr. Waehrend der Verhandlungen haben sie gefeixt und gelacht. Die Meute vor dem Gerichtsgebaeude wollte diesen menschlichen und gesellschaftlichen Abschaum haengen sehen. Also die ueblichen Reaktionen des Poebels. Das Gericht aber entschied: Nie wieder werdet ihr eure Freiheit erlangen !!


    Ein Urteil, das ich begruesst habe. Was sie dieser jungen Frau angetan haben, die zum Schluss von einem der Peiniger mit einem Jagdmesser den Hals durchschnitten bekam, obwohl sie um ihr Leben flehte, ist das eine. Sie fuegten den Eltern unsaegliche psychische Schmerzen zu, mit denen sie in den letzten 30 Jahren leben mussten. Niemand kann ihnen diese abnehmen.


    Sicher, dieser Bericht ist leider kein Einzelfall. Wir lesen so etwas fast jeden Tag als Mitteilung und verfolgen es im Fernseher.


    Aber nur heraus gepickte Einzelfaelle sind es, die uns sensibilisieren. Siehe: Schindlers Liste. Wenn wir sozusagen in das Geschehen eingebunden werden. Und das wurde ich gestern. Eine phantastische Rekonstruktion des Tathergangs verdeutlichte das Grauen und machte mich zu einem hilflosen Voyeur.


    Was mit mir passiert, wenn ich eines Tages nicht mehr auftauche und fuer immer die schwarzen Essensmarke in Empfang genommen habe, interessiert mich nicht. Sollte der Zeitpunkt gekommen sein, ist es fuer mich beruhigend, zu wissen, dass ich meine Mitmenschen behandelt habe, wie ich es gern von ihnen erfahren haette. Haeme, Hass, Missgunst, Neid, Verleumdung und Vergeltung waren und sind fuer mich keine Option, auch wenn es fuer Andere "DIE" Loesung zu sein scheint ?


    Von daher: gestaltet euer Leben und die verbleibende Zeit so, dass ihr mit "gutem" Gewissen eines Tages abtreten koennt !!


    Danke fuer eure Aufmerksamkeit :thumbup:

  • So einfach ist dein Beitrag nicht zu kommentieren, weil dein Bezug nicht, zumindest mir nicht, bekannt ist. Ich kann mir also nur einzelne Passagen herauspicken, die mir etwas sagen.


    Dass man sein Leben meist "anders" und "so" nicht gestalten will wie die Eltern dürften viele nachvollziehen können. Meine Erfahrung ist jedoch, dass auch das gewisse eigene Scheuklappen schafft, die man irgendwann überdenken muss, wenn's halt nicht nur traumhaft läuft. Was man sich jedoch immer klar machen muss ist, dass der eigene Weg selbst gewählt ist. Die Verantwortung liegt in der eigenen Hand. Soviel zu Schuldzuweisungen an kindliche Traumata. Irgendwann ist jeder an dem Punkt "selbst" zu entscheiden.


    Das Leben so leben als wäre es morgen vorbei. Ja kenne ich, manchmal verschwimmt so ein Vorsatz im Alltag.
    Wir haben uns früher schlaukitschige Sprüche in Poesiealben geschrieben. Einer davon war:
    Lebe wie du wenn du stirbst, wünschen wirst gelebt zu haben. Das ist vom Inhalt her frei interpretierbar, aber doch einleuchtend, denn am Ende ist es vorbei, unabänderlich.


    Den Voyeurismus den du beschreibst,( ich nehme an das war eine Doku oder Film oder ähnliches? ), der war nicht ganz unfreiwillig, dem hast du dich ausgesetzt. Solche Dinge tun Menschen Menschen an und sie machen einen meist wortlos.


    Wat haste da aber auch einen schwermütigen Thread eröffnet;)

  • Mit gutem Gewissen sterben? Du meinst wohl eher ohne Reue.


    Tja ich hoffe das gelingt mir auch, fällt mir aber schwer als Gewohnheitsreicher. Ich weiß einfach zuviel über den Schaden, den meine Lebensstil bei vielen Menschen auf dieser Welt anrichtet, bin aber selber zu träge um etwas dagegen zu tuen. Was bleibt mir da schon außer der Erwartung an die verdiente Hölle? Ein moralisches Leben führe ich auch nur insoweit wie ich mir davon Vorteile verspreche. Ich plane dabei vielleicht langfristiger als die meisten anderen Menschen, aber das mache ich auch nur, weil ich es kann.


