Können von Geburt an Blinde träumen wie wir?

  • Das ist eine interessante Frage aus einem anderen Forum. Ich habe die Frage hier hergeholt, weil ich denke, dass sie interessant ist. Es kann einem beim Nachdenken darüber fast schon schwindelig werden. Was träumt so ein Mensch? Kann er von einer Blumenwiese träumen, obwohl er ja nicht weiß, wie so etwas aussieht?

  • Meine Meinung dazu:
    Ich denke nicht, dass sie träumen, wie die Sehenden. Ich bezweifel auch, dass das Gehirn schon weiß, wie etwas aussieht. Woher soll das Gehirn das denn wissen? Alles, was das Gehirn an Bildern produziert, sind gespeicherte Werte, Erfahrungen, wie etwas auszusehen hat. Und damit kann man Dinge in die Träume projizieren. Ein Gehirn, welches nie Erfahrungen gesammelt hat, was soll es denn wiedergeben. Wie soll es einen Alptraum wiedergeben, in dem man läuft, aber nicht von der Stelle kommt. Oder unter Wasser atmen, wenn man nicht weiß, dass das normalerweise nicht funktioniert. Nein, ich glaube nicht, dass ein solcher Mensch irgendetwas träumt, was mit unseren Träumen vergleichbar ist. Vielleicht ist ein Traum eines "Berufsblinden" voller Farben, helle Farben machen froh, dunkle bedrücken. Ich weiß es nicht.

  • Ja ich kann mir das vorstellen, dass sie träumen. Sehen ist nur eine von mehreren Sinneserfahrungen. Ein Traum besteht nicht nur aus Bildern, sondern auch aus Gefühlen und anderen Sinneseindrücken. Wenn ich träume, dass ich schnell renne, sehe ich mich meist nicht rennen, sondern erinnere auch das Körpergefühl des Rennens, die Bewegung der Beine, das Gefühl Boden zu berühren oder ins Leere zu treten. Sicher unterschieden sich die Träume blinder Menschen von denen Sehender, aber ihre Eindrücke werden sie im Schlaf genauso wiederholend träumen können wie wir.


    Sachichmalosvormichhinohnewikibibelnzuwälzen

  • Ein Gehirn, welches nie Erfahrungen gesammelt hat, was soll es denn wiedergeben. Wie soll es einen Alptraum wiedergeben, in dem man läuft, aber nicht von der Stelle kommt. Oder unter Wasser atmen, wenn man nicht weiß, dass das normalerweise nicht funktioniert.

    Warum sollte ein Mensch, dessen Tast- und Gehörsinn sicher erheblich empfindsamer arbeiten als bei Sehenden nicht diese Töne und Tasterfahrungen in seinen Träumen verarbeiten?
    Auf der Stelle zu laufen ohne voran zu kommen ist keine Erfahrung, die nur ein Sehender haben kann.
    Der Blinde spürt den immer gleichen Untergrund und hört die immer gleichen Geräusche gleichbleibender Lautstärke aus immer gleicher Richtung und erfährt so seinen 'Stillstand'.
    Die Kakophonie des Verkehrslärms unterscheidet sich für ihn deutlich von der relativen Ruhe eines Parks oder dem Plätschern bzw. Brausen von Wasser.
    So wird er seinerseits 'Bilder' in seinem Kopf assoziieren.
    Die Erfahrung des Tauchens und vergeblichen Atmens unter Wasser ist nicht an den Sehsinn gekoppelt, hier kommen wir Kiemenlosen mit und ohne funktionierende Augen schlecht weg...
    ;(.Den Weg nach oben zur Wasseroberfläche kann auch der Blinde mithilfe von Sicherungsleinen finden lernen.

    Wie weit sich 'Blindenträume' von der für uns sichtbaren 'Realität' unterscheiden, wirst du allerdings nur im direkten Gespräch mit Blinden erfahren können.
    :)

  • Sehen ist die intensivste Sinneserfahrung für einen Menschen. Das Sehorgan wird im bewussten Zustand ständig belastet, sammelt manigfaltige Informationen, die in unserem Gehirn verarbeitet werden. Deswegen schliessen wir auch die Augen, wenn wir uns entspannen wollen, halten uns aber nicht die Ohren oder die Nase zu.
    Für einen Geburtsblinden haben sich dafür andere Sinnesorgane herausgebildet. So gut wie ein normaler Menschen sehen kann, kann ein Berufsblinder eben Hören, Riechen oder Tasten. Er wird seine Gedankenwelt also zB hauptsächlich über Geräusche interpretieren und in seinem Verstand darstellen. Genauso wie wir es mit Bildern machen. In Träumen wird es ähnlich sein. Für den Blinden dürfte das genauso wenig ein Problem wie für uns. So detailreich wie wir Bilder wahrnehmen, genauso detailreich nimmt er auch Geräusche wahr. Die Feinheiten im Ton sind für ihn viel einfacher zu erkennen, das Gehirn ist von Geburt an auf diese Sinneseindrücke stimuliert worden. Vorstellbar sind diese Träume für einen Nichtblinden natürlich nur oberflächlich :)

  • Sehen ist die intensivste Sinneserfahrung für einen Menschen. Das Sehorgan wird im bewussten Zustand ständig belastet, sammelt manigfaltige Informationen, die in unserem Gehirn verarbeitet werden. Deswegen schliessen wir auch die Augen, wenn wir uns entspannen wollen, halten uns aber nicht die Ohren oder die Nase zu.

