Privates Sicherheitspersonal in der Kritik

  • Ich geb gerne zu, dass mir schwarzgekleidete, grimmig dreinschauende männliche Muskelpakete schon häufig ein mulmiges Gefühl beschert haben. Nur keine Vorurteile, hab ich gedacht, Sicherheit muss schließlich sein.


    Jetzt scheint es amtlich zu sein, dass private Sicherheitsmänner ihre "Macht" in Asylbewerberheimen missbraucht haben.


    Machtmissbrauch gibt es in jeder "vorgesetzen" Position und führt immer zum "Aufreger", wenn sie denn publik wird.


    Für mich besteht der Aufreger darin, dass erst jetzt von behördlicher Seite daran gedacht wird, die Vorchriften so zu gestalten, dass private Sicherheitsunternehmen nur geprüftes Personal mit Führungszeugnis einstellen dürfen. Hat man da vorher überhaupt nicht gedacht, oder wie??


    Der Hagener Polizeipräsident fühlt sich zwar an Guantanamo erinnert, sieht aber gleichzeitig keinen rassistischen Hintergrund, hallo! Was heißt das? Die Sicherheitskräfte hätten den Asylbewerber auch so behandelt, wenn er "weiß" gewesen wäre, oder was???


    Noch drastischer reagiert der zuständige stellvertretende Behördenleiter der Bezirksregierung in Arnsberg:
    "Wir sind im Moment sehr froh, dass uns alle Hilfsorganisationen und auch der private Betreiber European Homecare nach ihren besten Kräften unterstützen und es ermöglichen, dass die Menschen nicht in die Obdachlosigkeit geraten. Vor diesem Hintergrund bin ich nicht der Meinung, dass wir im Moment die Standards diskutieren sollten."
    Quelle


    Heißt das im Klartext: Jeder Asylbewerber soll froh sein, wenn er noch lebt und ein Dach über dem Kopf hat, alles andere regeln wir später dann "irgendwie" ... ?( X(


    Mich verwundert auch die Formulierung in der oben zitierten Quelle:
    Beide Flüchtlingsunterkünfte betreibt laut WDR die Firma
    European Homecare im Auftrag des Landes Nordrhein-Westfalen.


    Seit wann eignen sich Sicherheitsunternehmen bevorzugt als Betreiber von Wohneinrichtungen für Asylbewerber??

  • Mich verwundert auch die Formulierung in der oben zitierten Quelle:
    Beide Flüchtlingsunterkünfte betreibt laut WDR die Firma
    European Homecare im Auftrag des Landes Nordrhein-Westfalen.


    Seit wann eignen sich Sicherheitsunternehmen bevorzugt als Betreiber von Wohneinrichtungen für Asylbewerber??

    European Healthcare ist kein Sicherheitsunternehmen sondern betreiben Unterkünfte.
    Ein Sicherheitsdienst wird höchstens von ihnen beauftragt.

    Der Hagener Polizeipräsident fühlt sich zwar an Guantanamo erinnert, sieht aber gleichzeitig keinen rassistischen Hintergrund, hallo! Was heißt das? Die Sicherheitskräfte hätten den Asylbewerber auch so behandelt, wenn er "weiß" gewesen wäre, oder was???

    Man sollte das ganze nicht überbewerten. Es werden alle Unterkünfte von Sicherheitsdiensten betreut. In diesem Fall ist sicherlich etwas schwer schief gelaufen. Daraus allerdings auf alle anderen zu schließen ist übertrieben. Ob jede Gewalttat gleich rassistisch ist möchte ich nicht behaupten.


    ür mich besteht der Aufreger darin, dass erst jetzt von behördlicher Seite daran gedacht wird, die Vorchriften so zu gestalten, dass private Sicherheitsunternehmen nur geprüftes Personal mit Führungszeugnis einstellen dürfen. Hat man da vorher überhaupt nicht gedacht, oder wie??

    Das ist die Frage und offenbart die Ahnungslosigkeit der Behörden.
    Selbstverständlich dürfen bei Sicherheitsdiensten nur geprüfte Mitarbeiter beschäftigt werden.
    Sie müssen die Sachkundeprüfung abgelegt haben und ein Führungszeugnis vorweisen. Je nach Verwendung sogar eine Schufa-Auskunft. Diese Vorraussetzungen werden von der Verwaltung der jeweiligen Gemeinde geprüft wo der Unternehmer ansässig ist.


