un-gereimtes Allerlei

  • Hier ist der Text:


    Empört euch
    Sie sind wie wir, doch sind sie es nicht gerne,
    sie machen sich nicht gern mit uns gemein.
    Sie schikanier´n uns lieber aus der Ferne
    und wollen gleich nur unter ihresgleichen sein.
    Wir zahlen Steuern und sie setzen ab.
    Wir legen Hand an und sie spekulier´n
    und halten unsre Ängste klug auf Trab,
    damit wir nichts kapieren beim Verlier´n.
    Sie sind die Reichen. manchmal auch die Schönen.
    Sie reden Unsinn und der wird gern publiziert.
    Sie faseln gern von viel zu hohen Löhnen
    und dass das unsre Wirtschaft ruiniert.
    Die Börse jubelt, wenn sie die entlassen,
    die ihnen ihren Reichtum eingebracht.
    Gerichtlich sind sie eher nicht zu fassen,
    denn die Gesetze sind für sie gemacht.


    Empört euch,
    beschwert euch
    und wehrt euch,
    es ist nie zu spät!
    Empört euch,
    gehört euch
    und liebt euch,
    und widersteht!


    Die Visionäre spar´n sich kühnere Entwürfe,
    selbst die Satiren wirken blutleer, wie kastriert.
    Die Demonstranten fragen scheu, was sie noch dürfen,
    und an der Börse wird ein Gesslerhut platziert.
    Die Menschenwürde, hieß es, wäre unantastbar,
    jetzt steht sie unter Finanzierungsvorbehalt -
    ein Volk in Duldungsstarre, grenzenlos belastbar,
    die Wärmestuben überfüllt, denn es wird kalt.
    Den meisten ist es peinlich, noch zu fühlen,
    und statt an Güte glaubt man an die Bonität.
    Man lullt uns ein mit Krampf und Kampf und Spielen -
    schau´n wir vom Bildschirm auf, ist es vielleicht zu spät…
    Die Diktatur ist nicht ganz ausgereift, sie übt noch.
    Wer ihren Atem spürt, duckt sich schon präventiv.
    Und nur der Narr ist noch nicht ganz erstarrt, er liebt noch
    und wagt zu träumen, deshalb nennt man ihn „naiv“.


    Empört euch…
    Verschwört euch…


    Wir brauchen Spinner und Verrückte,
    es muss etwas passier´n.
    Wir sehen doch, wohin es führt,
    wenn die Normalen regier´n.


    Resisti,
    combatti,
    stai all’erta,
    non cedere mai!
    Nell’ aria si sente,
    si alza un grido:
    Viva la libertà!


    Empört euch…

    Indignez vous!
    Il faut se défendre,
    il faut s'aimer
    et surtout résister!

    Outrage yourself,
    engage yourself,
    love yourself…
    u. v. m.

    (Aus: Konstantin Wecker, Wut und Zärtlichkeit (2011)

  • Inwiefern ist der Text jetzt mutiger als die viel kritisierte Anzeigenkampagne von diversen Prominenten? Welches persönliche Risiko nimmt der greise Ex-Wiederstandskämpfer auf sich, in dem er pauschal, zugegebenermaßen kritikwürdige Auswüchse unserer Gesellschaft, auf´sKorn nimmt?


    Man kann alles zerplücken, wenn man denn will.


  • Tex
    Meinst du den in Beitrag #254 veröffentlichten Text zu Konstantin Weckers Lied "Empört euch!" ? Er ist inhaltlich an Hessels gleichnamige Streitschrift angelehnt.
    Ich sehe entscheidende Unterschiede zwischen dem folgenlosen Slogan "Ich bin ... wenn du etwas gegen ... hast" der im Blog diskutierten Plakataktion mit Prominenten und Hessels Aufruf, ebenso Widerstand zu leisten und politisch aktiv zu werden wie er selbst es tat.


    Die Protagonisten der Plakatinitiative stellen ihr Konterfei für eine einmalige Aktion zur Verfügung.
    Hessel hingegen hat
    Jahrzehnte lang politisch gearbeitet und bewiesen, dass er für seine Überzeugung eintrat.
    Er hat dazu aufgerufen aktiv zu sein, nicht still zu halten und nicht zu resignieren, wenn Unrecht geschieht und er hat anderen Mut gemacht...bis zu seinem Tod vor ein paar Wochen.


