Im Verlag 'Westend' ist kürzlich ein Bändchen erschienen das ich euch gern vorstellen möchte.Nach dem Willen des Autors soll es nicht nur diejenigen zum Nachdenken anregen, die aus Zorn auf die etablierte Politik überlegen, beim nächsten Mal die AfD zu wählen. Es soll auch denen als Argumentationshilfe dienen, "die potenziellen AfD-Wählern begegnen und diese umstimmen möchten."
"Sehr geehrter AfD-Wähler, wählen Sie sich nicht unglücklich!"
hat der Journalist Stephan Hebel* sein Buch genannt und diesen "Brandbrief" verfasst um aufzuzeigen, warum die AfD eben keine Alternative ist. Jedenfalls nicht für Protestwähler, Enttäuschte und Wütende jenseits der Rechtsnationalen.
Bei 'Telepolis' zitiert Hebel aus seinem Appell.
ZitatAlles anzeigen... weil ich nicht glaube, dass all diese Menschen schon verloren sind für die Demokratie, versuche ich es mit einem direkten Appell.
"Mal ehrlich: Ist Ihr Unbehagen an der etablierten Politik wirklich erst entstanden, als Angela Merkel vorübergehend die Grenze aufgemacht hat? Glauben Sie wirklich, dass die Kanzlerin für Sie mehr und Besseres getan hätte, wenn die Flüchtlinge nicht ins Land gekommen wären?
Nehmen wir an, Sie haben einen schlecht bezahlten Job, sind arbeitslos oder halten sich als Selbstständiger mehr oder weniger mühsam über Wasser. Das nämlich sind die drei Gruppen, bei denen die AfD am meisten punktet. Vielleicht spielt bei Ihnen auch Angst eine Rolle: vor noch mehr krankmachendem Stress, wenn Sie Ihren Lebensstandard wenigstens halten wollen; vor Armut im Alter; vor der europäischen Wirtschaftskrise, die ja nicht ewig an den deutschen Grenzen Halt machen kann und wenn schon nicht Sie, dann vielleicht Ihre Kinder trifft; vor Mietsteigerungen; vor Diebstahl, Terror und Gewalt.
Das sind wahrscheinlich nicht die einzigen Gründe für Ihre Wahlentscheidung, und ganz oben steht vielleicht auch bei Ihnen (wie bei 83 Prozent der AfD-Wähler) die Befürchtung, dass "für Flüchtlinge mehr getan werde als für Einheimische". Aber wenn ich darüber hinaus vermute, dass Sie auch die Sorge um Ihren Wohlstand antreibt, liege ich offensichtlich nicht falsch: Fast drei Viertel der AfD-Wähler bekunden die Sorge, dass "der Wohlstand bedroht ist" (und damit auch ihr sozialer Status), beim Rest der Wählerschaft vermutet das nur jede und jeder Dritte.
Mit dieser Sorge haben Sie meiner Meinung nach durchaus recht: Gerade für die Sicherung des Wohlstands hat die Politik seit Jahren wenig zum Positiven geändert, jedenfalls soweit es um den Wohlstand der Normal- und Geringverdiener geht.
Nur: Warum sollte ausgerechnet die "Alternative" die Alternative sein, von der Sie Besseres erwarten?
Alles, was Sie sich wünschen - mehr Chancen auf gute Arbeit, weniger Steuern für die Mittelschicht, eine auskömmliche Rente, eine ordentliche Infrastruktur, genug Polizei, sozialer Wohnungsbau, eine faire Verteilung der Kosten für die Gesundheit - kostet Geld. Und ja: Auch Flüchtlinge kosten Geld.
Aber vielleicht leuchten Ihnen zwei Argumente ein. Erstens: Es wäre genug Reichtum vorhanden, um viele dieser Verbesserungen zu bezahlen - auch, wenn eine hohe Zahl von Flüchtlingen nach Deutschland kommt. Das Problem ist, dass die regierenden Parteien dieses Geld nicht mobilisieren möchten. Und zweitens: Die AfD will genau das auch nicht.
Was die Staatsfinanzen betrifft, gilt bei ihr noch härter als anderswo die klassische neoliberale Regel: Steuern runter und Sparen, Sparen, Sparen.
Schauen Sie doch mal ins Parteiprogramm! Um nur zwei Beispiele zu nennen: Die Vermögenssteuer, bisher ausgesetzt, soll ganz gestrichen werden. Und die Erbschaftssteuer soll nicht etwa so gestaltet werden, dass Unternehmer angemessen zahlen, ohne dass Unternehmen zugrunde gehen - nein, bei der AfD wird sie abgeschafft. Wollen Sie wirklich, dass wohlhabende Bürgersöhne und -töchter künftig auch noch den Reichtum erben wie in einer Dynastie, ohne der Allgemeinheit von diesem "leistungslosen Einkommen" irgendetwas abzugeben?
Nirgendwo im AfD-Programm steht auch nur ein Wort von einer Umverteilung des Reichtums durch ein gerechteres Steuersystem. Und dass eine Politik, die die Reichen entlastet, am Ende bei den weniger Reichen spart, haben wir ja wohl in den vergangenen Jahrzehnten mehr als einmal erfahren. Und auch die AfD ist eine durch und durch neoliberale Partei."
Diese Punkte aus dem AfD-Programm finden viel zu selten Eingang in die politische Diskussion. Dabei ist genau das meiner Ansicht nach der Punkt, wo bei der Entzauberung dieser Partei angesetzt werden sollte.
Gegen den Hass zu kämpfen, ist notwendig und gut. Aber ohne über seine wahren Ursachen aufzuklären, wird es nicht gelingen. Und daher soll das Buch nicht zuletzt auch eine Argumentationshilfe sein für alle, die potenziellen AfD-Wählern begegnen und diese umstimmen möchten.
Seitenzahl: 64
Ausstattung: Klappenbroschur
Verlag Westend
Art.-Nr.: 9783864891700
8,00 €
* Stephan Hebel ist seit zwei Jahrzehnten Leitartikler, Kommentator und politischer Autor. Er schreibt für die Frankfurter Rundschau sowie für Deutschlandradio, Freitag, Publik Forum und weitere Medien. Er ist zudem regelmäßiger Gast im »Presseclub« der ARD und ständiges Mitglied in der Jury für das »Unwort des Jahres«.