Geh'n Se mir doch weg mit Moral!

  • Selbst unter Berücksichtigung von Wertewandel und Schnelllebigkeit gibts ein paar Größen, die bislang unbestritten als Richtschnur galten, wie beispielsweise Ächtung von Gewalt, Mord, Bereicherung auf Kosten Anderer, Verletzung der Privatspäre u.a.m.

    Das "bislang" kannst du fett schreiben. So ist es nämlich nicht mehr.


    Fangen wir mal mit der Gewaltächtung an. Wie radikal ist man vor 10-20 Jahren noch gegen Gewaltdarstellungen vorgegangen, gerade hier in Deutschland? Jeder Tropfen Blut wurde verboten. Populäre Videospiele landeten reihenweise auf dem Index und durften nicht mehr verkauft werden. Filme wurden so erheblich geschnitten, daß man teilweise die Handlung garnicht mehr nachvollziehen konnte. Plötzlich starb eine Figur in einem Film und keiner hat es mitbekommen, weil die Zensur uns den Tod nicht zumuten wollte.


    Der Internetjugendliche wusste sich irgendwann selbst zu helfen. Er lud sich die unzensierten Filme aus dem Internet herunter und zeigte sie seinen Freunden. Selbiges tat man mit Videospielen. Man zockte Gewaltspiele online. Wir wurden geächtet. Die Gesellschaft sah in uns potentielle Amokläufer.
    Mittlerweile weiß man, daß Gewaltmedien eher das Gegenteil bewirken. Sie verstärken nicht Gewalt, sondern befriedigen Gewaltverlangen. Jugendliche, die viele Gewaltmedien konsumieren, fallen nicht als Gewalttäter auf. Jugendliche hingegen, die wenig Zugriff auf diese Medien haben, prügeln sich viel häufiger auf der Straße.
    Das hat dazu geführt, daß man die Restriktionen gegenüber Gewaltmedien gelockert hat. Brutale Onlinespiele sind heutzutage nicht mehr indiziert, sondern gesellschaftsfähig. Als Erwachsener darf man sich wenigstens im Kino einen Film ohne Gewaltzensur ansehen.


    Damit ist der Wandel der gesellschaftlichen Gewaltächtung noch lange nicht abgeschlossen. Wenn ich erlebe, wie sich am Wochenende Betrunkene in der Innenstadt die Fresse blutig schlagen, wenn sich Gruppen zusammenraufen um jemanden feige kaputtzutreten, dann weiß ich das wir noch viel an unseren Werten zu arbeiten haben.
    In Hong Kong habe ich es mal erlebt, daß sich zwei Streithähne in eine Seitengasse zurückgezogen haben und es dort ausgefochten haben. Ihre Freunde standen drum herum und haben jeweils angefeuert ohne sich aber einzumischen. So fand ich das schon weitaus geordneter als diese chaotischen Keilereien, die man hierzulande kennt.
    In Polen treffen sich Hooligans vor Fußballspielen auf großen Wiesen und organisieren ihre Schlägereien. Bei uns in Deutschland gibt es solche offenen Prügeleien nicht. Gewaltausbrüche finden fast immer hinterhältig statt.
    Da gibt es für unsere Gesellschaft also noch viel zu lernen was Ächtung und Umgang mit Gewalt angeht. Zu meinen man könnte, wie früher einst, eine völlig gewaltfreie Gesellschaft erschaffen, ist naiv. Diese Naivität hat aber in den letzten Jahren nunmal stark nachgelassen. Wir definieren die Gewaltächtung neu.


    Morden und Bereicherung fasse ich mal zusammen, weil wir dabei derselben Bigotterie unterliegen.
    So wie es mir als Kind beigebracht wurde standen wir immer auf der Seite der Guten. Wir mordeten scheinbar nicht und wir bereicherten uns nicht auf Kosten anderer. Dieses Weltbild wurde mir vermittelt. Allerdings auch daran kann ich kaum noch glauben.


    Innerhalb unserer Gesellschaft mögen diese Wertekonzepte ja funktionieren, aber nicht nach außen hin. Wir morden und plündern sehr wohl. Wir töten für unsere politischen oder wirtschaftlichen Interessen. Wir wählen Regierungen, die wir mit dem Töten beauftragen. Früher haben mir die Medien diese Tatsachen nie dermaßen kritisch vermitteln wollen. Früher waren wir die Guten, heute weiß ich sind wir auch nur etwas Böses unter Bösen.