    Meine Lebensträume konnte ich mir nie erfüllen. Viel zu teuer. Die kosten teilweise mehr, als die Menschheit an Geld und Ressourcen zur Verfügung hat. Also bleibt mir nichts anderes übrig als weiter zu träumen :)


    Anstatt die kurze Zeit unseres Lebens sinnvoll und gestalterisch zu nutzen, wird diskriminiert, zerstoert, betrogen, geschlagen, gequaelt und getoetet. Und das auch noch sinnlos.


    Wovon zur Hölle redest du da? Sinnvoll und sinnlos? Hast du jetzt den Sinn des Lebens gefunden, oder wie? Das wäre natürlich sensationell. Bitte erzähl uns davon. ^^


    Also wenn ich das menschliche Dasein richtig verstanden habe kann man sein Leben lang diskriminieren, zerstören, foltern, töten etc. und trotzdem ein glückliches und erfülltes Leben haben. Ich hatte mal einen Thread zu Jimmy Savile aufgemacht, diesem berühmten BBC-Moderator, der in seiner Karriere als Fernsehunterhalter (unter anderem auch Moderator einer Kindersendung) über 300 Kinder sexuell missbraucht haben soll. Als Savile vor ein paar Jahren starb, wurde er beerdigt wie ein Volksheld. Da wusste man noch nichts von seinen Verbrechen. Die sind erst seit kurzem bekannt. War es deswegen für ihn schlecht hunderte Kinder zu vergewaltigen? Er hatte sicher eine Menge Spaß dabei gehabt. Warum sollte man da noch nach einem höheren Sinn fragen?


    Ich wette auch deine Geschichte aus Australien ist noch lange nicht so schlimm, wie ein Vorkommnis, von dem mir ein Freund letztens erzählt hat. Ich glaube es war Somalia oder irgendein anderes generisches, schwarzafrikanisches Land. Nun denn: Rebellen überfallen zuhause eine Familie. Sie töten den Mann vor den Augen von Frau und Kindern. Vergewaltigen abwechselnd Mutter und Kinder, die jeweils dabei zusehen dürfen. Dann foltern sie vor den Augen der Mutter die Kinder zu Tode, sie zerstückeln die Leichen, auch des Mannes und zwingen die Frau Teile davon zu essen, unter anderem den abgeschnittenen Penis ihres Ehemannes. Danach türmen sie die zerstückelten Leichenreste auf einen Haufen, legen die Frau drüber und vergewaltigen sie nochmal auf den angehäuften Fetzen ihrer toten Familie. Ein Gericht werden diese Typen wohl niemals zu Gesicht bekommen. Werden sie vielleicht mal Reue empfinden?


    Die einen nennen sowas grausam. Ich nenne es menschlich. Ein Hoch auf Gottes größte Schöpfung: Den Menschen!


  • @ apfel egon:

    ich denke mal, dass sich die beiden threads doch sehr unterscheiden ??

    Ich wusste gar nicht, dass berlin auch einen geschrieben hatte. Habe ich heute morgen erst gesehen. Ist aber auch egal, weil jeden Tag mind. 1000 Leute fast das gleiche Thema drauf haben. Ich wurde erst durch den Film am Abend davor zum Schreiben animiert. Was der uralte Mann beim ksta macht, ist mir eh Wuerstchen :thumbup:

    Dabei stellte ich fest, wie viel Glueck man doch gehabt haben muss, oder hatten die Ermordeten nur Pech ?, um nicht dem gleichen Schicksal ausgeliefert worden zu sein.

    Mich wuerde interessieren, worauf ihr Wert legt? Lebt ihr einfach so in den Tag hinein, ueberlegt ihr: was ist, wenn...... ?

  • @ heinz:

    da siehste, dass manche "Schwarze" noch ein paar Takte bestialischer sind, obwohl ich das auch von Weissen kenne, die aehnliches mit Schwarzen gemacht haben.Vor allem sehr oft in Kriegen. Natuerlich ist es menschlich, weil es Menschen getan haben. In uns stecken viele Moeglichkeiten, die sowohl zum Vorteil als auch zum Destruktiven genutzt werden koennen.