    Die Praxis ist jedoch eine andere. Aufträge gehen in der Regel nur an größere Firmen mit ISO-Zertifizierung. Für kleinere Firmen ist diese zu teuer.
    Es bewerben sich Firmen, die kaum eigene Mitarbeiter haben, aber zertifiziert sind. Dies dient nur dem Zweck, Geld zu kassieren und den Auftrag an einen oder auch noch mehr Subunternehmer weiterzugeben.
    Am Schluss bleiben von 20€ pro Stunde, die der Kunde zahlt, 12€ übrig. Für dieses Geld soll dann der Sub einen Mitarbeiter nach Tarif und Zuschlägen bezahlen und auch noch davon leben.


    Das geht nicht. Und das Resultat? Es werden Leute auf 400€ Basis eingestellt, der Rest läuft schwarz. Stundnelohn 6 €.


    Wer arbeitet für das Geld? Leute, die sonst keiner will, dubiose Gestalten.
    Das Resultat sieht man dann. Im jetzigen Fall sehr deutlich, in anderen Fällen schaffen es die Deppen meistens nicht in die Medien.


    Die Behörden könnten das System aushebeln indem sie bei Auftragsvergabe Subunternehmer verbieten. Tun sie aber nicht.


    Beispiel aus Köln gefällig?


    Das gesamte Sicherheitspersonal beim Bau der Kölner Stadtbahn.
    Die Firma die den Zuschlag bekam ist eigentlich eine Reinigungsfirma, die auch Sicherheitsdienste anbietet. Hat in diesem Bereich aber keinen einzigen Mitarbeiter. Sie reinigt bereits für die KVB. Man kennt sich.
    Der Auftrag ging weiter an eine größere Kölner Firma. Die wurde sogar von der IHK ausgezeichnet für ihre hohe Ausbildungsbereitschaft. Stimmt, die bilden gerne aus. In riesigen Mengen werden Leute ausgebildet indem sie 40 Stunden arbeiten und auch noch Berufsschule hinten dran hängen.


    Auch diese Firma stellt nur ein was sie dringend für die KVB braucht. Der Rest, wie Urlaub oder Krankheit der eigenen Mitarbeiter wird durch einen weiteren Sub geleistet.


    Nirgends wird so viel betrogen, gelogen und geschummelt wie beim Sicherheitsdienst.
    Und das bei sensiblen Aufgaben im öffentlichen Raum, die eigentlich Aufgaben der Behörden sind.
    Die kleinen Firmen haben das nachsehen.

  • 'Keinen rassistischen Hintergrund' zu sehen, gehört mittlerweile schon fast zur unguten Tradition. Was ich zudem zornig zur Kenntnis nehme, ist die Tatsache, dass der Staat eigene Aufgaben in Privathand legt, ohne für ausreichende Standarts und Kontrollen zu sorgen.


    >Wachleute eines privaten Dienstleisters sollen im Siegerland Asylbewerber misshandelt haben. Den Chef der Polizeigewerkschaft, Wendt, wundert das nicht. Der Staat, sagt er, habe sich aus der Verantwortung gestohlen. [...] Wendt sagte am Montag im ZDF-„Morgenmagazin“: „Zynisch möchte man sagen: Willkommen im schlanken, privatisierten Staat.“<
    Quelle: faz.net


    Denselben Gedanken verfolgt M.Klingst in der 'Zeit' und stellt darüber hinaus die grundsätzliche Frage nach unserer Pflicht zu helfen:



  • Danke für die detailreiche ErgänzungTex.


    Dass "kleine Firmen", die ordentlich arbeiten, das Nachsehen haben, glaub ich gerne.


    Mir ging es primär um Asylbewerber, um Menschen, die unmenschlich behandelt wurden. Wer kann denn da glauben, dass er so "richtig" gehandelt hat? Hallo!


    Ob rassistisch oder menschenfeindlich ist für mich sekundär.


    Hauptsache "politisch korrekt" formuliert ist auch so ein Irrtum. Entscheidend ist nicht, wie jemand redet, sondern wie man handelt.