    Früher waren Schwarzafrikaner für mich brabbelnde Affen, die vor einer Fernsehkamera rumhungern. Heute sind es Gesprächspartner, mit denen ich mich unterhalten kann, die mir und meinem Lebensstil Vorwürfe machen, die mir die Sünden meiner Wertegesellschaft aufzeigen, und leider zu oft recht damit haben.
    Vieles was mir früher von den Pädagogen und Wertehütern unserer Gesellschaft beigebracht wurde, hat sich als Heuchelei entpuppt. Ich wurde erzogen von Lügnern in einer Lügenwelt mit Lügenwerten. Und da bin ich anscheinend heutzutage nicht der einzige, der so denkt, der immer wieder aufwachen muss um sich neu zu orientieren.


    Naja und was die Privatsphäre betrifft, das Thema hatten wir bereits zur Genüge in letzter Zeit, oder nicht? Ich glaube zu Spähaffären und Facebook-Prostitution muss ich nicht mehr viel sagen :)


    Sag du mir lieber, woran ich mich festhalten kann ^^



    Stimmt. Wie ich finde zu Recht.
    Kinder sollten nicht von Extremisten unterrichtet werden. Dass der Staat keine Leute anstellt und bezahlt die ihn bekämpfen ist eigentlich logisch.

    Ich würde da sogar noch weitergehen und auch Lehrer verbieten, die die Ideologie des Staates stützen. Unterricht sollte politisch so wie religiös neutral sein (außer konfessioneller Unterricht ^^). Lehrer sollten uns lieber beibringen wie man zweifelt und kritisch hinterfragt, statt uns von ihrem eigenen Weltbild etwas vorzuerzählen und uns in ein Wertekorsett zu zwängen. Wenn selbst einem angehenden Abiturienten oder gar Studenten erzählt wird, das er etwas müsse, dann ist das schon zuviel des Guten. Man kann von einem Oberstufenschüler erwarten, daß er versteht, wie die Gesellschaft funktioniert und warum dies und jenes getan werden muss, damit dies und jenes wiederrum erreicht werden kann.
    Allerdings einem pauschal einzubläuen, daß man lernen muss oder später arbeiten muss, Geld verdienen muss, etwas für die Rente beiseite legen muss und lange leben muss, ist eine reine Dogmatisierung. An anderer Stelle war das mit dem Müssen wohl nebensächlich. Kann mich nicht an einen Lehrer erinnern, der mir mal sagte, daß ich Kinder kriegen "muss", das ich der Menschheit etwas Gutes tuen muss, oder einfach nur lieben muss. Das hörte ich nicht einmal von meiner Religionslehrerin. Ich hab den Eindruck das ganze Müssen zielte nur darauf ab mich zu einem funktioniereden Arbeiter im System zu formen. Menschliche und zwischenmenschliche Bedürfnisse waren uninteressant, höchstens mal eine gönnerhafte Lapalie. Meine Eltern hatten selber auch sehr großen Anteil daran. Denen kann ich auch nicht vertrauen. Sie versuchten mich zu ideologisieren.


    Nein, für mich sieht eine Schule, die Freigeister heranschulen will, sehr viel anders aus, als das was wir momentan haben. Nicht von Extremisten unterrichtet zu werden ist da nur eine Kleinigkeit :)

  • Der Radikalenerlass, den die sozialliberale Koalition zu Beginn der siebziger Jahre mit den Bundesländern vereinbarte, konkretisierte nur noch einmal die Rechtslage nach dem Bundesbeamtengesetz aus dem Jahr 1953.


    Die Bundesregierung wollte mit den Ländern betonen, dass für Verfassungsfeinde im öffentlichen Dienst kein Platz ist. Unsere Verfassung strebt nach den Erfahrungen des NS-Regimes eine wehrhafte Demokratie an, was sich in der Möglichkeit eines Parteiverbots nach Art. 21 GG oder der Aberkennung von Grundrechten nach Art 18 GG äußert.


    Ob der Radikalenerlass politisch klug war, ist eine andere Sache. Doch das Gerede von den Berufsverboten ist einfach Unsinn. Sartre und Mitterand nutzten in den siebziger Jahren den Erlass propagandistisch; es gibt dazu einen Briefwechsel zwischen Willy Brandt und Mitterand.


    Dass es in Einzelfällen zu Überreaktionen gekommen ist, leugne ich nicht. Aber bei Bahn und Post gab es einige Mitglieder der DKP, die aus ihrer Sympathie für den real existierenden Sozialismus keinen Hehl machten. Bahn und Post wären im Falle eines Krieges gegen den Warschauer Pakt wichtig für die Mobilmachung der Bundeswehr gewesen.


    Juristen konnten ihr Referendariat im Angestelltenverhältnis absolvieren und so ihren Assessor machen. Ja, und wer sich den Lehrberuf zum Ziel wählt, kann nicht erwarten, dass ihn ein Staat alimentiert, den er überwinden will.


    Problematisch waren Grenzfälle wie die bereits von mir erwähnte Ablehnung eines KDV.


