Selbst unter Berücksichtigung von Wertewandel und Schnelllebigkeit gibts ein paar Größen, die bislang unbestritten als Richtschnur galten, wie beispielsweise Ächtung von Gewalt, Mord, Bereicherung auf Kosten Anderer, Verletzung der Privatspäre u.a.m.
Das "bislang" kannst du fett schreiben. So ist es nämlich nicht mehr.
Fangen wir mal mit der Gewaltächtung an. Wie radikal ist man vor 10-20 Jahren noch gegen Gewaltdarstellungen vorgegangen, gerade hier in Deutschland? Jeder Tropfen Blut wurde verboten. Populäre Videospiele landeten reihenweise auf dem Index und durften nicht mehr verkauft werden. Filme wurden so erheblich geschnitten, daß man teilweise die Handlung garnicht mehr nachvollziehen konnte. Plötzlich starb eine Figur in einem Film und keiner hat es mitbekommen, weil die Zensur uns den Tod nicht zumuten wollte.
Der Internetjugendliche wusste sich irgendwann selbst zu helfen. Er lud sich die unzensierten Filme aus dem Internet herunter und zeigte sie seinen Freunden. Selbiges tat man mit Videospielen. Man zockte Gewaltspiele online. Wir wurden geächtet. Die Gesellschaft sah in uns potentielle Amokläufer.
Mittlerweile weiß man, daß Gewaltmedien eher das Gegenteil bewirken. Sie verstärken nicht Gewalt, sondern befriedigen Gewaltverlangen. Jugendliche, die viele Gewaltmedien konsumieren, fallen nicht als Gewalttäter auf. Jugendliche hingegen, die wenig Zugriff auf diese Medien haben, prügeln sich viel häufiger auf der Straße.
Das hat dazu geführt, daß man die Restriktionen gegenüber Gewaltmedien gelockert hat. Brutale Onlinespiele sind heutzutage nicht mehr indiziert, sondern gesellschaftsfähig. Als Erwachsener darf man sich wenigstens im Kino einen Film ohne Gewaltzensur ansehen.
Damit ist der Wandel der gesellschaftlichen Gewaltächtung noch lange nicht abgeschlossen. Wenn ich erlebe, wie sich am Wochenende Betrunkene in der Innenstadt die Fresse blutig schlagen, wenn sich Gruppen zusammenraufen um jemanden feige kaputtzutreten, dann weiß ich das wir noch viel an unseren Werten zu arbeiten haben.
In Hong Kong habe ich es mal erlebt, daß sich zwei Streithähne in eine Seitengasse zurückgezogen haben und es dort ausgefochten haben. Ihre Freunde standen drum herum und haben jeweils angefeuert ohne sich aber einzumischen. So fand ich das schon weitaus geordneter als diese chaotischen Keilereien, die man hierzulande kennt.
In Polen treffen sich Hooligans vor Fußballspielen auf großen Wiesen und organisieren ihre Schlägereien. Bei uns in Deutschland gibt es solche offenen Prügeleien nicht. Gewaltausbrüche finden fast immer hinterhältig statt.
Da gibt es für unsere Gesellschaft also noch viel zu lernen was Ächtung und Umgang mit Gewalt angeht. Zu meinen man könnte, wie früher einst, eine völlig gewaltfreie Gesellschaft erschaffen, ist naiv. Diese Naivität hat aber in den letzten Jahren nunmal stark nachgelassen. Wir definieren die Gewaltächtung neu.
Morden und Bereicherung fasse ich mal zusammen, weil wir dabei derselben Bigotterie unterliegen.
So wie es mir als Kind beigebracht wurde standen wir immer auf der Seite der Guten. Wir mordeten scheinbar nicht und wir bereicherten uns nicht auf Kosten anderer. Dieses Weltbild wurde mir vermittelt. Allerdings auch daran kann ich kaum noch glauben.
Innerhalb unserer Gesellschaft mögen diese Wertekonzepte ja funktionieren, aber nicht nach außen hin. Wir morden und plündern sehr wohl. Wir töten für unsere politischen oder wirtschaftlichen Interessen. Wir wählen Regierungen, die wir mit dem Töten beauftragen. Früher haben mir die Medien diese Tatsachen nie dermaßen kritisch vermitteln wollen. Früher waren wir die Guten, heute weiß ich sind wir auch nur etwas Böses unter Bösen.
Früher waren Schwarzafrikaner für mich brabbelnde Affen, die vor einer Fernsehkamera rumhungern. Heute sind es Gesprächspartner, mit denen ich mich unterhalten kann, die mir und meinem Lebensstil Vorwürfe machen, die mir die Sünden meiner Wertegesellschaft aufzeigen, und leider zu oft recht damit haben.
Vieles was mir früher von den Pädagogen und Wertehütern unserer Gesellschaft beigebracht wurde, hat sich als Heuchelei entpuppt. Ich wurde erzogen von Lügnern in einer Lügenwelt mit Lügenwerten. Und da bin ich anscheinend heutzutage nicht der einzige, der so denkt, der immer wieder aufwachen muss um sich neu zu orientieren.
Naja und was die Privatsphäre betrifft, das Thema hatten wir bereits zur Genüge in letzter Zeit, oder nicht? Ich glaube zu Spähaffären und Facebook-Prostitution muss ich nicht mehr viel sagen
Sag du mir lieber, woran ich mich festhalten kann
Stimmt. Wie ich finde zu Recht.
Kinder sollten nicht von Extremisten unterrichtet werden. Dass der Staat keine Leute anstellt und bezahlt die ihn bekämpfen ist eigentlich logisch.
Ich würde da sogar noch weitergehen und auch Lehrer verbieten, die die Ideologie des Staates stützen. Unterricht sollte politisch so wie religiös neutral sein (außer konfessioneller Unterricht ^^). Lehrer sollten uns lieber beibringen wie man zweifelt und kritisch hinterfragt, statt uns von ihrem eigenen Weltbild etwas vorzuerzählen und uns in ein Wertekorsett zu zwängen. Wenn selbst einem angehenden Abiturienten oder gar Studenten erzählt wird, das er etwas müsse, dann ist das schon zuviel des Guten. Man kann von einem Oberstufenschüler erwarten, daß er versteht, wie die Gesellschaft funktioniert und warum dies und jenes getan werden muss, damit dies und jenes wiederrum erreicht werden kann.
Allerdings einem pauschal einzubläuen, daß man lernen muss oder später arbeiten muss, Geld verdienen muss, etwas für die Rente beiseite legen muss und lange leben muss, ist eine reine Dogmatisierung. An anderer Stelle war das mit dem Müssen wohl nebensächlich. Kann mich nicht an einen Lehrer erinnern, der mir mal sagte, daß ich Kinder kriegen "muss", das ich der Menschheit etwas Gutes tuen muss, oder einfach nur lieben muss. Das hörte ich nicht einmal von meiner Religionslehrerin. Ich hab den Eindruck das ganze Müssen zielte nur darauf ab mich zu einem funktioniereden Arbeiter im System zu formen. Menschliche und zwischenmenschliche Bedürfnisse waren uninteressant, höchstens mal eine gönnerhafte Lapalie. Meine Eltern hatten selber auch sehr großen Anteil daran. Denen kann ich auch nicht vertrauen. Sie versuchten mich zu ideologisieren.
Nein, für mich sieht eine Schule, die Freigeister heranschulen will, sehr viel anders aus, als das was wir momentan haben. Nicht von Extremisten unterrichtet zu werden ist da nur eine Kleinigkeit