Ach, Demokratie? Tatsächlich? Und die Würde des Menschen ist unantastbar? Na gut… wenn es so ist… dann bleibt nur noch übrig zu definieren, wer in dieser Demokratie als Mensch eingestuft wird und wer zu den rechtlosen und würdelosen Schmarotzern gehört.
Und was wäre uns Schmarotzern so alles zu zumuten?
Im Juli hat es in unserem Haus (oder, nennen wir mal die Sache bei dem Namen, in unserem sozialen Ghetto) gebrannt. Ein Nachbarn hat sich bis zum geht nicht mehr gesoffen und mit der angezündeten Zigarette eingeschlafen. Die menschliche Opfern
gab es nicht (außer einigen Verletzungen hin und da… aber alles heilbar und halbwegs so schlimm), allerdings ist seine Wohnung komplett ausgebrannt und nicht mehr bewohnbar. Die andere Wohnungen sind nicht betroffen, aber das Treppenhaus sieht wie nach einem Bombenanschlag aus und einige Balkonen(z.B. mein) sind bzw. waren auch völlig zerstört.
Ein paar Wochen danach, als alles mit Versicherung und Gutachten geregelt wurde, kamen die Bauarbeiter und fingen damit an, die entsprechenden Arbeiten durchzuführen. Binnen des nächsten Monats war im Haus die Hölle los. Von morgens bis abends unbeschreiblicher Lärm, stinkende Farben und Kleber und was so alles dazu gehört. Plötzlich wurden die Arbeiten abgebrochen
und es läuft fast nichts weiter außer dass ab und zu jemand erscheint und irgendwelche Kleinigkeit erledigt. Die verbrannte Wohnung ist jetzt halbwegs fertig, die Balkone sind fast fertig (allerdings noch nicht eingezäunt, so dass es z.B. die Möglichkeit gibt, von den fremden Balkonen problemlos mein Balkon zu erreichen… was ja auch genutzt wird… aber dazu später). Das Treppenhaus sieht nach wie vor wie nach einem Bombenanschlag aus. Es wurde da ein wenig was verbessert, aber eben nicht viel.
Nun, ich hatte schon längst vor, aus diesem Haus und aus dieser Stadt wegzuziehen. Ich wollte ja nie in dieser Stadt und in diesem Haus sein, aber ich wurde vor einigen Jahren durch Familienumstände dazu gezwungen, nach diese Stadt umzuziehen. Und diese Wohnung habe ich genommen, weil alles andere zu teuer wäre.
Die Familienumstände, denen ich damals ausgeliefert wurde, gibt es nicht mehr, und insofern gibt es für mich auch kein Grund, hier zu bleiben. Ich habe in den letzten paar Jahren schon öfters versucht, eine andere Wohnung zu finden, aber mit Hartz VI hat man
dabei gewisse Schwierigkeiten, weil man sich nicht jede Wohnung finanzieren kann, und wenn man doch so eine Wohnung findet, die finanzierbar ist, dann gibt es da zig andere Bewerber. Und dass ich die Wohnung in den anderen Städten gesucht habe, machte die Sache natürlich noch komplizierter, denn man hat ja einfach kein Geld, zu allen Besichtigungsterminen zu erscheinen… und so werden die Chancen noch geringer. So habe ich mal die Suche nach der Wohnung für eine Zeitweile aufgegeben, weil ich
kein Geld mehr dafür hatte, dafür aber die gesundheitlich Probleme, die mir die letzte Kraft weggenommen haben.
Nun, der Brand im Haus und der ganze Chaos danach haben mich wieder dazu bewegt, wieder eine andere Wohnung zu suchen. Diesmal habe ich mich für Berlin entschieden. Die Entscheidung hing mit meinen beruflichen Vorhaben zusammen… aber das hat jetzt mit dem Thema nichts zu tun.
Nun, diesmal gab es nicht nur mein Wunsch, umzuziehen, sondern auch die Notwendigkeit, denn es ist unwürdig und gefährlich für die Gesundheit, unter den gegebenen Umständen in einem halbverbrannten Haus zu wohnen. Zwei Mietparteien sind übrigens aus diesem Grund sofort ausgezogen… aber sie konntenbei den Verwandten eine Unterkunft finden. Und ich habe keine Verwandten hier. Da es, wie gesagt, die Notwendigkeit gibt, eine andere Wohnung zu finden, habe ich mich an die staatliche Behörden gewendet, von denen ich Hartz IV beziehe. Früher habe ich nie das Geld für die Wohnungssuche beantragt, da es eben nur mein Wunsch war, und es war ja klar, dass ich nichts dafür bekomme. Diesmal waren aber die objektiven Umstände so, dass es mir zustand, eine neue Wohnung zu suchen, und daher durfte ich von dem Staat eine finanzielle Hilfe dafür beantragen, z.B. das Geld für Besichtigungstermine. Was ich ja getan habe.