  • Wenn selbst einem angehenden Abiturienten oder gar Studenten erzählt wird, das er etwas müsse, dann ist das schon zuviel des Guten. Man kann von einem Oberstufenschüler erwarten, daß er versteht, wie die Gesellschaft funktioniert und warum dies und jenes getan werden muss, damit dies und jenes wiederrum erreicht werden kann.
    Allerdings einem pauschal einzubläuen, daß man lernen muss oder später arbeiten muss, Geld verdienen muss, etwas für die Rente beiseite legen muss und lange leben muss, ist eine reine Dogmatisierung.


    Nein. Dieses ganze "Müssen" ist nötig damit ein Staat bzw. eine Gesellschaft überhaupt funktioniert. Diesem "Müssen" stehen auf der anderen Seite Rechte gegenüber.


    Eines bedingt das andere.
    Aber du hast schon recht, dass wir uns davon immer mehr entfernen. Solange es in eine genehme Richtung läuft sind viele Freigeister und schimpfen wenn ihre Individualität eingeschränkt wird.
    Kommt ihnen aber ein anderes Individuum in die Quere, dann gehts los. Dann muss es der Staat mit den Gesetzen regeln.


  • Zitat

    Fangen wir mal mit der Gewaltächtung an. Wie radikal ist man vor 10-20 Jahren noch gegen Gewaltdarstellungen vorgegangen, gerade hier in Deutschland? Jeder Tropfen Blut wurde verboten. Populäre Videospiele landeten reihenweise auf dem Index und durften nicht mehr verkauft werden. Filme wurden so erheblich geschnitten, daß man teilweise die Handlung garnicht mehr nachvollziehen konnte. Plötzlich starb eine Figur in einem Film und keiner hat es mitbekommen, weil die Zensur uns den Tod nicht zumuten wollte.


    Es gab/gibt eine Altersbeschränkung. Hältst du das für falsch?



    Zitat

    Der Internetjugendliche wusste sich irgendwann selbst zu helfen. Er lud sich die unzensierten Filme aus dem Internet herunter und zeigte sie seinen Freunden. Selbiges tat man mit Videospielen. Man zockte Gewaltspiele online. Wir wurden geächtet. Die Gesellschaft sah in uns potentielle Amokläufer. Mittlerweile weiß man, daß Gewaltmedien eher das Gegenteil bewirken.


    Sagt wer?

    Zitat

    Sie verstärken nicht Gewalt, sondern befriedigen Gewaltverlangen. Jugendliche, die viele Gewaltmedien konsumieren, fallen nicht als Gewalttäter auf. Jugendliche hingegen, die wenig Zugriff auf diese Medien haben, prügeln sich viel häufiger auf der Straße.


    Ist das deine persönliche Sicht, ein 'Erfahrungswert' aus deinem Umfeld oder kannst du das objektiviert belegen ?



    Zitat

    Das hat dazu geführt, daß man die Restriktionen gegenüber Gewaltmedien gelockert hat. Brutale Onlinespiele sind heutzutage nicht mehr indiziert, sondern gesellschaftsfähig. Als Erwachsener darf man sich wenigstens im Kino einen Film ohne Gewaltzensur ansehen.


    Ich sehe das mehr als Ergebnis äußerst erfolgreicher Geschäftspolitik der Macher und Lobbyisten.



    Zitat

    Damit ist der Wandel der gesellschaftlichen Gewaltächtung noch lange nicht abgeschlossen. Wenn ich erlebe, wie sich am Wochenende Betrunkene in der Innenstadt die Fresse blutig schlagen, wenn sich Gruppen zusammenraufen um jemanden feige kaputtzutreten, dann weiß ich das wir noch viel an unseren Werten zu arbeiten haben.
    In Hong Kong habe ich es mal erlebt, daß sich zwei Streithähne in eine Seitengasse zurückgezogen haben und es dort ausgefochten haben. Ihre Freunde standen drum herum und haben jeweils angefeuert ohne sich aber einzumischen. So fand ich das schon weitaus geordneter als diese chaotischen Keilereien, die man hierzulande kennt.
    In Polen treffen sich Hooligans vor Fußballspielen auf großen Wiesen und organisieren ihre Schlägereien. Bei uns in Deutschland gibt es solche offenen Prügeleien nicht. Gewaltausbrüche finden fast immer hinterhältig statt.


    Du widersprichst hier deiner These, brutale Videospiele böten erfolgreich^^ Aggressionsabbau, bzw. -sublimierung.
    Solange du allerdings willkürliche Gewalt im Alltag noch mit Vokabeln wie "feige" und "hinterhältig" belegst, sind unsere Standpunkte/Wertesysteme nicht sehr weit auseinander.



