Jeder kennt ihn, und manch einer wird ihn wohl noch praktizieren, den Brauch, am Abend des 5. Dezember saubere Schuhe vor die Tür zu stellen um am nächsten Morgen kleine Geschenke und Süßigkeiten darin vorzufinden.
Heute, in Zeiten der Sneakers und Goretex Stiefel ist das eine einfache Sache, ab in die Waschmaschine oder abbürsten, mit feuchtem Lappen nachwischen - fertig.
Aber zu meiner Kinderzeit, die Lederschuhchen oder -Stiefel....das war eine echte Herausforderung!
Mit der groben Staubbürste den Schmutz entfernen, zur Not die Sohlen mit einem Messer abkratzen, dann Schuhkrem auf eine andere Bürste, das Leder einstreichen, trocknen und einwirken lassen, die weiche Polierbürste her, zum Schluss der Polierlappen. Und zwischendurch begeistert auf die Schuh gespuckt, damit sie noch blanker wurden.
Dann raus damit vor die Tür und feste hoffen, dass man am nächsten Morgen keine Rute, oder, noch schlimmer, garnix darin vorfand.
Meine Eltern konnten sich das Lachen kaum verkneifen, und wir hatten uns die Belohnung redlich verdient.
Einmal kam sogar der Nikolaus!
Nicht zu uns, aber in der Nachbarschaft wollte er sich blicken lassen, und wir waren aufgefordert worden dorthin zu kommen.
Also sind wir durch die abendliche Dunkelheit zu unseren Gastgebern gestapft, gespanntes Warten - und dann kam er!
Prächtig anzuschauen in seinem festlichen Bischofsgewand, die Mitra auf dem Kopf, in der Hand den Bischofsstab.
Hinter ihm eine rußbeschmierte, Schrecken einflößende Gestalt. Aaaaber - die hatte einen höchst vielversprechend erscheinenden, prall gefüllten Sack, den sie hinter sich herzog....
Also hörten wir auf zu bibbern, konzentrierten uns auf den Heiligen und schauten so andächtig wie möglich, ohne allzu auffällig zum Sack rüber zu linsen.
Unglaublich, dieser Nikolaus wusste Sachen über mich, die gingen den eigentlich garnix an! Verrate ich hier auch nicht.
Jedenfalls bekamen alle Kinder Geschenke, die der Rußbeschmierte aus dem Sack holte, kein einziges Mal hat er sich vertan.
Was ich nach Hause trug, weiß ich nicht mehr, aber die Spannung und die Erleichterung, keine Rute zu bekommen oder ganz leer auszugehen, kann ich noch heute nachspüren.