22 Jahre deutsche Einheit?

  • wäre es noch viel schlimmer gekommen

    Wer sagt Dir das, Tex?

    Zieh bitte nicht einen Satz oder Absatz heraus und lass den ganzen Rest außen vor. Die Bewegung vom Land in die Stadt ist überall auf der Welt nachvollziehbar - und "der Osten" hat jede Menge Land!

    Dass die Menschen zuvor nur in einer künstlichen Wirtschaftsblase ihre "Arbeit" hatten, die jedoch oftmals nicht marktgerecht war und somit obsolet wurde, hat nichts mit "Osten" oder "Westen" zu tun - nur eben, dass die "Neuen Länder" durch die Öffnung einem plötzlichen Crashkurs in Marktwirtschaft ausgesetzt wurden, durch den die Unwirtschaftlichkeit vieler Arbeitsplätze radikal offen gelegt wurde. Im "Westen" haben sich dagegen Veränderungen über all die davor liegenden Jahre verteilt und waren bereits vollzogen. Die "Arbeitslosigkeit" der DDR war eine reine Illusion - und deren Aufrechterhaltung mit Teil des Untergangs.

    Nur als Beispiel: ich habe meine alte Heimat vor etwas mehr als 6 Jahren verlassen. Inkl. aller Eingemeindungen hatte das abgelegene Städtchen zu diesem Zeitpunkt 21.000 Einwohner. Ich habe die Daten im September letztmals eingesehen. Heute leben dort noch 19.300 Menschen. Die passt zur Entwicklung meines Heimatortes, einem er Stadtteile: 1984, als ich mit den Eltern ein Haus dort baute, lebten dort 1.200 Einwohner, heute um 750. Ich rede, wohlgemerkt, von NRW! Wo keine Arbeit, da Landflucht. Ob das nun die alte DDR ist oder nicht.

  • Wer sagt Dir das, Tex?

    Dass Eile geboten war um es nicht noch schlimmer zu machen. Schrieb ich aber schon.


    Zieh bitte nicht einen Satz oder Absatz heraus und lass den ganzen Rest außen vor.

    Ich möchte nicht deine Erfahrungen in Jena mit einem mittvierziger Paar kommentieren. Das ist nicht allgemeingültig. Und es waren ja auch nicht die älteren Jahrgänge die weg wollten und auch gingen.


    Die Bewegung vom Land in die Stadt ist überall auf der Welt nachvollziehbar - und "der Osten" hat jede Menge Land!

    Das stimmt. Aber die Situation nach dem Mauerfall war doch eine ganz andere als sonst wo.


    Dass die Menschen zuvor nur in einer künstlichen Wirtschaftsblase ihre "Arbeit" hatten, die jedoch oftmals nicht marktgerecht war und somit obsolet wurde, hat nichts mit "Osten" oder "Westen" zu tun

    Nicht? Ich denke schon.


    Im "Westen" haben sich dagegen Veränderungen über all die davor liegenden Jahre verteilt und waren bereits vollzogen.

    Das war ja das Problem. Es war attraktiv rüber zu gehen und in funktionierenden Strukturen zu arbeiten.
    Und deshalb hat man sich ja so beeilt. Die Leute sollten sehen dass es vorwärts geht. Dass dabei viele Fehler gemacht wurden ist bekannt. Allerdings hatte auch vorher kein Staat eine solche Aufgabe zu bewältigen. Vorbilder gab es nicht.
    Wenn man sich heute die Ergebnisse anschaut, ist es allem in allem ganz gut gelaufen.


  • Tex, Du drehst Dich im Kreis.

    Natürlich sind "meine Jenaer Erfahrungen" nichts allgemein Gültiges. Wenn aber "West" und "Ost" so gar keine Rolle spielen, dann erkläre mir bitte das Absterben meiner Heimatregion (nochmals: in NRW), das doch im Kleinen widerspiegelt, was die Ex-DDR erlebt hat.

    Und nochmals: allzu leicht verwechselt man Ursache und Wirkung. Wer kann belegen, dass man nicht besser hätte vorgehen können, wer kann widerlegen, dass eine zunächst auf sich gestellte DDR ohne Bundeseinfluss nicht sogar eine langfristig bessere Entwicklung genommen hätte, war sie doch ein Eldorado für ausländische Investoren? Solide, produktive Arbeitsplätze in den Neuen Ländern hätten mit Sicherheit viele Menschen dort gehalten, die so, wie man die Dinge handhabte, oft genug nur noch dort Arbeit fanden, wo Westunternehmen Steuersubventionen abschöpften, um Standorte aus dem (teureren) Westen zu verlagern.

    Die damaligen "Fachkräfte" mussten auch im Westen eine harte Schule durchlaufen. Am Heimatort befindet sich ein Fachbetrieb für Lüftungs- und Klimatechnik. Man war damals stolz wie Oskar, aus "dem Osten" 2 Facharbeiter für Mess- und Regeltechnik mit je mehr als 25 Jahren Berufserfahrung angeworben zu haben. So stand es immerhin auf dem Papier. In der Praxis stellte sich heraus, dass die Beiden als Bedienstete irgendwelcher Stadtwerke morgens irgendeinen Hebel auf "Ein" legten und diesen des Abends wieder auf "Aus" zurück. Dazwischen hatten sie nichts zu tun.

