Die neue Karte

  • So, nun hat auch meine Krankenkasse geschrieben und will ein Foto von mir.
    Die Krankenversichertenkarte wird durch die elektronische Gesundheitskarte ersetzt.

    Mit einem Flyer werde ich darüber aufgeklärt, wie viel mehr die Karte kann, denn sie verfügt über einen Mikro-Chip, der „Daten und Informationen auf Wunsch speichern und übertragen kann“. In blumigen Worten legt man mir dar, welch enorme Verbesserung in Qualität und Sicherheit in der medizinischen Versorgung damit einhergehen werden.Dies geht, wie wir inzwischen wissen, aber nur mit meiner Zustimmung, die ich geben kann, aber nicht muss.


    Man kann eine Abbildung sehen, wie die neue Karte aussehen wird.
    Außer den bisherigen Daten, die der Chip enthielt, wird nun auch das Geschlecht zu sehen sein. Na prima.
    Die Kartenbezeichnung wird einheitlich sein und „Gesundheitskarte“ heißen.
    Aber ich stolpere über Punkt 3:
    Ihre neue Krankenversichertennummer, die Sie mit Ausgabe der neuen Karte erhalten und künftig auch bei einem Kassenwechsel immer behalten

    Dass ich bei meinem „Behandler“ zustimmen muss, dass meine Behandlungsdaten auf der Karte gespeichert werden, ist das eine.

    Ich frage mich aber, was werden die Kassen mit einer einheitlichen und künftig unveränderlichen Krankenversichertennummer von mir wissen, und welche Daten werden sie ggfs. austauschen?

  • Ich frage mich aber, was werden die Kassen mit einer einheitlichen und künftig unveränderlichen Krankenversichertennummer von mir wissen, und welche Daten werden sie ggfs. austauschen?


    Wenn du vom Drogeriemarkt, bei dem du am Payback System teilnimmst, plötzlich Werbung erhältst die genau zu deinen Zipperlein passen, weißt du bescheid. :S

  • Jo, Paula, das ist ein Thema. Die Gesundheitskarte wurde schon heftig kontrovers in den Medien diskutiert. Datenschützer und selbst die Ärztekammer kritisieren das Projekt, das immense Kosten verursacht, für den Versicherten aber keine Vorteile bringt. Wenn jemand "gläsern" ist, haben besonders andere den Vorteil.


    Zuletzt las ich aber nur eine kurze Pressemeitteilung darüber, dass die Karte trotz aller Kritik sehr gut angenommen wird?? Ob das stimmt, kann ich nicht beurteilen ... hab jetzt nicht dazu recherchiert ... auf jeden Fall nützt das aber den Kassen, denn die sind gesetzlich verpflichtet, bis Ende 2013 70% ihrer Versicherten mit dieser Karte auszustatten..


    Ich kann mir sogar vorstellen, dass viele die Karte jetzt "annehmen", weil ihnen die angeblichen Vorteile so wortreich vor Augen geführt werden ... und die kritische Debatte schon ein Weilchen zurückliegt.


    Konkret: Niemand ist verpflichtet, der Kasse ein Foto zu schicken. Dann bekommt er keine neue Karte, kann die alte aber bis zum angebenen Geltungszeitraum nutzen ... und muss den Stand der Entwicklung abwarten.


    Bisher leistet die neue Karte nicht mehr als die alte. Mit dieser Begründung wurde eine Klage gegen die Versicherungskarte gerade abgewiesen.


    Problematisch wird es, wenn man liest, was geplant, bisher aber nicht technisch umgesetzt ist.


    Alle Behandlungsdaten auf einem zentralen Server, lebenslang gespeichert? Wer will das denn ... außer denjenigen, die sich davon einen geldwerten Vorteil versprechen ... oder meinen, so lasse sich Bürokratie optimieren?


