Wählen oder Schämen?

  • Vor ein paar Tagen donnerte der 'Spiegel': "Schäm dich, Köln!" und auch die 'Süddeutsche' kanzelte uns ab: "Karneval funktioniert in Köln - Demokratie nicht".


    Was war geschehen? Ging es um ewige Baustellen, um Dreck, Staus, kleinkarierten Klüngel und große verschwendete Bausummen? Hatten die Kölner etwa einen Zusammenschluss mit Düsseldorf hingenommen, ohne zu protestieren? Oder waren sie gleichgültig gewesen gegenüber braunem Gedankengut und ebensolchen Gesellen?
    Nichts von alledem.
    Köln solle sich schämen für eine Wahlbeteiligung von rund 40%, als es darum ging, das Stadtoberhaupt für die nächsten Jahre zu küren.
    Huch!
    Wie war das denn letztes Jahr, als in den anderen Kommunen des Landes gewählt wurde? Hatten diese etwa eifrigere Wähler*innen und dadurch mehr Beteiligung vorzuweisen? Nö. Oft sogar noch weniger.
    Warum also die Kloppe für Köln?
    Weil -so die verblüffende JournalistenLogik- ein Vertreter braunen Gedankenguts der OB-Kandidatin mit einem Kampfmesser in den Hals gestochen und sie lebensgefährlich verletzt hatte.


    Ich gebe zu, ich bin verwirrt.
    Wird die Kandidatin durch diese Messerattacke zu einer überzeugenderen Politikerin? Wird sie durch ihre schweren Verletzungen wählbarer? Oder ging es darum, sie zu wählen und dadurch dem Attentäter ein trotziges 'Ätsch!'
    entgegen zu schleudern ?
    Nein, versichert man uns. Es ginge darum, überhaupt(!) zu wählen. Demokratie ... ihr wisst schon.
    Aber was hat das demokratische Wahlrecht dann mit der brutalen Tat zu tun? 'Anschlag auf die Demokratie' belehrt man uns, und 'Zeichen setzen'.


    In Köln?
    Klar doch.
    :thumbup: Gerne. :thumbup:


    Aber eine Kandidatin auf den Schild heben, die in ihrem eigenen Ressort als Sozialdezernentin eine -ich sag's mal zurückhaltend- 'suboptimale' Leistung erbracht hatte? Die vor allem deshalb zur Grüne-CDU-FDP-FreieWähler-OB-Kandidatin gekürt worden war, weil die CDU ihrem unsäglichen Vorsitzenden das Amt nicht zutraut und keinen eigenen Kandidaten ins Rennen schicken konnte? Und, last not least, weil man um jeden Preis verhindern wollte, dass erneut die SPD die Geschicke dieser Stadt lenkt?


    Klar, man hat noch 5 andere Kandidat*innen mit seinem Kreuzchen beglücken können. Taten ja auch Viele.
    Der Satire-Kandidat Benecke kam aus gutem Grund auf ca. 7%. Die rechte AfD hingegen bekam nur 4,01% und die rechten REPs gerade mal 0,49%.


    Demokratie funktioniert in Köln nicht?
    Doch. Fluppt ganz gut.
    Kein Grund, sich zu schämen.
    Öhm ... nicht dafür ... ;) :P

  • Ich schäme mich höchstens dafür, daß ausgerechnet bei uns so ein Attentat verübt wurde. Es war zwar ein Immigrant, aber letzlich müssen wir doch besser aufpassen, was für aggressive Psychopathen wir in unserer Stadt leben lassen. Dieser Mann hätte hier niemals eine Aufenthaltsgenehmigung bekommen dürfen.


    Ansonsten kann ich zu solchen Hetzartikeln nur sagen: Alle Alphajournalisten im KZ vergasen.

  • Hehe


    Wer nicht zur Wahl geht, hat Gründe ... die können natürlich auch falsch sein.


    Zum Glück waren es ja "nur" Kommentare, Meinungsäußerungen, in denen Köln pauschal fehlendes Demokratieverständnis bescheinigt wurde.


    Wahrscheinlich waren die beiden Herren gerade etwas gestresst, deshalb haben sie in die KlischeeKiste gegriffen, anstatt nachzudenken. Das reicht auch für einen Kommentar nicht :thumbdown:


    Ist tatsächlich jemand der Meinung, es sei besonders "demokratisch", einer schwerverletzten Kandidatin Mitleidsstimmen zu verpassen?


    Siehe dazu auch agrippinensis' Darstellung.



  • Paula


    Deshalb:


  • Den ganzen Tag hirnlose Scheiße schreiben und dafür auch noch bezahlt werden. Muss ein Traumjob sein.


    In der Tat!
    Wenn ich sehe, wie der *hust* 'hochqualifizierte' Kommentar aus der 'Süddeutschen' ebenso rasch wie kritiklos in Ausschnitten und Tenor übernommen wurde und via 'Cicero' den Weg in den 'Fakten-Fakten-Fakten-Focus' nahm, dann kann ich Heinz' Bemerkung nur unterschreiben.


    Statt das Bild vom dauerschunkelnden Kölner Eingeborenen heraufzubeschwören, hätte den Herren Qualitätsjournalisten ein bisschen mehr Recherche gut zu Gesicht gestanden. Vielleicht hätte es ihnen geholfen, die politische Situation in dieser Stadt zu begreifen und das wenig überraschende Wahlresultat differenziert darzustellen - jenseits von Wählerschelte, Mitleidsbonus und ausgeleierten Klischees ...

  • Auch, wenn dem Korrespondenten der 'Süddeutsche' die eine oder andere Ungenauigkeit bei seiner Berichterstattung zur Demo gegen Rechts unterlaufen ist, so hat er diesmal doch immerhin konstatiert, dass die Kölner sehr wohl wissen wie man Demokratie praktiziert und bescheinigt ihnen, "wirklich nicht gekuscht" zu haben.
    Nix zum Schämen.


    Süch ens einer aan ...! :D



  • Ähnlich der Tenor des 'Spiegel' . Auch hier ist nicht mehr die Rede vom 'Schämen', vielmehr klingt Respekt durch den Bericht zur gestrigen Demonstration gegen Rechts.


    Demokratie wählen und 'Zeichen setzen' geht eben manchmal anders, als nur sein Kreuzchen auf die -dritte- Ausgabe eines Kommunalwahlzettels zu setzen ... :P ;)



    Zitat


    Widerstand gegen Rechtsextreme
    Köln trotzt Hogesa
    Tausende Gegendemonstranten und ein Großaufgebot der Polizei: Die Rechten von Hogesa bekamen in Köln kaum eine Chance, den Jahrestag ihrer Krawalle zu feiern. Selbst der Hooligan-Anführer war von seinen Leuten enttäuscht. Von Kevin Hagen, Köln mehr... [ Video ]

  • Die letzte Antwort auf dieses Thema liegt mehr als 365 Tage zurück. Das Thema ist womöglich bereits veraltet. Bitte erstellen Sie ggf. ein neues Thema.