"Früher ...."

  • "früher"...
    Dieses oft mit einem speziellen Gesichtsausdruck vorgebrachte Wort, Einleitung zu einer Epistel verklärender Erinnerung und nachdrücklicher Ermahnung - kein Argument kommt gegen die Schönfärberei an, denn schließlich hat der Erzählende alles ja "selbst erlebt" und "war dabei".
    Was sollen gegen so viel Zeitzeugenschaft die Argumente der Anderen, der später Geborenen, der Nichtbeteiligten, wenn dann noch der Zusatz folgt, "uns hat es auch nicht geschadet"...?


    Zuletzt las ich dieses "früher war..." Argument im Zusammenhang mit täglicher Lohnarbeit von Kindern und Jugendlichen ab14Jahren.
    Das sei schon in Ordnung, schließlich habe es das "früher" auch bei uns gegeben und die Leute seien auch was geworden. Oder, man habe selber auch "früher" Ferienjobs in diesem Alter gehabt.


    Also alles easy? Kinderschutz- und Jugendhilfeorganisationen übertreiben halt ein bisschen?


    Vielleicht hilft, falls das Lesen dicker (Sach-)Bücher zu mühselig erscheint :),K%C3%A4theKollwitzArbeitslos.jpg'arbeitslos'

    ein Besuch im Käthe Kollwitz Museum Köln, das Blättern in Bildbänden von Heinrich Zille oder das Betrachten des Films "Das weiße Band",
    http://videos.arte.tv/de/video…weisse-band--7496578.html

    in dem die "früher" so verbreitete 'Schwarze Pädagogik' in meisterlicher Weise gezeigt wird.


    "Früher war...." es schon in Ordnung, so wie es war - oder gar besser?
    Wirklich??
    :/

  • Jetzt habe ich eine Stunde über Früher nachgedacht.


    Früher wurden in Bombennächten Kleinkinder von fallenden Mauern erschlagen.


    Früher gab es noch keine Grünen.


    Früher hatten heranwachsende Mädchen und besonders deren Mütter nur einen Wunsch, einen Mann zu finden, der sie ernährt.


    Früher gab es im Jungvolk Geländespiele und Lagerfeuer.


    Früher gab es noch einen Kaiser, den man verehrte.


    Früher waren unverheiratete Frauen über 23 alte Juffern.


    Früher ging man mit Lebensmittelkarten shoppen.


    Früher hatte man vor älteren Menschen noch Respekt.


    Früher gab es noch Stubenarrest und Klöppe.


    Früher kochte die Mutter jeden Mittag.


    In 20 Jahren ist heute schon früher.




    Ich überlasse es dir, die jeweiligen Gesichtsausdrücke hinzuzufügen.




    Früher war sowieso alles anders.

  • Früher wurde Neugier viel stärker belohnt. Es gab viel mehr zu entdecken. Fast alles Neues glich einem Erlebnis. Über die Zeit wiederholen sich Dinge zu häufig, werden routiniert und gewöhnlich. Vielleicht rührt ja daher die Ansicht der Alten, daß früher alles besser gewesen sei. Zumindest fühle ich mich so.


    Ansonsten liegt es im Ermessen der jeweiligen Generation, ob es nun früher besser war oder nicht. Die Alten sollten ihrem Verlangen mal nachgeben über Gegenwart und Zukunft der Jüngeren entscheiden zu wollen. In einem freien Land sollte jeder selbst bestimmen können, was für ihn das Beste ist und ich finde es immer vermessen, daß diejenigen, die kaum noch Zukunft haben, mehr bestimmen wollen, als diejenigen, die noch ein ganzes Leben vor sich haben.

  • Über die Zeit wiederholen sich Dinge zu häufig, werden routiniert und gewöhnlich. Vielleicht rührt ja daher die Ansicht der Alten, daß früher alles besser gewesen sei. Zumindest fühle ich mich so.


    Neugier heißt, Fragen zu haben.


    Die heutige Wissensgesellschaft suggeriert, man wüsste schon alles ... oder müsste/sollte es wissen.


    Menschen, die alles wissen sind fürchterlich langweilig, sagte mal Gregor Gysi. Mir scheint, da hat er nicht ganz unrecht.

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