    Wir Menschen befinden uns ja noch in der Entwicklungsphase. Stecken gegenueber manchen Tierarten geradezu in den Kinderschuhen. Von daher haben wir noch viel Zeit, um uns zu "zivilisieren".


    Nein, ich meine nicht "ohne Reue", sondern mit "gutem Gewissen"!
    Ein Verbrecher bereut auch nicht zwingend seine Taten bevor er stirbt. Trotzdem ist es ein Unterschied, wenn man mit dem augenblicklichen Wertegefuehl mit "gutem Gewissen" etwas getan hat ?

  • Diverse Grausamkeiten als makabrer 'Wettbewerb' - Schwarz vs. Weiß und anschließende Rassendiskussion in Neuauflage? Och nö!

    Die von Mindfreak angesprochene Art der TV 'Verbrechens-Doku' repräsentiert in meinen Augen ein Genre, das zuvorderst Sensationsgier und Voyeurismus bedient. Für mich ist es verzichtbar.


    Zitat

    Mich wuerde interessieren, worauf ihr Wert legt? Lebt ihr einfach so in den Tag hinein, ueberlegt ihr: was ist, wenn...... ?

    Sicher schafft individuelle Todesnähe (Krankheit, sterbende Angehörige oder Freunde) Nachdenklichkeit, nicht selten aber auch das Gegenstück hierzu, also Verdrängen oder Trotz ("Jetzt erst recht!").
    Tägliche Reflexion des eigenen Todes als Antriebsfeder für's Handeln? Wer hält das aus? Wahrscheinlicher ist wohl ein gewisser Grad an Abstumpfung, und sei es als Selbstschutz.


    Vermutlich pendeln wir alle mehr oder weniger stark zwischen einem 'in den Tag hinein leben', einschließlich des alltäglichen Kleinkrams einerseits und dem bewussten Lebendig-Sein mit Auskosten und Genießen des Erlebbaren andererseits.


    Als schönes Ritual hat sich abendliches Revue-passieren-lassen bewährt, verbunden mit der Frage: "Was war am heutigen Tag 'lebenswert' ?"
    Sehr hilfreich für's bewusste Wahrnehmen und zudem oftmals verblüffend, wie viele schöne 'Kleinigkeiten' da zusammen kommen...!

    :)

  • wat soll ich denn jetzt mit dem Link machen, sfinksi?

    wolltest du mir sagen, dass du auch mal gern jemanden leidenschaftlich umbringen wuerdest ??
    Leidenschaft geht in alle Richtungen.

    Es geht mir nicht darum, aufzuzeigen, wie boese die Menschen sind oder sein koennen. An einem Grausamkeitswettbewerb liegt mir auch nichts. Die Einzelheiten der Tat muss ich gar nicht wissen. Vielmehr interessiert mich, WIE man den/die Moerder gefunden und ueberfuehrt hat. Und da gibt es bei uns phantastische Forensikbeitraege, in denen man dem Zuschauer erklaert, wie und wodurch man noch nach Jahrzehnten einen bis dahin verschwundenen Moerder dingfest gemacht hat.


    Schliesse mich nicht agrippis Meinung an, dass die von mir geschilderten Dokus nur die Sensationsgier befriedigen, weil sie nur darstellen, was einst geschah. Nichts wurde extra inszeniert oder ausgedacht. Waehrend ein Krimi, den Grippi ja geradezu verschlingt, meist erfundene Begebenheiten beschreibt. Was also unterscheidet den Zuschauer einer Doku vom Krimileser oder Nachrichtengucker? Ist es nicht auch Voyeurismus, Krimis oder Liebesromane zu lesen ? Und was ist mit den Berichterstattungen im Fernsehen, in denen gezeigt wird, wie Menschen von einer Bombe zerfetzt um Hilfe schreien ?

    Voyeurismus liegt in unserer Natur.


    PS. unsere Realityreportagen sind nicht von RTL !! Das moechte ich bei dieser Gelegenheit betonen :thumbdown:

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