Erst mal wurde ich von meinem Sachbearbeiter einfach ausgelacht und weggeschickt. Es wurde mir ganz klar und deutlich gesagt, dass
ich nichts zu erwarten habe. Nach einigen Tagen rief er mich plötzlich an und meinte, dass mir diese Beihilfe doch gewährt ist. Tja… soweit so gut. Allerdings habe ich mich nicht lange gefreut. Es wurde von mir nämlich verlangt, dass ich alle meine Besichtigungstermine dem Amt mitteile, und zwar BEVOR ich dahin fahre und zwar mit den Tel.-Nummern von den Vermietern. Ach so… alles klar. Nein, ich habe kein Problem damit, meine Termine zu belegen. Es ist mir völlig klar, dass ich das Geld dafür bekomme und dass das Amt auch Recht hat, die Nachweise zu bekommen, dass das Geld zweckgemäß ausgegeben wurde. Das ist in Ordnung. Allerdings würde es völlig ausreichen, wenn ich NACH den Terminen die schriftlichen Bestätigungen von den Vermietern bringe, dass ich dabei war. Das ist nicht nur ausreichend, sondern auch sinngemäß, denn solche schriftlichen Bestätigungen kommen eben in meine Akte und würden als offiziellen Nachweis dienen, wofür das Geld ausgegeben wurde. Mit den Tel.-Nummern kann man aber
nichts anfangen, die sind keinen offiziellen Nachweis, wenn es zu der Aktenkontrolle kommt. Und VOR den Terminen braucht man diese Tel.-Nummern schon überhaupt nicht. Es wurde aber die Gewährung des Geldes für Besichtigungstermine daran festgehängt, dass ich VOR den Terminen die Tel.-Nummern und weitere Daten von den Vermietern mitteile.
Nun, da war mir die Sache, wie gesagt, klar. Diese Spielchen habe ich schon mehrmals durchgemacht, wenn auch in anderen Angelegenheiten (also nicht bei der Wohnungssuche). Das Amt ruft an und erzählt irgendwelche Lügen… z.B. dass es bei mir die Mietschulden gibt oder dass ich ein Alkoholikerin bin oder was auch immer. Und wenn man da beim Termin ankommt, dann wird man so ziemlich merkwürdig angeguckt, es werden Andeutungen gemacht usw. Manchmal wird auch direkt gesagt, dass man so und so erfahren hat und dass man deswegen kein Vertrag mit mir haben will. Irgendwelche Erklärungsversuche, dass diese Informationen gar nicht
stimmen, werden abgelehnt. Wenn einerseits die Behauptung des deutschen Amtes steht und andererseits die Behauptung einer Migrantin, die von Hartz IV lebt, wem würden die brave deutsche Vermieter Ihr Glauben schenken? Eben. Und selbst
wenn dem Amt nicht geglaubt wird, keiner von den Vermietern würde sich mit dem Amt anlegen. Wozu? Für jede Wohnung gibt es ja auch weitere Bewerber.
Es kommt sicherlich die Frage, warum das Amt so etwas tut. Nun, warum mobbt man überhaupt? Warum übt man Machtspielchen aus? Warum missbraucht man Machtpositionen? Warum lebt man seine private oder berufliche Frustrationen an den Menschen aus, die von einem in Abhängigkeit stehen? Eben. Es geschieht ja nicht nur mir und nicht nur in dieser Stadt. Es reicht schon, mal den
Fernsehe anzuschalten, und da kommen reihenweise Reportagen über solche Misshandlungen.
Diese Spielchen sind mir, wie gesagt, gut bekannt, und ich wollte mich selbstverständlich nicht ausleifern. Daher habe ich es versucht, die Sache selbst zu regeln. Ich habe kein Geld von dem Amt genommen, sondern die Sache selbst finanziert. Das Geld für die Bahnkartenhatte ich selbstverständlich nicht. Daher habe ich andere Möglichkeiten gesucht… Mitfahrgelegenheiten und so. Klar musste ich dafür auch bezahlen, aber eben nicht so viel, wie für Bahn. Allerdings trieben mich auch solche „kleine“ Ausgaben andauernd an die Existenzgrenze. So z.B. habe ich die letzten 10 Tage im Oktober von fünfzehn Euro gelebt. Aber ich habe es in Russland gelernt, mit solchen Sachen umgehen zu können.
Das war aber nicht das Hauptproblem. Das Hauptproblem war/ist, dass ich andauernd von dem Sachbearbeiter im Amt mit den Fragen verfolgt wurde, ob ich eine Wohnung in Berlin suche oder ob ich meine Pläne aufgegeben habe. Nun, ich habe gesagt,
wie es ist… warum sollte ich denn lügen? Was ich hier binnen letzten Tagen/Wochen erlebe, bringt mich zu der Frage, was uns Schmarotzern so alles zu zumuten ist. Was darf der Staat mit uns machen?
Der zweite Teil folgt.