    Zitat

    Da gibt es für unsere Gesellschaft also noch viel zu lernen was Ächtung und Umgang mit Gewalt angeht. Zu meinen man könnte, wie früher einst, eine völlig gewaltfreie Gesellschaft erschaffen, ist naiv. Diese Naivität hat aber in den letzten Jahren nunmal stark nachgelassen. Wir definieren die Gewaltächtung neu.


    Das kann man auch so ausdrücken: Die Brutalisierung, auch die Abstumpfung nimmt zu.



    Zitat

    Morden und Bereicherung fasse ich mal zusammen, weil wir dabei derselben Bigotterie unterliegen.
    So wie es mir als Kind beigebracht wurde standen wir immer auf der Seite der Guten. Wir mordeten scheinbar nicht und wir bereicherten uns nicht auf Kosten anderer. Dieses Weltbild wurde mir vermittelt. Allerdings auch daran kann ich kaum noch glauben.


    Dann hat man dich -vielleicht im guten Glauben, dich schützen zu wollen- falsch informiert.



    Zitat

    Innerhalb unserer Gesellschaft mögen diese Wertekonzepte ja funktionieren, aber nicht nach außen hin. Wir morden und plündern sehr wohl. Wir töten für unsere politischen oder wirtschaftlichen Interessen. Wir wählen Regierungen, die wir mit dem Töten beauftragen. Früher haben mir die Medien diese Tatsachen nie dermaßen kritisch vermitteln wollen. Früher waren wir die Guten, heute weiß ich sind wir auch nur etwas Böses unter Bösen.


    Genau hier setzt aber meine Frage nach Ethik und Moral an.
    Auch im Wissen um deutsche Vergangenheit, die ich nicht sonderlich friedfertig finde: Ich habe bisher weder gemordet noch geplündert, auch keine Regierung mit dem Töten beauftragt - du?
    Veröffentlichte Umfragen haben bislang deutliche Ablehnung der Auslandseinsätze deutscher Soldaten dokumentiert.



    Zitat

    Früher waren Schwarzafrikaner für mich brabbelnde Affen, die vor einer Fernsehkamera rumhungern. Heute sind es Gesprächspartner, mit denen ich mich unterhalten kann, die mir und meinem Lebensstil Vorwürfe machen, die mir die Sünden meiner Wertegesellschaft aufzeigen, und leider zu oft recht damit haben.
    Vieles was mir früher von den Pädagogen und Wertehütern unserer Gesellschaft beigebracht wurde, hat sich als Heuchelei entpuppt.


    Pädagogen und Wertehüter unserer Gesellschaft haben dir u.a. beigebracht, Schwarzafrikaner als "brabbelnde Affen" zu sehen? ?( Das kann ich kaum glauben.
    Kann es außerdem sein, dass man bei deiner Erziehung eine Menge Schönfärberei betrieben hat? Dafür gäbe es -wie so oft Kindern gegenüber- vielleicht Gründe, die du mal erfragen könntest...



    Zitat

    Ich wurde erzogen von Lügnern in einer Lügenwelt mit Lügenwerten.


    Ooch, du bist also ganz ohne -kritische(!)- Menschen, Filme, Bücher, Zeitungen aufgewachsen? Mitten in Köln? Bist du vielleicht ein gänzlich isoliertes Sektenkind?? 8o



    Zitat

    Und da bin ich anscheinend heutzutage nicht der einzige, der so denkt, der immer wieder aufwachen muss um sich neu zu orientieren.


    Jo, das hat ein kritischer Verstand so an sich. Gratuliere!! :thumbsup:



    Zitat

    Naja und was die Privatsphäre betrifft, das Thema hatten wir bereits zur Genüge in letzter Zeit, oder nicht? Ich glaube zu Spähaffären und Facebook-Prostitution muss ich nicht mehr viel sagen :)


    Deine Meinung dazu hast du klar gemacht. Aber meine Frage war ja nicht, wie ihr über z.B. Spähaffairen und Schnüffelpolitik denkt, sondern wieso 'man' für seine Werte nicht (mehr) offen einsteht.8)


    Zitat

    Sag du mir lieber, woran ich mich festhalten kann ^^


    Die 'Goldene Regel' ist schon mal ein prima Haltegriff, aber ich eigne mich so schlecht als Guru...;)


    @Katharina
    Auf Berufsverbot und Radikalenerlass habe ich in einem bestimmtem Zusammenhang und begründet Bezug genommen (siehe obige Beiträge). Ich halte es in diesem Thread für nicht zielführend zum wiederholten Mal zu bestätigen, dass der Begriff eine Vereinfachung (deine Wortwahl: "Unsinn" ) und nicht juristisch zu verstehen ist, die geübte Praxis allerdings de facto auf ein Verbot hinaus lief, den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte beschäftigte und die Vokabel 'Berufsverbot' als Kennzeichnung einer bestimmten deutschen Verfahrensweise sowohl ins Englische als auch ins Französische übernommen wurde.
    Vielleicht könnten wir das Thema separat diskutieren.
    :)

  • Ich geb' mal den Guru... ^^


  • Heinz: Welche "Staatsideologie" wird den Schülern denn eingetrichtert? Kannst du das mal konkretisieren?

