6. Dezember - Nikolaustag

  • Jeder kennt ihn, und manch einer wird ihn wohl noch praktizieren, den Brauch, am Abend des 5. Dezember saubere Schuhe vor die Tür zu stellen um am nächsten Morgen kleine Geschenke und Süßigkeiten darin vorzufinden.


    Heute, in Zeiten der Sneakers und Goretex Stiefel ist das eine einfache Sache, ab in die Waschmaschine oder abbürsten, mit feuchtem Lappen nachwischen - fertig.
    Aber zu meiner Kinderzeit, die Lederschuhchen oder -Stiefel....das war eine echte Herausforderung!
    Mit der groben Staubbürste den Schmutz entfernen, zur Not die Sohlen mit einem Messer abkratzen, dann Schuhkrem auf eine andere Bürste, das Leder einstreichen, trocknen und einwirken lassen, die weiche Polierbürste her, zum Schluss der Polierlappen. Und zwischendurch begeistert auf die Schuh gespuckt, damit sie noch blanker wurden.
    Dann raus damit vor die Tür und feste hoffen, dass man am nächsten Morgen keine Rute, oder, noch schlimmer, garnix darin vorfand.
    Meine Eltern konnten sich das Lachen kaum verkneifen, und wir hatten uns die Belohnung redlich verdient.


    Einmal kam sogar der Nikolaus!
    Nicht zu uns, aber in der Nachbarschaft wollte er sich blicken lassen, und wir waren aufgefordert worden dorthin zu kommen.


    Also sind wir durch die abendliche Dunkelheit zu unseren Gastgebern gestapft, gespanntes Warten - und dann kam er!
    Prächtig anzuschauen in seinem festlichen Bischofsgewand, die Mitra auf dem Kopf, in der Hand den Bischofsstab.
    Hinter ihm eine rußbeschmierte, Schrecken einflößende Gestalt. Aaaaber - die hatte einen höchst vielversprechend erscheinenden, prall gefüllten Sack, den sie hinter sich herzog....


    Also hörten wir auf zu bibbern, konzentrierten uns auf den Heiligen und schauten so andächtig wie möglich, ohne allzu auffällig zum Sack rüber zu linsen.
    Unglaublich, dieser Nikolaus wusste Sachen über mich, die gingen den eigentlich garnix an! Verrate ich hier auch nicht. :P
    Jedenfalls bekamen alle Kinder Geschenke, die der Rußbeschmierte aus dem Sack holte, kein einziges Mal hat er sich vertan.


    Was ich nach Hause trug, weiß ich nicht mehr, aber die Spannung und die Erleichterung, keine Rute zu bekommen oder ganz leer auszugehen, kann ich noch heute nachspüren.

    sankt-nikolaus-37-b3707.jpg

  • Was ich nach Hause trug, weiß ich nicht mehr, aber die Spannung und die Erleichterung, keine Rute zu bekommen oder ganz leer auszugehen, kann ich noch heute nachspüren.

    Das ist doch grausam und spricht eindeutig dafür diesen barbarischen Brauch abzuschaffen! Die Kinder sollen sich freuen gequält zu werden. Wenn die so was als erwachsene Leute wollen, heißt es sie seien pervers. X(

  • Das ist doch grausam und spricht eindeutig dafür diesen barbarischen Brauch abzuschaffen!

    Nö.
    Dass ich mich nicht daran erinnern kann, welche Kleinigkeit es gegeben hat, ist der Tatsache geschuldet, dass meine Eltern zu der Zeit über wenig Geld verfügten und der Nikolaustag noch kein Anlass zum Konsumrausch war.


    Die Tatsache, dass ich beschenkt wurde, war Anlass zur Freude.


    Der Besuch des Nikolaus und das ganze Drumherum mit seiner besonderen Atmosphäre hingegen war etwas Einmaliges, schön wie eine besondere Theateraufführung, die ich bis heute nicht vergessen habe.

  • Was ist überhaupt gegen ein bisschen Qual einzuwenden? Die Kinder werden heute schon verweichlicht genug erzogen. Heraus kommt dann ein Haufen rumheulender Egomanen. Mir ist es lieber, wenn man Kindern zeigt, daß das Leben kein Ponyhof ist.


    Meine Kindheit war jedenfalls immer noch schöner als mein Erwachsenenleben, wo ich mich selbst versorgen muss. Da kann ich über meine Angst vor Knecht Ruprecht locker hinwegsehen. :)

  • Ich kann mich auch noch dran erinnern, dass es mal einen Nikolausi-Tag gab, an dem meine Eltern versuchten mir durch einen ihrer verkleideten Bekannten angst zu machen, *ggg


    Ich hab ihm damals einfach den Bart runtergezogen und meinte "Du bist nicht echt."


    Danach war das Thema erledigt.


    Das Drachi

  • Möglicherweise hab ich ja nur Glück gehabt. Ein Verdienst ist es ja nicht, wenn man angstfrei aufwachsen durfte.


    Kehrseite der Medaille: Man sieht sich nicht als "Opfer". Die Rolle hat man nicht "gelernt".

  • *grins*
    Lustig zu lesen, was ihr alles mit einer Brauchtumserzählung verbindet.


    Meine Eltern waren weit davon entfernt, uns Angst machen zu wollen, es war ein spannendes Erlebnis, heute würde man vielleicht von "super Show" sprechen, und, wie schon erwähnt, einmalig.


    Albern finde ich das alljährliche Ausschwärmen zahlloser karnevalesker Weihnachtsmanngestalten, die "HoHoHo" brüllend durch Einkaufsstraßen ziehen und die Leute zum Kaufen anregen sollen.Dann schon fast lieber der hüfteschwingende SpielzeugNikolaus im Fenster einer nahen Kneipe.

  • Mein Vater gab immer den Nikolaus im (katholischen) Kindergarten. Dazu hatte er tatsächlich ein Messgewand (golden!) zur Verfügung gestellt bekommen, trug den spitzen Bischofshut und einen wunderbaren Bart. Ich saß in meiner Gruppe der Kindergartenkinder und war stets ambivalent: Diese "Ehrfurcht" vor dem "heiligen Mann", mit der Gruppe ihm ein Lied singen, zu ihm nach vorne treten und mit ihm in das "Goldene Buch" schauen... und: Der BRILLE, die dieser Nikolaus trug. Es war dieselbe, die mein Vater hatte...
    Bei uns daheim war mein Vater am Nikolausabend alljährlich unterwegs zu einem Kurs vom Roten Kreuz. Immer, wenn er gerade weg war, kam der Nikolaus. Mit demselben Outfit wie im Kindergarten, und wieder verwunderte mich diese Brille
    ;)

  • Die letzte Antwort auf dieses Thema liegt mehr als 365 Tage zurück. Das Thema ist womöglich bereits veraltet. Bitte erstellen Sie ggf. ein neues Thema.