  • Was ich zudem zornig zur Kenntnis nehme, ist die Tatsache, dass der Staat eigene Aufgaben in Privathand legt, ohne für ausreichende Standarts und Kontrollen zu sorgen.


    Standards gibt es reichlich. Auf dem Papier.
    Aber wie bei allen Rechtsnormen und Standards kommt es auf die Kontrolle und Durchsetzung an. Und die gibt es faktisch nicht.


    In einem Asylantenheim sehe ich das ganze noch skeptischer. Da prallen verschiedene Nationalitäten, Religionen und Altersgruppen auf engstem Raum zusammen. Und allen gehts Scheiße.
    Gewalt und Straftaten sind an der Tagesordnung.


    Um da für Ordnung zu sorgen und zu schlichten kann ein Wochenendlehrgang nicht ausreichen. Das ist was ganz anderes als jemandem zu sagen "Ohne Ausweis kommste hier nicht rein".



  • Das Thema wird uns wohl noch begleiten.


    Vieles mit heißer Nadel gestrickt, weil man ja nicht wissen konnte ... oder weil das Geld grad nicht reichte ... ??


    Erzähl mir niemand, dass Deutschland arm ist ... die Prioritäten entscheiden.

  • HoheKostenwenigGeld ist ein gern gebrauchtes 'Argument', wenn Desinteresse und mangelnde Hilfsbereitschaft ein akzeptables Deckmäntelchen brauchen. Das zeigt sich doch nicht nur im Umgang mit Flüchtlingen.


    Ein Innenminister, der sich überrascht zeigt, dass sich auch vorbestrafte und bräunliche Gestalten unter dem Sicherheitspersonal finden?
    Standarts, die nicht bundesweit gelten, sondern von Land zu Land, Stadt zu Stadt ausgekungelt werden?
    Einrichtungen und Praxis, die keiner verbindlichen und unangekündigten Kontrolle unterliegen?
    Hinweisschilder, die nicht etwa durch verständliche Piktogramme, sondern in verquastem Amtsdeutsch den Deutsch-unkundigen Flüchtlingen den 'richtigen' Weg zu Anmeldung und Decke+Schlafstatt weisen?


    Wer, bitteschön, denkt sich so etwas aus? Und wer verantwortet diese unwürdigen Zustände?
    Sooo lange ist es doch nicht her, dass Deutsche auf der Flucht und auf Hilfsbereitschaft angewiesen waren. Vergessen? Verdrängt?


    Oder gilt das makabre


    Plakat: Klaus Staeck
    .

  • Standarts, die nicht bundesweit gelten, sondern von Land zu Land, Stadt zu Stadt ausgekungelt werden?


    Das ist eins der Hauptprobleme bei der ganzen Sache.
    In den meisten Bundesländern werden feste Sätze pro Flüchtling an die jeweilige Gemeinde gezahlt. Da diese bei weitem nicht die tatsächlichen Kosten decken liegt es im Interesse der Gemeinden zu sparen wo es nur geht.


    Das geht auch anders. Bayern zahlt die tatsächlich anfallenden Kosten in vollem Umfang an die Gemeinden. Die haben deshalb gar keinen Grund zu sparen und halten sich an die Vorgaben.


    Überhaupt bin ich der Meinung, dass die Kosten für Flüchtlinge und Asylanten vom Bund getragen werden sollten. Schließlich ergibt sich dieses Recht aus dem Grundgesetz. Die Leute suchen ja Schutz in Deutschland und nicht speziell in einer bestimmten Stadt.


  • Das geht auch anders. Bayern zahlt die tatsächlich anfallenden Kosten in vollem Umfang an die Gemeinden. Die haben deshalb gar keinen Grund zu sparen und halten sich an die Vorgaben.

    Gerade aus Bayern kamen zuletzt Berichte und Bilder, die nur entsetzen können.



    Überhaupt bin ich der Meinung, dass die Kosten für Flüchtlinge und Asylanten vom Bund getragen werden sollten. Schließlich ergibt sich dieses Recht aus dem Grundgesetz. Die Leute suchen ja Schutz in Deutschland und nicht speziell in einer bestimmten Stadt.


    Zustimmung!


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