    Naja unsere halt. Keine Ahnung welchen Namen ich ihr geben sollte, aber das was gerade halt zeitgemäß ist in unserem Land. Teilweise auch davon abhängig, wer gerade an der Regierung.


    Nein. Dieses ganze "Müssen" ist nötig damit ein Staat bzw. eine Gesellschaft überhaupt funktioniert. Diesem "Müssen" stehen auf der anderen Seite Rechte gegenüber.

    Mein Problem ist aber, daß dieses "Müssen" nicht vermittelt wird. Man kann doch einem Volljährigen noch sagen, daß er lernen muss, wenn man ihm auf Nachfrage nicht die gesellschaftliche Notwendigkeit dieses Lernens erklärt. Es wird immer noch zu oft erwartet etwas zu müssen, nur weil es eine Authorität befielt. Passt so etwas noch in unseren Zeitgeist? Wenn Lehrer unfähig sind einem volljährigen Schüler oder Studenten die Funktionsweise unserer Gesellschaft zu erläutern, dann sollten sie auch nicht vom "Müssen" sprechen.



    Es gab/gibt eine Altersbeschränkung. Hältst du das für falsch?

    Grundsätzlich nicht. Höchstens halte ich sie für zu hoch :)


    Sagt wer?

    Es gibt zahlreiche Studien aus den letzten paar Jahren, die das belegen. Selbst das viel beachtete KFN Hannover hat irgendwann seine ursprüngliche These, daß Gewaltspiele zu mehr Gewalt führen würden, widerrufen müssen, weil sie keinen einzigen Beweis dafür finden konnten.


    Ich sehe das mehr als Ergebnis äußerst erfolgreicher Geschäftspolitik der Macher und Lobbyisten.

    Das mag auch eine Seite der Medaille sein. Einigen wir uns doch darauf, daß es eine Mischung aus gesellschaftlicher Akzeptanz und Lobbyismus ist :)


    Du widersprichst hier deiner These, brutale Videospiele böten erfolgreich^^ Aggressionsabbau, bzw. -sublimierung.

    Inwiefern widerspreche ihr denn? Das musst du mir mal genauer erklären.


    Eigentlich sind Hooligans nicht unbedingt die klassischen Konsumenten von Gewaltmedien. Normalerweise werden solche Medien eher von Mittelschichtskindern konsumiert, da man dafür schon eine dementsprechend kostspielige, elektronische Ausrüstung braucht. Die kann sich nicht jeder Haushalt leisten.


    Reale Gewalt hingegen findet eher in den unteren Schichten statt.


    Ich kann auch aus eigener Erfahrung berichten, daß es im Bezug auf Gewaltspiele noch nie zu einer gewalttätigen Auseinandersetzung gekommen ist. Früher, wo sie noch in waren, habe ich an vielen Lanparties teilgenommen. Heute besuche ich, sofern es möglich ist, eSport-Wettbewerbe. Bei beiden Ereignissen stehen Gewaltspiele im Fokus, die mit Wettbewerbsgedanken gegeneinander ausgetragen werden. Das sich deswegen mal jemand geprügelt hat habe ich noch nie mitbekommen. Sowas habe ich noch nicht einmal in den szene-bezogenen Nachrichten lesen können. Und auch auf solchen Veranstaltungen wird Alkohol gesoffen.
    Nerds sind vielleicht Arschlöcher mit einer viel zu großen Fresse, aber sie sind keinesfalls gewalttätig, wohlwissend das sie bei einer physischen Auseinandersetzung sowieso fast immer den kürzeren ziehen werden :)



    Das kann man auch so ausdrücken: Die Brutalisierung, auch die Abstumpfung nimmt zu.

    Ja das kann man. Was willst du mir damit sagen? Ist das etwa jetzt irgendwie schlimm?


    Dann hat man dich -vielleicht im guten Glauben, dich schützen zu wollen- falsch informiert.

    lol ja, der gute Glaube. Die wollten nur nicht mich beschützen, die wollten sich selber beschützen.

    Genau hier setzt aber meine Frage nach Ethik und Moral an.
    Auch im Wissen um deutsche Vergangenheit, die ich nicht sonderlich friedfertig finde: Ich habe bisher weder gemordet noch geplündert, auch keine Regierung mit dem Töten beauftragt - du?
    Veröffentlichte Umfragen haben bislang deutliche Ablehnung der Auslandseinsätze deutscher Soldaten dokumentiert.