    Vielleicht könnte man Konstantin Wecker vorhalten, kein persönliches Risiko einzugehen. Aber auch da sehe ich -da er den direkten Kontakt mit Menschen bei politischen Demonstrationen/Aktionen sucht- einen klarenUnterschied zu den, ich nenne sie der Einfachheit halber 'PlakatDemonstranten'.


    Wickert, um nochmal dieses Beispiel zu nehmen, ist eben nicht ein Jude, der für sein schlichtes Dasein oftmalsNachteilen ausgesetzt ist, sondern spielt lediglich eine zeitlich begrenzte Rolle, die er jederzeit ablegen kann.Wecker seinerseits hat den Liedtext selbst verfasst, die Musik hierzu selbst geschrieben, steht inhaltlich hinterdiesem Lied und seiner Aussage und er stellt sich der Diskussion hierzu.


    in dem er pauschal, zugegebenermaßen kritikwürdige Auswüchse unserer Gesellschaft, auf´sKorn nimmt?

    Ein Songtext ist ja keine wissenschaftliche Schrift, klar nimmt er die Dinge 'pauschal auf's Korn'.:)

    Man kann alles zerplücken, wenn man denn will.

    Siehst du das in diesem Lied gegeben?

  • (alberneomi)
    Waidmannsheil


    Einem ambitionierten Jäger
    stahl man seine Hosenträger.
    Dies bemerkte er sofort,
    weil die Hose an dem Ort,
    wo sie sonst zu sitzen pflegte,
    nicht sich um den Jäger legte,
    sondern gleich beim ersten Schritt
    ungebremst zur Erde glitt.


    Wie verhext war nichts zu finden,
    um die Hose anzubinden
    So umschlotterte ihn lose
    nur die lange Unterhose.
    Schien die Lage auch fatal
    barg sie trotzdem Kapital:
    Beim Anblick, den der Jäger bot
    lachten sich die Hirsche tot.


  • S' ist Frühling und so wird derzeit "Der Laddezaun" instand gesetzt und neu lackiert,:)
    Version von checkmate , ein bisschen länger von Peter Scholz:



