"Wie die EU Flüchtlinge tötet"


  • ... betitelt die SZ ihren Artikel.
    Der Autor Heribert Prantl kommentiert darin die gängige Praxis der EU, Flüchtlingen, die
    versuchen über das Mittelmeer nach Europa zu gelangen, die Einreise zu erschweren oder ganz zu verwehren.
    Prantl plädiert vehement für eine Änderung der derzeitigen Visumspflicht und gemahnt die EU an ihre Rolle als Friedensnobelpreisträger.


  • Meldung heute:

    Es ist das wohl größte Flüchtlingsunglück im Mittelmeer: Ein Boot mit mehr als 700 Flüchtlingen an Bord ist gekentert. Die UN befürchten, dass fast alle ertrunken sind.


    Massengrab Mittelmeer und wir "gewöhnen" uns daran?




  • Widerwärtig.


    Ein ganzer Kontinent schottet sich ab. Lasst uns in Ruhe. Verreckt, bleibt wo ihr seid, wir wollen euch nicht.


    Wir polieren unseren Friedensnobelpreis.


    Ab welcher "Leichendichte" wird es für Touristen eigentlich kritisch, im Mittelmeer zu schwimmen?


    Wird es wie bei atomarer Strahlung Richt- und Höchstwerte geben?

  • Innerhalb kurzer Zeit sinken zwei Flüchtlingsboote im Mittelmeer, über tausend Menschen sterben. Ertrinken jämmerlich vor den Augen hilfloser Mitflüchtlinge oder völlig überforderter, herbei geeilter Helfer. Manchmal sind das Fischer, meist Kapitäne zufällig in der Nähe befindlicher Handelsschiffe und deren Besatzung. Nicht gerade viele Männer, die auf heutigen Containerschiffen beschäftigt sind. Und ganz sicher nicht gerüstet für Seenotrettung und Erste Hilfe in großem Umfang.
    Die dafür geeignete Küstenwache und Marine der EU-Staaten sind nicht eingebunden in diese Rettung von Menschenleben, obgleich das zu den Grundlagen "Christlicher Seefahrt" zählt.


    Bekanntlich ist die Rettungsinitiative "Mare Nostrum" von den Italienern alleine gestemmt worden. Als sie nicht mehr zu stemmen war, weil zu teuer und personalaufwändig, und Italien die Beteiligung der übrigen EU-Mitgliedsstaaten anmahnte, da beschlossen diese, für allzu viel menschliche Zuwendung sei kein Geld da.
    Man verkleinerte den Radius christlicher Barmherzigkeit und des Sich-Kümmerns auf ein paar Meilen vor der europäischen Küste und benannte dieses europäische Grenzsicherungswerk "Triton".
    Den tödlichen Rest erledigten dann die Kräfte der Natur.
    Friede sei mit den Erfrorenen, Verdursteten, Ersoffenen. Requiescat in pace!
    Eine verblüffende, sehr EU-spezifische Auslegung des Friedensnobelpreises ...


    Nun, da die Öffentlichkeit geschockt von den Bildern des Leidens und Sterbens ihrer Empörung Ausdruck verleiht, verfällt man in Wehklagen und zieht sich auf gängige Allheilmittel zurück:
    Man beruft Konferenzen, Sondersitzungen, Arbeitskreise ein. Mit Häppchen. Und Trauerflor in Stimme und Mimik.


    Als wenn das Massensterben auf dem Mittelmeer neu wäre.
    Als wenn die angstvolle Flucht vor Krieg, Hunger, Verfolgung nicht schon seit Jahren das Leben unzähliger Menschen beendet hätte und dennoch immer wieder Verzweifelte und Mutige sich auf den Weg machen, um dem Grauen zu entfliehen und wenigstens den Hauch einer Chance auf Verbesserung zu finden.
    Alles seit Jahren bekannt. Seit Jahren hätten die sich neuerdings geschockt und beflissen Gebenden ihre Betroffenheit in konkrete, sinnreiche Maßnahmen einfließen lassen können.
    Gangbare Vorschläge gibt's genug, seit Jahren für jedermann sichtbar diskutiert und angemahnt.


    Man darf gespannt sein, wohin die Entwicklung geht.
    Unser Innenminister beeilte sich zu versichern, die EU trage "keine Schuld" -hört, hört!- "aber Verantwortung". Immerhin.
    Die Kanzlerin -vielleicht auch der Herr Bundespräsident, ohnehin stetig im Betroffenheitsmodus- versichert: "Wir werden alles tun, um zu verhindern, dass weitere Opfer im Mittelmeer auf quälendste Art und Weise umkommen".
    Aha.


    Dann wollen wir mal nicht so zynisch sein, zu interpretieren, dass man sich um eine angenehmere Art und Weise zu Sterben kümmern will.