    Ich habe den Afghanistaneinsatz auch abgelehnt, trotzdem hat meine Regierung Soldaten dorthin geschickt um in meinem Namen zu kämpfen. Eine reine Ablehnung des Einsatzes verhindert den Einsatz nicht. Dafür hätten wir aus der NATO austreten müssen. Ich denke da hatte das deutsche Volk aber zu viele eigennützige Interessen, um so einen Schritt zu fordern. Für diese Konsequenz wurde nämlich nicht demonstriert. Da ist es doch praktischer man erhält das Bündnis mitsamt seinen Vorteilen, schickt ein paar Soldaten nach Afghanistan und zuhause kann man dann behaupten, daß man eigentlich dagegen gewesen sei. Demokratische Bigotterie, aber Politiker sind nunmal die Arschlöcher eines jeden demokratischen Volkes :)


    Ooch, du bist also ganz ohne -kritische(!)- Menschen, Filme, Bücher, Zeitungen aufgewachsen? Mitten in Köln? Bist du vielleicht ein gänzlich isoliertes Sektenkind?? 8o

    Das sicher nicht :)


    Aber auch die meisten Kritiker entpuppten sich hinterher als Lügner. Eine freie Gesellschaft und auch freies Wissen beseitigt keine Lügen, sondern erhöht sogar deren Anzahl. Es gibt nicht mehr die eine große Lüge, sondern die ganzen kleinen Lügen, die ein jeder sich ausdenkt. Wenn man aus diesen Lügen erwacht ist der Schock zwar bei weitem nicht mehr so groß, aber dafür ist man natürlich umso häufiger schockiert ^^


    Deine Meinung dazu hast du klar gemacht. Aber meine Frage war ja nicht, wie ihr über z.B. Spähaffairen und Schnüffelpolitik denkt, sondern wieso 'man' für seine Werte nicht (mehr) offen einsteht.8)

    Das habe ich damit versucht zu vermitteln. Die Spähaffäre war trotz allem Pessimismus immer noch ein Schock. Gerade für solche, die immer noch sehr freundlich gegenüber den USA gestimmt waren und dieses Land als Hort der Freiheit feierten, war der Schock besonders groß. Schau dir doch die Gesichter von Friedrich und Pofalla, jene die die Affäre als Antiamerikanismus diffamierten und für beendet erklärten, an, nachdem sie erfahren haben, daß auch Mutti abgehört wird. Da sieht man die reinste Enttäuschung. Ihre Wertvorstellung wurde an jenem Tage zerstört. So auch meine.


    Ich habe ideologisch immer darauf hingearbeitet die Spionage aus der Welt zu schaffen, eine offenere, ehrlichere und geheimnislosere Welt zu gestalten. Nach der Spionageaffäre weiß ich, daß dies nicht so möglich sein wird, wie ich mir das vorgestellt habe. Ich bemühe mich nun das unter den gegebenen Umständen pragmatischer zu sein. Ich habe mal wieder meine Werte verloren und muss mir nun neue schaffen. Welche das sein werden, weiß ich jetzt ja noch garnicht so genau. Ich weiß garnicht wofür ich genau sein soll. Ist es nun besser Snowden Asyl zu gewähren oder nicht? Keinen Schimmer! Ich traue mich momentan nicht wirklich mich darauf festzulegen. Ich habe in diesem Kontext nichts mehr wofür ich offen einstehen kann.


    Und selbst wenn ich sowas wieder hätte, so weiß ich jetzt schon, daß diese meine Überzeugung keine lange Haltbarkeit haben wird.

  • Und noch was zur goldenen Regel: Selbst diese funktioniert nicht. Jeder Mensch formuliert nach seinem subjektiven Empfinden eine eigene Moral. Ein Masochist, der auf Schmerzen steht, darf nach der goldenen Regel auch jedem anderen Menschen Schmerzen zufügen. Ein Suizidgefährdeter darf danach andere Menschen töten, um sich die Hoffnung zu erfüllen, daß sie ihn auch töten.


    Das bestmögliche Zusammenleben möglichst vieler Menschen kann nur dadurch gewährt werden, daß man konsensorientierte Regeln erstellt und die notfalls mit Gewalt durchsetzt. Sowas nennt man dann Gesetze.


    Beides hilft mir nun auch nicht wirklich Werte zu finden :)

  • Es gibt zahlreiche Studien aus den letzten paar Jahren, die das belegen. Selbst das viel beachtete KFN Hannover hat irgendwann seine ursprüngliche These, daß Gewaltspiele zu mehr Gewalt führen würden, widerrufen müssen, weil sie keinen einzigen Beweis dafür finden konnten.


    Nenn mir einfach mal zwei oder drei, bitte!
    Ich habe nämlich -trotz längerer Suche- nicht eine gefunden, die aktuell ist und eindeutig deine These belegt.



