Mit Wut im Bauch verlasse ich das Amt .. dabei ist es gar nicht so leicht, mich auf die Palme zu bringen.
Eigentlich habe ich mit der ganzen Sache nichts zu tun. Eine Freundin hatte ständig Probleme mit Ämtern: aus der Warteschleife an eine menschliche Stimme zu geraten, den richtigen Sachbearbeiter zu erwischen, einen Termin zu erhalten, oder auch nur in die Nähe des passenden Formulars kommen.
Die macht irgendetwas falsch, dachte ich. Das kann doch gar nicht sein!
Die Geschichte beginnt für mich vor ein paar Wochen. Im Haupteingang stehen wir vor einer modern gestalteten Tafel, die den Aufbau des Amtes veranschaulichen soll. Hilflos gleitet mein Blick über mir völlig unbekannte Bezeichnungen und Abkürzungen. Zum Glück weiß meine Freundin, wo sie hin muss, d. h. sie kennt den Namen des Ressorts. Hinter der Zimmernummer steht: Benutzen Sie bitte Haupteingang C.
Wo bitte, ist Haupteingang C? Kein Lageplan. Wir umrunden das vielgliedrige Gebäude und finden zuletzt, etwas zurückgesetzt, auch eine Glastür. Sie hat wenig von einem Haupteingang und weist auch kein unübersehbares „C“ auf. Bei weniger intensiver Suche hätte man gut daran vorbeilaufen können.
Endlose graue Flure, ab und zu wieder riesige Hinweistafeln, die nur den einen Fehler haben, dass sie sich nicht auf dieses Nebengebäude beschränken, sondern den für mich unübersichtlichen Gesamtaufbau des Amtes darstellen. Endlich sind wir auf dem richtigen Gang, aber die angegebene Zimmernummer entdecken wir nirgends. Wir gehen noch mal an allen Türen vorbei. Die Situation ist unwirklich. Hilflosigkeit und Wut kämpfen in mir einen recht ausgeglichenen Kampf, bis ich dann an irgendeiner Tür klopfe, sie sofort öffne und den Kopf hindurch stecke. Eine griesgrämig dreinblickende Dame schaut erstaunt von ihrem Schreibtisch auf.
Ich begrüße sie und frage nach dem benötigten Vordruck. Die Antwort haut mich um: „Da müssen Sie zuerst einen Termin machen, damit wir prüfen können, ob Sie berechtigt sind, diesen Antrag zu stellen.“ Unmissverständlich erkläre ich ihr, dass ich keinen Termin brauche, sondern nur das Formular, damit ich dann zum Termin schon alle benötigten Unterlagen mitbringen kann. Durch diese Dreistigkeit verunsichert, fragt die Dame noch mal nach, welches Antragsformular ich denn brauche .... um mir dann recht unfreundlich mitzuteilen, dass ich im falschen Amt sei. Mit einiger Mühe kann ich ihr noch entlocken, wo die richtigen Formulare ihrer Bestimmung entgegen dämmern.
Alles umsonst ... oder immerhin ein erster Schritt?
Wochen später wartet meine Freundin immer noch auf eine Reaktion des inzwischen gestellten Antrags. Im Gespräch mit einem Sachbearbeiter im gleichen Haus, aber an ganz anderer Stelle, kommt das Gespräch dann auch auf diesen Antrag. Der offensichtlich sachkundige Mitarbeiter stutzt, muss vier Telefonate führen, um den richtigen Sachbearbeiter ausfindig zu machen und erfährt dann, dass der Antrag gar nicht vorliege.
Wir glauben es nicht! Wundersame Aktenvernichtung? Mit etwas Beharrlichkeit bekommen wir tatsächlich schon eine Woche später einen Termin und treffen auf einen kompetenten Sachbearbeiter ... der auch die verlorene Akte wieder aufgetrieben hat. Das Gespräch ist erfolgreich, es fehlen nur noch einige Belege. Guter Dinge verlassen wir das Amt, zumal wir für den übernächsten Tag um 10.00 Uhr einen weiteren Termin bekommen, um die Unterlagen einzureichen und dann diese leidige Angelegenheit, die sich seit Wochen hinzieht, endlich abzuschließen.
Zwei Tage später, 10.00 Uhr. Wir kennen uns inzwischen aus, sind schnell an der richtigen Tür und klopfen erwartungsvoll. Keine Reaktion ... abgeschlossen! Zuerst nur verwundert, sehen wir uns an. Geht das jetzt schon wieder los? Da wir zu zweit waren, kann meine Freundin sich auch nicht vertan haben.
Im Nachbarzimmer erfahren wir, dass der Kollege XY nicht im Haus ist. Verblüfft sage ich: "Wir haben aber um 10.00 Uhr einen Termin bei Ihm."
"Kann gar nicht sein", ist die barsche Antwort.
Aussage wie Tonfall bringen mich gleichermaßen in Rage. Unverschämt, denke ich, wie man hier mit Antragstellern umgeht. Offensichtlich sieht er mir das an, denn der unfreundliche Kollege erklärt sich bereit, mal im Rechner die Termine zu überprüfen.
Nichts, kein Termin für uns an diesem Tag. Herr XY komme erst gegen 10.30 Uhr von einer Besprechung zurück, um 11.00 Uhr folge der nächste Termin. Dann entdeckt der Sachbearbeiter im Plan den Termin vor zwei Tagen. Seine Stimme klingt ebenso triumphierend wie herablassend: „Sie hatten vor zwei Tagen um 10.00 Uhr einen Termin! Sind Sie da überhaupt gewesen?“ Das reicht jetzt aber wirklich! Im weiteren Gespräch kann ich meinen Zorn noch mühsam zügeln ... schließlich sind wir auf diese Sachbearbeiter angewiesen, die offensichtlich immer im Recht sind, auch dann, wenn sie keine Ahnung haben.
Warten, bis Herr XY zurückkommt? Wir sind zu wütend, geben die Unterlagen an der dafür vorgesehen Information ab ... und verlassen schimpfend das Amt. Zu allem Überfluss schüttet es auch noch wie aus Kübeln. Toll gelaufen!
Irgendwann ist die Wut mit den drastischen Schimpfwörtern, mit denen wir uns Luft verschafft haben, aber tatsächlich verraucht ... und damit auch unsere „Hilflosigkeit“. Wir fahren zurück, setzen uns, zur größten Verwunderung des Kollegen von „nebenan“, auf die dafür vorgesehenen Stühle, und warten. Was soll's? Unterhalten kann man sich schließlich überall ... und wir erreichen so auch unser Ziel: Der Antrag wird in unserer Anwesenheit bewilligt.
Resultat: Nur nicht abschrecken lassen? Das ist schwierig für viele, die von Ämtern abhängig sind und so auch empfinden, obwohl sie nur das „einfordern“, was ihnen zusteht.
Erstveröffentlichung 29. 6. 2007