    Klingt auf den ersten Blick logisch, trotzdem zweifle ich daran ... ohne jetzt zu recherchieren.


    Wenn ich mich entspannen oder konzentrieren will, sage ich: Jetzt brauch ich meine Ruhe! Es hilft gar nicht, die Augen zu schließen, wenn die Ohren noch zugedröhnt werden.


    Schon im Mutterleib hört der Mensch. Zufall? Im Mutterleib macht der Mensch auch die ersten haptischen Erfahrungen. Die Haut ist nicht nur das größte menschliche Sinnesorgan, sondern sein größtes Organ überhaupt.


    Man sagt schon mal: Guck mich nicht so an, wenn man sich gestört fühlt ... Fass mich nicht an! hat aber eine ganz andere Qualität.


    Für mich ist der Geruchssinn intensiver im Sinne von nachhaltiger, als die Optik. Ob etwas vor zwanzig Jahren so ausgesehen hat wie heute, würde ich nie "beschwören" ... aber wenn etwas so gerochen hat, dann erinnere ich mich. Möglicherweise auch an einen Ort, da spielt dann das optische System schon eine Rolle.


    An Orte erinnern sich aber sicher auch blinde Menschen ... eventuell viel genauer als Sehende. Auf Blinde stürzt nichts ein, was sie flüchtig wahrnehmen. Sie hören und erfühlen, ganz bewusst und aktiv.

    Zumindest die Werbebranche hat erkannt, dass man den Kunden nicht nur mit schönen Bildern einfängt -und mit verschrumpelten Radieschen verschreckt. Die "sieht" der Blinde auch. Es geht längst um die "richtige" Musik und die Olfatorik: Ohren und Nase.


    Möglicherweise braucht man die Augen ja wirklich nur zum Auto fahren ... und dazu, um im Internet seinen Senf dazugeben zu können *schmunzel

  • Ich sage nicht, daß man andere Sinne nicht auch stimulieren kann. Kein menschlicher Sinn ist allerdings so präzise wie das Sehen. Akkustik, Gerüche, Tasterfahrungen sind für uns viel schwieriger zu unterscheiden als Bilder. Ein Duft muss schon sehr markant sein, damit man sich ihn einprägen kann. Eine Berührung ist intensiv, aber austauschbar. Wenn dir jemand von hinten den Nacken streichelt, weißt du garantiert nicht, wer das ist, wenn du nicht auch deine Ohren oder Augen benutzen kannst. Der Wind, der über die Haut weht, fühlt sich auch immer gleich an, egal an welchem Ort man sich aufhält. Akkustik ist für uns schon etwas komplexer wahrnehmbar, aber ich behaupte mal, daß man einen Menschen trotzdem eher an seinem Gesicht erkennt wie an seiner Stimme.


    Das die Werbeindustrie, und auch sonstige Medien, gerne auf die psychologisch beeinflussende Kraft der Musik setzen beweist mir eher noch meine These. Es ist leichter das Unterbewusstsein mit Akkustik zu beeinflussen als mit Bildern, weil der Mensch sich schwieriger tut Akkustiv zu differenzieren. Simple Töne reichen aus um den Menschen in eine Stimmungslage zu versetzen. Bei Bildern muss man schon sehr viel mehr Aufwand betreiben. Unsere Erfahrungen mit dem Optischen sind weitaus vielfältiger. Die Medienindustrie würde noch effektivere Wirkungen erzielen würde sie genauso Gerüche oder Berührungen übertragen. Das sie dies nicht tuen liegt einzig und allein daran, daß dafür die nötige Technologie fehlt bzw. es momentan einfach zu teuer wäre. Wobei sowas, zumindest was Gerüche angeht, in Supermärkten bereits eingesetzt wird.

  • Schon klar, das Auge ist unbestechlich :D


    Erzähl mir, was du auf dem "Bild" siehst und ich sage dir, wo deine Phantasie dir einen Streich gespielt hat ... falls du das Beispiel nicht schon kennst.


    Ich denke, nur die Sehenden messen der Sehkraft eine überragende Bedeutung zu. Die Macht der Gewohnheit.



  • Also mir spielt so schnell keiner einen Streich, nicht einmal meine Phantasie. :P


    Ich kenne das bild nicht, betrachte es heute zum ersten Mal.


    ich sehe eine Katze auf dem Fenstersims. Oben eine Blumenvase und Flasche auf dem Bord. Dann eine Art Sektglas, davor haengen Struempfe, Schluepfer links und rechts noch so ein Textilteil. Und den Vorhang links natuerlich auch. dh. dahinter befindet sich eine weisse Wand. Wer mehr sieht, soll es mir sagen.


    sicherlich ist es geschickt gezeichnet, aber ein Lama faellt darauf nicht rein :D 8)

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