    Zitat

    Wenn ich erlebe, wie sich am Wochenende Betrunkene in der Innenstadt die Fresse blutig schlagen, wenn sich Gruppen zusammenraufen um jemanden feige kaputtzutreten, dann weiß ich das wir noch viel an unseren Werten zu arbeiten haben.[....]
    Normalerweise werden solche Medien eher von Mittelschichtskindern konsumiert, da man dafür schon eine dementsprechend kostspielige, elektronische Ausrüstung braucht. Die kann sich nicht jeder Haushalt leisten.


    ...bezog sich doch nicht (nur) auf Hooligans. Also, was ist dann mit den Prüglern aus 'gutem Hause' mit flottem Videokonsum?



    lol ja, der gute Glaube. Die wollten nur nicht mich beschützen, die wollten sich selber beschützen.


    Das muss man dir jetzt so abnehmen, obwohl ich mir nicht vorstellen kann, dass du selber ein Dötzchen nicht vor Brutalität und Gewalteindrücken schützen würdest.




    Für diese Konsequenz wurde nämlich nicht demonstriert. Da ist es doch praktischer man erhält das Bündnis mitsamt seinen Vorteilen, schickt ein paar Soldaten nach Afghanistan und zuhause kann man dann behaupten, daß man eigentlich dagegen gewesen sei.


    Jaaaa!!! So langsam verstehen wir uns. Und genau da sind wir bei meiner Eingangskritik.... :)




    Ich habe mal wieder meine Werte verloren und muss mir nun neue schaffen.


    Hää?
    Wenn du feststellst, betrogen worden zu sein, änderst du deine Werteskala - statt den Betrug anzuprangern und dich zu wehren?


    Aber auch die meisten Kritiker entpuppten sich hinterher als Lügner. Eine freie Gesellschaft und auch freies Wissen beseitigt keine Lügen, sondern erhöht sogar deren Anzahl. Es gibt nicht mehr die eine große Lüge, sondern die ganzen kleinen Lügen, die ein jeder sich ausdenkt.


    Das ist mir zu nebelig. Kannst du konkreter werden, damit man erkennt, was du unter 'Lüge' verstehst?! Du hast dich doch auch schon geirrt, denk' ich mal. Oder ein Sachverhalt stellt sich später als falsch beurteilt heraus. Fasst du das dann unter 'Lüge'??


    Ein Masochist, der auf Schmerzen steht, darf nach der goldenen Regel auch jedem anderen Menschen Schmerzen zufügen. Ein Suizidgefährdeter darf danach andere Menschen töten, um sich die Hoffnung zu erfüllen, daß sie ihn auch töten.


    Da hast du aber ne hübsche Pirouette gedreht.;)
    Ein passiver, Schmerzen als Lust empfindender Masochist kommt kaum auf die Idee, aktiv zu werden und seinerseits zu quälen. Schon eher kommt ein Mensch, der sich selber tötet
    auf den Gedanken, andere 'mitzunehmen' und seine Autoaggression auf Dritte auszudehnen. Der gelegentlich beobachtete Fall des sogenannten 'Erweiterten Suizid'. Hat aber nix mit der 'Goldenen Regel' zu tun.




    ...hilft mir nun auch nicht wirklich Werte zu finden.

    Auweia, du Armer!
    Da sind sich seit Jahrtausenden kluge Köpfe in den unterschiedlichsten Regionen der Erde im Wesentlichen einig, was die Basis ist und wie es fluppen sollte/könnte, und du siehst dich immer noch allein auf weiter Flur. ;(


    ronrosstoday.com
    :P ;)

  • Nenn mir einfach mal zwei oder drei, bitte!
    Ich habe nämlich -trotz längerer Suche- nicht eine gefunden, die aktuell ist und eindeutig deine These belegt.

    Ganz aktuell kenn ich jetzt auch keine Studie. Die meisten Studien dazu entstanden in der Zeit nach dem Columbine-Massaker und anderen Amokläufen, vor allem in den USA und Deutschland. Die meisten Studien dazu stammten auch von amerikanischen Instituten, sind also auf englisch.


    Zum KFN-Hannover kann ich zumindest folgende empfehlen: http://kfn.de/versions/kfn/assets/fob109.pdf


    Die stammt noch von 2010. Die Debatte um Videospielgewalt ist aber seit Jahren schon abgeklungen. Der Aufklärung wurde anscheinend genüge getan und jetzt interessiert sich niemand mehr dafür.


    ...bezog sich doch nicht (nur) auf Hooligans. Also, was ist dann mit den Prüglern aus 'gutem Hause' mit flottem Videokonsum?