    Der elektronische Einkommenssteuernachweis -ELENA- wurde eingestampft, weil die absolut sicher verschlüsselten Daten eben doch vor Hackern und Crackern nie sicher sind. Krankenakten sind sicher ähnlich sensibel und begehrt wie Einkommensdaten.


    Was passiert mit meinen Behandlungsakten, wenn sie denn wirklich mal zentral gespeichert sind? Nur der Austausch zwischen Ärzten zu meinem Nutzen? Ich weiß ja nicht mal, was da über mich gespeichert wird.


    Da ich den Vorteil habe, Arztrechnungen einsehen zu können, weiß ich, schon mal für ein Mist verzapft wird. Da werden Behandlungen abgerechnet, die nie durchgeführt wurden. Dass damit unnötige Kosten enstehen, hab ich durch Einspruch immer verhindern können ... wenn die nicht durchgeführte Behandlung zentral erfasst wird, täuscht sie eine Krankheit vor. Auf eine Überweisung mit "Verdacht auf xy", sagt der Arzt, der Verdacht hat sich nicht bestätigt, schreibt xy aber trotzdem als Diagnose auf die Rechnung, hää??


    Bisher landet diese ScheinKrankheit, nur bei der Kasse, demnächst aber auf einem zentralen Server? Nix da!


    Arztbriefe werden über die Gesundheitskarte digital leichter ausgetauscht? An mir vorbei, oder bekomm ich dann noch den Datensatz per Mail?


    Umfangreiche Datensammlungen wecken nicht nur bei Hackern Begehrlichkeiten. Versicherungen könnten interessiert sein, fremdfinanzierte Forschung, innere und äußere Sicherheit.


    Das alles zu bedenken, ist durchaus nicht abwegig. Auf der eHealth Conference 2012 verkündete Staatssekretär Thomas Ilka vom BMG: „Wenn wir die Karte erst einmal haben, werden sukzessive weitere Anwendungen kommen“.*


    Warum sollten wir uns freiwillig überwachen lassen? George Orwell dreht sich im Grab rum ... oder lacht sich schief.


    * Quelle, auf die ich mich nicht nur mit diesem Zitat beziehe


    @Glasklar
    Gezielte Produktwerbung ist dagegen völlig harmlos!

  • Bisher leistet die neue Karte nicht mehr als die alte. Mit dieser Begründung wurde eine Klage gegen die Versicherungskarte gerade abgewiesen.

    Genau das stellt mein Artikel in Frage, Escape.
    Die Versicherungsnummer, die ich auch beim Krankenkassenwechsel behalte - welche Möglichkeiten hat die "neue" Versicherung damit? Wird/darf sie mit der alten Versicherung Daten austauschen? Welche?

  • Ich bin mir fast sicher, bei meinem Krankenkassenwechsel vor ca. sieben Jahren eine Vollmacht unterschrieben zu haben, die meiner neuen Kasse erlaubte, sich meine Daten von der alten Kasse zu holen.
    Meine Kasse hat mir vor drei Monaten die neue Karte zugeschickt.
    Sobald darauf Daten gespeichert sind, werde ich mir diese mal ansehen. Aber dauert ja eh noch eine Weile.
    Hiervon mal abgesehen: Meine gesamten Daten sind doch bereits jetzt auf einem zentralen Server. Auf dem Server meiner Krankenkasse.
    Was ich jetzt schon positiv finde, ist das Foto auf der Karte. Hier wurde in der Vergangenheit nicht unerheblicher Mißbrauch getrieben, der in der Regel erst auffiel, wenn dem Versicherten der zweite Blinddarm entfernt wurde.


  • Kinder, Kinder, die Kassen wissen doch sowieso, welche Zipperlein ich hatte und habe, nämlich alles, was sie irgendwann mal bezahlt haben. Die Post-Beamtenkrankenkasse weiß, über die Akte meines Vaters, dass ich 1938 eine Operation auf Leben und Tod wegen Lungen- und eitriger Rippenfellentzündung hatte und anderthalb Rippen verloren habe. Meine Kasse weiß das nur dann nicht mehr, wenn sie bei einem Bombenangriff einen Volltreffer bekommen hat oder einen übereifrigen Beamten (wie bei den Geheimdiensten) die Arbeitswut überkommen hat.




