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"Wenn einer mit Vergnügen in Reih und Glied zu einer Musik marschieren kann, ... hat er sein großes Gehirn nur aus Irrtum bekommen, da für ihn das Rückenmark schon völlig genügen würde. Diesen Schandfleck der Zivilisation sollte man so schnell wie möglich zum Verschwinden bringen. Heldentum auf Kommando, sinnlose Gewalttat und leidige Vaterländerei, wie glühend hasse ich sie, wie gemein und verächtlich erscheint mir der Krieg." hat Albert Einstein einst formuliert.
Und der deutsche Historiker und Politiker Ludwig Quidde (1858 - 1941), Friedensnobelpreisträger von 1927, beschäftigte sich mit der Frage "ob die Einführung der Wehrpflicht in der Tat eine Forderung der Demokratie und der Kultur war".
Ganz sicher wären seine Bedenken verstärkt worden, hätte er die Gründung der Bundeswehr noch erlebt. Ein weiteres Mal, als diese Wehr der "Bürger in Uniform" vor einigen Jahren zur Berufsarmee gewandelt wurde.
Demokratische Strukturen in einer Organisation, deren Funktionieren auf der Hierarchie von Befehlsgebern und Befehlsempfängern basiert?
Wie, bitte schön, sähe denn im Gefechtsfall -von 'Verteidigungsfall' mag ich grad nicht sprechen- die viel beschworene demokratische Struktur aus? Wird den Bürger*innen in Uniform etwa Mitspracherecht eingeräumt? Diskussionen angesichts eines bewaffneten Militäreinsatzes? Eben.
Gehen wir also ruhig davon aus, dass Menschen, die sich den Berufsstreitkräften verpflichten, sich deren hierarchischen Aufbau zu eigen machen und willig darin aktiv werden. Sei es als Vorgesetzter oder Untergebener.
Stellt sich die Frage, an welchen Vorbildern sich der Freiwillige orientiert. Ghandi wird's kaum sein. Auch Revoluzzer fallen raus. Bleiben wirkmächtige Bilder grandioser Aufmärsche, 'blitz'schneller Siege - und nicht zuletzt ein gern beschworener Korpsgeist, bis hin zur 'Nibelungentreue'(?), der Zusammenhalt und Sicherheit verspricht. Zumal in Zeiten, die von ständigen Zweifeln und Widersprüchen geprägt sind ...
Keine schöne Vorstellung? Stimmt.
Aber so, oder so ähnlich, scheint es sich zu verhalten, wenn man verfolgt, was gelegentlich sichtbar wird, wenn Jemand das Deckmäntelchen lupft oder Untersuchungsergebnisse vorlegt.
Schon 2009 stellte das TV-Magazin 'Kontraste' die Frage, wieviel Wehrmacht immer noch in der Bundeswehr stecke, drei Jahre später, im Jahr 2012, dokumentierte derselbe Sender rbb erneut "Unselige Traditionen", die sich allein schon aus der Namensgebung von Bundeswehrkasernen ergeben.
Ein öffentlicher Aufschrei blieb damals aus. Auch seitens der Bundeswehr verhielt man sich bemerkenswert ruhig. War nicht Herr de Maizière, der Mann mit der "Deutschen Leitkultur", damals oberster Dienstherr?
Wenn also Ministerin von der Leyen neuerdings unschöne Dinge beim Namen nennt, sollte man dankbar sein, statt die Frau zu keuzigen. Nicht DASS sie die Misstände anprangert, ist ihr anzulasten. Vielmehr, dass sie es so spät tut.
Aber wie lehrt schon der unbotmäßige Volksmund:
Die Wahrheit ist ein bitt'rer Trank
und wer sie braut hat selten Dank,
denn der Menge schwacher Magen
kann sie nur verdünnt vertragen.