    Mit 25 Berufsjahren auch keine jungen Leute mehr, das ganz am Rande. Wie auch ich, er ich mit 47 Jahren wider Willen dort wegging, wo sich keine berufliche Perspektive mehr bot. Mein Sohn folgte nach Beendigung der Schule mit 17 Jahren. Das Alter, liebe Tex, spielt bei diesen Erwägungen nur eine untergeordnete Rolle. In erster Linie zählen die Einsatzbereitschaft und der Mut, etwas Neues anzugehen. Was wiederum in letzter Konsequenz die "Besseren" aus den benachteiligten Regionen treibt. Eine Spirale, die kaum zu durchbrechen ist. Es waren einfach zwei Welten, die da aufeinander prallten. Und so manche hoffnungsvolle "Ossi" hat lernen müssen, dass die warmen Plätze im Goldenen Westen zumeist schon besetzt waren und erkämpft werden mussten.

  • Natürlich sind "meine Jenaer Erfahrungen" nichts allgemein Gültiges. Wenn aber "West" und "Ost" so gar keine Rolle spielen, dann erkläre mir bitte das Absterben meiner Heimatregion (nochmals: in NRW), das doch im Kleinen widerspiegelt, was die Ex-DDR erlebt hat.

    Spiegelt es nicht. Die Ausmaße waren um ein zigfaches größer. Ebenso die Geschwindigkeit in der das ablief.


    Und nochmals: allzu leicht verwechselt man Ursache und Wirkung. Wer kann belegen, dass man nicht besser hätte vorgehen können, wer kann widerlegen, dass eine zunächst auf sich gestellte DDR ohne Bundeseinfluss nicht sogar eine langfristig bessere Entwicklung genommen hätte, war sie doch ein Eldorado für ausländische Investoren?

    Das ist utopisch. Ich kenne keine ernstzunehmende Stimme die das heute vertritt.
    Und was dein Eldorado angeht: Keine Infrastruktur, Straßen wie Panzerstrecken und Arbeiter die die Kenntnisse von vor 20 Jahren hatten. Wer da investiert ist verrrückt.


    Du darfst es gerne bezweifeln aber meiner Meinung nach wäre die DDR auf sich allein gestellt (auch ohne Hartz4) nach 3 Monaten leer gewesen. Ohne Mampf kein Kampf.


  • Spiegelt es nicht. Die Ausmaße waren um ein zigfaches größer.

    Und das ist auch alles. Also spiegelt es DOCH die damaligen Verhältnisse wider. Kennst Du meine alte Heimat? Ich habe den Niedergang mit erlebt. Und die Klagen und Probleme sind und waren deckungsgleich mit denen der DDR. Und in nur 6 Jahren angeblichen "Wirtshaftswachstums" 10 % der Bevölkerung zu verlieren, zeugt nicht eben von Vertrauen in die Zukunft.


    Wer da investiert ist verrrückt.

    So "verrrückt" wie jemand, der sein Geld lieber bei einem afrikanischen Despoten angelegt hätte?


    Ich kenne keine ernstzunehmende Stimme die das heute vertritt.

    Heute nicht mehr, das stimmt. Die Einheitspresse sorgt dafür, dass der "Aufbau Ost" als eine reine Erfolgsgeschichte präsentiert wird. Es gab durchaus ernst zu nehmende Überlegungen (von wirklich versierten Finanzfachleuten), die eine internationale Anleihe vorschlugen. Das aber war ein Weg, bei dem der "Politik" verkauft werden musste, dass Geld nicht einfach vom Himmel fällt. Wegen des allzu großen Realismus verschwanden die Konzepte in der Versenkung. Und die Bürger der DDR rutschten vom Sozialmus Ost zum Sozialismus West.


    Ohne Mampf kein Kampf.

    Richtig. Aber Du verkennst die geschilderte Aufbruchstimmung. Die Leute waren Entbehrungen und Improvisation gewohnt. Auch hier zeigt sich einmal mehr die überhebliche "Westdenke", alles perfekt machen zu können.

  • So "verrrückt" wie jemand, der sein Geld lieber bei einem afrikanischen Despoten angelegt hätte?

    Ja, auch wenn ich den Zusammenhang jetzt nicht sehe.
    Afrikanischer Despot war sicher nicht die einzige Anlagealternative.

    Es gab durchaus ernst zu nehmende Überlegungen (von wirklich versierten Finanzfachleuten), die eine internationale Anleihe vorschlugen.

    Ich weiß. Die gab es und wurden diskutiert.
    Ich kenne aber niemand, der dies heute noch für besser hält.

    Auch hier zeigt sich einmal mehr die überhebliche "Westdenke", alles perfekt machen zu können.

    Perfekt sicher nicht.
    Aber die "Westdenke" hat nach 25 Jahren doch ganz passable Ergebnisse gebracht.
    Wer hätte das gedacht? Ich nicht.

  • Das haben wir uns allerdings auch mit 1,5 Billionen Euro Schulden erkauft. Alte Menschen muss das ja nicht stören, aber mir droht noch mitzuerleben, wie die BRD genauso untergeht einst die DDR, an einem Schuldenberg und Zahlungsunfähigkeit. Die Westdenke ist auch nicht von unendlicher Nachhaltigkeit geprägt.

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