    Ich hab ein wunnerschöne Gadde
    eingezäunt mit lauter Ladde.
    Die Ladde höre uff übern bodde,
    damit sie nicht faule und verrotte.
    Weil ich brombeere zu pflücke hadde,
    war ich neulich in mei Gadde.
    Und wie ich so zufällig durch mei Ladde gucke,
    kimmt einer gelaafen, als sei er meschugge.
    Er kimmt immer näher, ich denk schon "Nanu",
    der kimmt ja direkt uff de Laddezaun zu.
    Dann war er am Zaun, guckt nunner un nuff,
    ich steh' mäuschenstill und denk "Jetzt pass uff."
    Dass ich nicht blind worde bin, is noch e Wunner!
    Denn der Kerl lässt grad vor mir die Hosen runner,
    um sich dann langsam un bedächtig zu bügge
    und sich e Mordsding aus dem Kreuze zu drügge.
    Doch weil der Segen kommt von oben,
    hab ich mei Schipp unnerm Zaun rausgeschoben.
    ich hab dann gestaunt un es Lachen verbissen,
    dieweil er hat auf mei Schipp geschissen.
    Doch als der Schippenstiel sich hat bald geboge,
    da hab ich mei Schipp schnell fortgezoge.
    Es kam dann auch so, wie ich's gedacht,
    der Schisser wollt gugge - was er gemacht.
    Er dreht sich um, tut die Auge uffreisse,
    un guckt ganz entgeistert, "ja, wo is denn mei Scheisse?"
    Erst guckt er ins Gras, dann auf die Schuh
    und denkt: "Das geht doch net richtig zu?"
    De Knie de warn schon ganz lasch,
    er packt sich an de Kopp und dann an de Asch,
    un als er sich dabei de Finger beschmiert,
    da weiss er "Hier is en Wunner passiert."
    Er kimmt nich mehr aus'm Staune und Stutze,
    vor Schreck vergisst er de Asch sich zu putze,
    er rafft seine Hose un rennt dann fort
    voll Angst un Grauen, vor de unheimliche Ort.
    ich konnt an dem Tag kei brombeere mehr pflügge.
    ich konnt mich vor Lache net strecke noch bügge.
    De ganze Tag ich hab noch gelacht,
    weil ich mit mei Schipp en Wunner vollbracht.
    Dem Kerl hab ich nachgerufe,
    dieweil er immer noch war am fluche,
    "Hab Dank, du ruchloser Kacker,
    die Schipp voll hat grad noch gefehlt für mein Acker."
    Ein paar Tage später bin ich wieder in mei Gadde,
    da seh ich am Zaun eene dunkle Schadde.
    ich schleich mich hie und bin von de Socke,
    da tut doch der Schisser schon wieder hocke.
    Pass uff, denk ich, den will ich mal necken,
    und schon bin ich fort, hinner die brombeerhecken.
    ich laaf zum Stall, wo die Hinnerchen sitze
    um aus dem Nest e Ei zu stiebitze.
    Dann nehm ich mei Schippe und schleich uff de Socke
    zurück an den Zaun, wo der Kacker tut hocke.
    Er sucht grad Papier, um de Hinnern zu putze,
    ich denk, pass uff, de Zeit musste nutze.
    Schnell hab ich ihm, es is net geloge,
    mit de Schipp unnerm Hinnere de Schiss fortgezoge.
    Des Ei leg ich ganz leise und sacht,
    an die Stell, wo er vorher sei Haufe gemacht.
    Er dreht sich herum, tut de Auge aufreisse
    und denkt sich "Mann, des is nie kei Scheisse!"
    Des is eher en Ei, wie's de Hinner tun lege.
    Er kann's noch net fasse, was is des für'n Sege.
    Schnell mit dem Ei zu seiner Frau tut er laafe
    und schreit: "Fraa, mer brauche ke Ei mehr zu kaafe."
    Und dann erklärt er ihr klipp und klar,
    wie es beim Scheissen am Laddezaun war.
    Sei Frau meint, "das musst mir erscht mal beweise,
    en Mensch, der kann doch kaa Eier net scheisse,
    da sagt der Mann: "Na gut, un na schee,
    beim nächste Kacke wirscht es jo seh.
    Doch musst du damit noch wartee bis morge,
    denn heut' kann ich's net noch einmal besorge."
    Am annern Tag, da war's dann soweit,
    Fraa, ruft der Ma, es wird hegste Zeit.
    Die Fraa kommt gelaafe, so schnell se nur kaa,
    er hockt sich am bodde un fängt ach scho aa.
    "Komm schnell mit dei Hut, un halt ne mir unner,
    Sonst falle de Eier zu hart sicher runner."
    Sei Asch, der kracht wie'n Gewitter im Mai.
    Doch was er macht, des is nie kei Ei.
    Sie tritt ihm in Hinnern und schreit voller Wut,
    mich haste beschisse und auch noch mein Hut.
    ich kann eich nur sagge, denn ich muss es ja wisse,
    an mein Laddezaun hat der nicht mehr geschisse.
    Dei Fraa, auf die sollst öfter höre
    Dann will ich dich nich weida störe
    Doch wenne mir den Zaun vollmachst
    Un dann noch böse Sachen sachst
    Dann klau ich dir die Gacke wech
    Was wunderds dich, wenn ich mich räch
    Wenn im Gadde hier das Gude siecht
    Willst wisse wo die Gacke liecht?
    Da hastes nu, du Gaddegacker
    Die Gacke, die liegt aufm Acka.

  • Die Sängerin

    (von Heinz Erhardt)
    Reihen, Stühle, braune, harte, Eintritt gegen Eintrittskarte. Damen viel, vom Puder blasse, und Programme an der Kasse. Einer drückt: die erste Glocke,Sängerin rückt an der Locke. Leute strömen, manche kenn' ich. Garderobe zwanzig Pfennig. Wieder drückt man: zweite Glocke, der Begleiter glättet Socke. Kritiker erscheint und setzt sich; einer stolpert und verletzt sich. Sängerin macht mi-mi-mi, Impresario tröstet sie.




    Dritte Glocke, schrill und herrisch; sie erscheint, man klatscht wie närrisch. Einer reicht ihr zwei Buketts, Dankbarkeit für Freibilletts, und sie zuckt leis mit den Lippen, beugt sich vor, als wollt' sie kippen, nickt, der Pianist macht Töne. Sängerin zeigt weiße Zähne. Oeffnet zögernd dann den Mund, erst oval, allmählich rund.




    Und - mit Hilfe ihrer Lungen hat sie hoch und laut gesungen. Sie sang Schumann, Kreuder, Brahms, der Beginn war acht Uhr ahms. Und um elf geht man dann bebend, aber froh, daß man noch lebend heimwärts. Legt sich müde nieder. Morgen singt die Dame wieder.

  • Die letzte Antwort auf dieses Thema liegt mehr als 365 Tage zurück. Das Thema ist womöglich bereits veraltet. Bitte erstellen Sie ggf. ein neues Thema.