Knast

  • | 11.05.2012 | 15.18 | ing.lambertz



    Ein Gefängnisarzt berichtet


    Nach einem Bericht des KStA endete jetzt vor dem Kölner Landgericht der Prozess gegen einen Tunesier mit einem Freispruch. Der Mann war des versuchten Mordes angeklagt und saß seit Juli 2011 in U-Haft. Unschuldig !! Das Buch Knast von Joe Bausch lässt mich erahnen, was der Mann erlitten haben muss. Reicht in so einem Fall die ihm gesetzlich zustehende Haftentschädigung als Wiedergutmachung aus ? Für diesen Alptraum und eine möglicherweise vernichtete Existenz ?


    Joe Bausch, auch bekannt als Schauspieler in der Fernsehserie Tatort, ist seit über 25 Jahren Gefängnisarzt in der Justizvollzugsanstalt Werl. Er gibt dem Leser ein eindringliches Bild von den Bedingungen, unter denen die Insassen eines Gefängnisses leben müssen. Strafgefangene, Untersuchungshäftlinge, Sicherungsverwahrte,…


    Leben müssen !!!, denn Selbstbestimmung ist mit dem Wegschließen hinter Gefängnismauern auf ein Minimum reduziert. Ein Häftling ist stets begleitet von Wärtern, die Türen für ihn aufschließen und hinter ihm wieder zuschließen. Die Tür zu seiner Zelle, hat innen keine Klinke. Er selber kann sie nicht öffnen, kann nicht durch das Guckloch nach außen in den Gang blicken. Er wird beobachtet, geholt und gebracht. Er ist fast absolut fremdbestimmt.


    Das Leben dort kann ein Kampf um’s Überleben sein. Nicht jeder kommt mit den Bedingungen meist jahrelanger Haft zurecht. Die Selbstmordrate ist trotz aller Vorkehrungen hoch. Nicht immer kann der Mensch dort von den Wärtern vor sich selbst oder aber auch vor den Mithäftlingen geschützt werden.


    Wie muss einem Mann zumute sein, der von einem auf den anderen Tag einer Tat beschuldigt wird, die er vor 28 !!! Jahren begangen haben soll und deshalb für Monate in U-Haft genommen wird ?


    Welch‘ eine traumatische Erfahrung. Welche Ängste wird er in den Monaten seines Aufenthalts im Gefängnis gehabt haben ? Zumal als Ausländer, der er ja immer noch ist, auch nach 40 Jahren Leben in Deutschland.


    Jetzt wurde er als nichtschuldig frei gesprochen.


    Ja, doch, Haftentschädigung steht ihm zu und erhält er. Aber das Leben des Mannes könnte durch diese traumatischen Erfahrungen auch irreparabel geschädigt sein. Reichen da knapp € 7.000 (wie ich ungefähr berechne) aus, Ängste und Vermögensverluste auszugleichen?. Verluste im Übrigen, die je nach Einkommen des Mannes wesentlich höher sein könnten, als der Betrag der Entschädigung. Die Existenz könnte auch zerstört sein. Trotz des Trostpflasters.


    Der Satz für eine unschuldig abgeleistete Haftstrafe scheint mir mit € 25,--/Tag viel zu niedrig zu sein. Je nachdem, kann jemand für den Rest seines Lebens ruiniert und hoch verschuldet sein.


    Fehler passieren immer und jedem. Dennoch darf die Frage gestellt werden, ob die Ermittler, Staatsanwalt und Haftrichter genügend ab gewägt haben, bevor sie dem Beschuldigten die Freiheit nahmen. Nach den Vorfällen um das Attentat in der Keupstraße darf man auch fragen, ob für ihr Handeln nicht auch eine Rolle spielte, das der Mann ein Ausländer ist, ein Tunesier. Kurz, ob nicht, wenn schon nicht Fremdenfeindlichkeit, so doch auch Vorurteile zu der Verhaftung geführt haben.


    Jedenfalls hat für mich durch die Lektüre des Buches Haft von Joe Bausch der Gedanke an eine Haftstrafe an Schrecken gewonnen. Dieser ausführliche Bericht eines Mannes, der die Zustände hinter Gefängnismauern durch langjährige Erfahrung sicher kennt wie kaum ein anderer und in der Lage ist diese auch für Außenstehende begreifbar zu beschreiben.


    Also: Wer nicht eingesperrt werden will, lese dieses Buch. Es regt an, sich so zu verhalten, dass man nicht straffällig wird und hinter Gittern wandert.


    Lemm(y)i – Unschuldslamm


    Der Text wurde mit Einwilligung des Autors, aber nicht von ihm selbst hier eingestellt.

  • Ich habe im Beitrag von Lambertz, den er nicht selbst hier eingestellt hat, einen Hinweis eingefügt. So geht es für mich dann grade noch.


    Bitte in Zukunft auch autorisierte Verschiebungen als solche eindeutig kenntlich machen.

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