    Ich versteh nicht genau worauf du hinaus willst. Natürlich neigen auch wohlhabendere Kinder zur Gewalt, auch wenn sie Gewaltmedien konsumieren. Wären diese Gewaltmedien allerdings die Ursache für die Gewalt, wären die ja alle gewalttätig und nicht nur ausnahmsweise.


    Das muss man dir jetzt so abnehmen, obwohl ich mir nicht vorstellen kann, dass du selber ein Dötzchen nicht vor Brutalität und Gewalteindrücken schützen würdest.

    Um diesen Schutz ging es auch nicht. Als man uns damals die Gewaltspiele verbieten wollte ging ich schon davon aus, daß man es ernst meinte mit der Angst davor, daß wir alle als Amokläufer enden werden.
    Wovor wir allerdings auch alle beschützt wurden ist von den Sünden unserer Eltern und anderen Vorfahren zu erfahren. Gut, da gab es diesen Nationalsozialismus. Der war zu groß um verschwiegen werden zu können. Alles andere spielt man aber gerne herunter bzw. wird tabuisiert.


    Viele Fragen von einst wurden immer mit pauschalen Antworten abgekanzelt: Darum! Deshalb! Das verstehst du erst, wenn du groß bist!


    Schön. Als ich groß war änderten sich die Antworten allerdings kaum: Keine Ahnung! Leck mich! Wenn du das jetzt immer noch nicht kapiert hast, kann ich dir auch nicht mehr helfen!


    Wenn ich mich außerhalb des Internets mit Erwachsenen über Politik u.ä. unterhalte enden die Diskussionen meistens mit Beleidigungen gegen mich. WAs soll ich davon schon halten?
    Erst durch euch habe ich erlebt, daß es auch anders gehen kann :)



    Hää?
    Wenn du feststellst, betrogen worden zu sein, änderst du deine Werteskala - statt den Betrug anzuprangern und dich zu wehren?

    Ich bin nicht von einer Einzelperson betrogen worden, sondern von fast allen. Ich wehre mich schon genug dagegen, oder glaubst du meine Misanthropie ist nur ein Gimmick? Du kannst dir vorstellen, daß es auch nicht gerade ein Zuckerschlecken ist, wenn man gegen Mehrheiten ankämpfen muss :D


    Ich teile jedenfalls nicht deren Werte. Ein paar Ausnahmen vielleicht noch, aber auch die werden weniger, je mehr ich an Wissen mir aneigne.


    Andererseits sehe ich auch gar keinen Sinn mehr darin dauerhafte Werte zu etablieren.


    Das ist mir zu nebelig. Kannst du konkreter werden, damit man erkennt, was du unter 'Lüge' verstehst?! Du hast dich doch auch schon geirrt, denk' ich mal. Oder ein Sachverhalt stellt sich später als falsch beurteilt heraus. Fasst du das dann unter 'Lüge'??

    Klar, warum nicht? Die Wahrheit habe ich dann jedenfalls nicht kundgetan ^^


    Jeder Mensch ist ein Lügner. Es wäre vermessen zu behaupten, ich sei als einziger keiner. Habe auch soweit kein Problem damit. Aber bewusst lügen erzählen? Nicht einmal zugeben können, daß man lügt? Sich nicht von einer Lüge abbringen lassen? Das ist auch etwas was fast alle Menschen teilen, ich aber hoffentlich nicht. Vorallem nervt es mich, wenn einem diese kollektiven Lügen aufgetischt werden.



    Ein passiver, Schmerzen als Lust empfindender Masochist kommt kaum auf die Idee, aktiv zu werden und seinerseits zu quälen. Schon eher kommt ein Mensch, der sich selber tötet auf den Gedanken, andere 'mitzunehmen' und seine Autoaggression auf Dritte auszudehnen. Der gelegentlich beobachtete Fall des sogenannten 'Erweiterten Suizid'. Hat aber nix mit der 'Goldenen Regel' zu tun.

    Doch, in einer Hinsicht schon. Es verstößt nicht gegen diese Regel.


    Auweia, du Armer!
    Da sind sich seit Jahrtausenden kluge Köpfe in den unterschiedlichsten Regionen der Erde im Wesentlichen einig, was die Basis ist und wie es fluppen sollte/könnte, und du siehst dich immer noch allein auf weiter Flur. ;(

    Hey, diese klugen Köpfe sind auch meistens einsam und alleine ^^


    Aber in diesem Fall ist das anders. Ich fühle mich nicht alleine. Nur in einer krassen, verachteten Minderheit. Darum ging es doch hier. Du hast gefragt, warum niemand auf die Straße geht. Ich habe lediglich stellvertretend für diese Demonstrationsverweigerer und Shitstormer gesprochen, weil ich mich selber als einer von denen sehe. Wenn du mein subjektives Empfinden unzureichend findest, musst du schon jemand anderen fragen :)

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