    Zur Not müssen die Unterlagen mehrerer Kassen zusammengeführt werden. In meiner Personalakte ist heute noch festgehalten, wie oft ich während des Studiums zu spät gekommen oder wegen Schnupfens gefehlt habe.




    Meine Krankenkasse weiß auch, dass meine Ehefrau 1962 eine Totgeburt hatte. In den Kirchenbüchern ist festgehalten, wann und wo meine Ur-Ur-Ur-Ur-Großmutter getauft wurde. In den Gerichtsakten ist festgehalten, weswegen meine Nachbarin geschieden wurde.




    Wo ist das Problem? Neuerdings dürfen Einwohnermeldeämter sogar persönliche Daten VERKAUFEN!




    Ob allerdings die elektronische Zusammenfassung das Richtige ist, ist eine andere Frage. Ein Softwarefehler, eine Softwareumstellung, und mich hats überhaupt nie gegeben. Da macht ein Idiot einen Relaunch, .... Es geht doch nichts über Papier.

  • Wo ist das Problem?


    Vielleicht stellt sich das Problem bei Privatpatienten weniger?


    Wenn ich Grund habe, die gesetzliche Krankenversicherung zu wechseln, kann das verschiedener Motivation entspringen. Die eine (gesetzliche) Kasse übernimmt, was die andere rigoros ablehnt - so ist das leider. Das betrifft Vertragskliniken, Reha-Kliniken, bestimmte Medikamente. Ist man bei x versichert, kann man unter bestimmten Umständen eine OP in einer Privatklinik bekommen, weil die Krankenkasse x mit denen einen Vertrag hat. Ist man bei y versichert, muss das Medikament "a" automatisch von der Apotheke in das Medikament "b" getauscht werden, es sei denn, der Arzt hat etwas anderes vermerkt. Krankenkasse a hat "nur" Verträge mit der Rehaklinik c,d und e. Da kann sogar der Arzt Kopfstand machen, er kriegt seinen Patienten nirgends anders hin.


    Wie werden sich die "neuen" Krankenkassen, in die ich evtl. wechsele, verhalten, wenn sie Einblick haben? Wie verhalten sie sich bei "teuren" Patienten, die "teure" Medikamente benötigen; wie bei denen, die ganz offensichtlich für eine leichter erträgliche Chemotherapie die Kasse wechseln, weil die ursprüngliche Kasse die Übernahme ablehnt?

  • Ist man bei x versichert, kann man unter bestimmten Umständen eine OP in einer Privatklinik bekommen, weil die Krankenkasse x mit denen einen Vertrag hat.


    Jep. Kenne ich aus eigener Anschauung. Der Neurochirurg in der Privatklinik "Links vom Rhein" in Rodenkirchen schaute 2009 auf mein Versicherten-Kärtchen und meinte: "Prima Herr Koch, mit der XYZ haben wir ein Übereinkommen. Ich kann sie hier im Haus privat operieren."


    Ich habe auch schon die neue "Gesundheitskarte mit Foto" Habe meiner Versicherung online mein hier verwendetes Avatar übermittelt. Wurde anstandslos eingedruckt. :D

    Ich sehe bei dem neuen Ausweis nicht nur die Nachteile. Zu gut erinnere ich mich an meine diversen Krankenhaus-Besuche in Holweide und Merheim. Immer und immer wieder musste ich neu meine ganze Krankengeschichte runter rasseln. Immer wieder meine Standard-Medikation runter beten.


    Wenn die Krankenhäuser über die neue Karte zentral solche Infos abfragen können, soll es mir nur recht sein.

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