  • Was leider zu erwarten war


    Man verfällt in medienwirksamen Aktionismus: Schlepper sind als Schuldige der Misere ausgemacht, Kapitän und Steuermann eines der Flüchtlingsboote festgenommen.
    Kommt mir vor wie die Verhaftung eines kleinen Dealers am Hauptbahnhof und dann so tun, als sei das ein Schlag gegen die internationale Drogenmafia.


    Noch etwas zur wohlfeilen Empörung über Schlepper und Helfershelfer:
    Jeder, der es erlebt hat oder einen halbwegs informativen Geschichtsunterricht genießen durfte, weiß, dass einst die Schlepper damaliger DDR-Bürger in Richtung goldener BRD-Westen "Fluchthelfer" geheißen und als Helden gefeiert wurden.
    Auch sie verlangten sehr viel Geld für ihre riskante Hilfe.


    Aber damals ging's ja nicht um so niedere Bedürfnisse wie schlichtes Überleben, um Bedrohung durch simplen Krieg oder schnöden Hungertod.
    Nein, es ging um die höheren Werte, nämlich gegen Sozialismus, böseböse(!), und für ...öhm... Freiheit-unserer-Brüder-und-Schwestern.


    Mannomann ...


  • Wie zynisch ist das denn? Australien bietet Europa Nachhilfe an.


    Der australische Regierungschef Tony Abbott rät Europa zu einem stärkeren Grenzschutz. Zugleich bot der Ministerpräsident Europa seine Expertise beim "Stoppen der Boote" an, wie er dem Sender ABC am Dienstag sagte. "Der einzige Weg, das Sterben zu beenden, ist ein Stopp des Menschenschmuggels. Der einzige Weg, wie man das Sterben beenden kann, besteht tatsächlich darin, die Schiffe zu stoppen", zitierte ABC den Regierungschef.

  • Ab welcher "Leichendichte" wird es für Touristen eigentlich kritisch, im Mittelmeer zu schwimmen?

    [ironie]Kritisch wird es erst dann, wenn Touristen beim Sonnenbaden am Strand von Särgen "gestört" werden.[/ironie]


    Und die Politik tut so, als habe sie nicht wissen können, was passiert, wenn man das Rettungsprogramm Mare Nostrum nicht verlängert, weil es zu teuer ist! Bekloppte Kosten-Nutzen-Rechnung wieder. Wahrscheinlich hat Deutschland der Abschaffung vorausschauend zugestimmt. Man braucht das Geld für neue Sturmgewehre.



    Und jetzt? Hartes Vorgehen gegen "Schlepperbanden"? Klingt gut, wenn man einen Schuldigen gefunden hat. Und wie soll das konkret aussehen?


    Steinmeier will Libyen "stabilisieren". Nette Idee, nachdem man es vorher destabilisiert hat. Libyen war stabil und im Vergleich mit anderen Ländern Afrikas sehr gut entwickelt: Keine Hungersnöte, keine Zeltstädte, wenig Analphabeten, sondern ein ausgesprochen hoher Bildungsgrad. Gaddafi hat viel für "sein Volk" -und auch für den Westen- getan, auch wenn sein Land keine "Musterdemokratie" war. Gibt es die überhaupt?


    Nach Ablauf der libyschen Öllieferverträge mit dem Westen, hat der sein Herz für die Opposition entdeckt und militärisch eingegriffen.


    Seitdem tobt der IS ... und niemand hat es kommen sehen??


    Völkerwanderungen hat es immer gegeben. Die Deutschen sollten das wissen, die sind zahlreich aus- und auch wieder zurückgewandert.


    Das "Richtige" zu tun, ist immer eine subjektive Entscheidung, die sich nach eigenen Zielvorgaben richtet. Vieles würde leichter, würde nicht ständig so getan "als ob" ... man Frieden haben wolle ... oder Menschen retten.
    Wenn das das Ziel wäre, wäre es längst erreicht.


    Niemand soll mir erzählen, dass man Banken retten kann, weil sie für das "System" nun mal wichtig sind ... aber bei der Menschenrettung leider die Hände gebunden sind, hallo!

  • Politiker für Versäumnisse zu kritisieren, ist keine große Kunst.


    Irgendwo habe ich in diesem Zusammenhang gelesen - so, wie wir unsere Eltern/Großeltern zu den Gräueln der eigenen Geschichte befragt haben, würden wir in ein paar Jahren von unseren Kindern/Enkeln gefragt:
    "Was dast DU denn gegen das Flüchtlingselend getan?" .
    Die Standardantwort, die man uns damals gab -"Wir haben nichts davon gewusst ..."- können wir ganz sicher nicht verwenden!


    Schon eher trifft es diese böse Witzelei über die Geißens:

    Uwe Becker (Foto: obs/ RTL II)



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