Satire und Toleranz

  • "Scheinheiliges Geschwätz auf beiden Seiten."
    Gips Beispiele ?

    Scheinheiligkeit besagt, etwas vorzugeben, was nicht gemeint ist, also heucheln.
    Das sehe ich im Zorn der Satire-Vertreter nicht - Gleichheit beider Seiten ebenso wenig.


    Der Unterschied zeigt sich darin, dass die Pegida-Bewegten plötzlich für sich behaupteten, 'Charlie' zu sein. Obgleich sie - außer den Mohammed-Karikaturen - wahrscheinlich nichts von diesem französischen Satiremagazin kannten, geschweige denn schätzen.


    Bitterböse Seitenhiebe auf die polizeiliche Untersuchung der Todesumstände eines jungen Dresdner Asylanten beziehen sich auf die offizielle Verlautbarung, dass eine "Fremdeinwirkung nicht erkannt" worden wäre.
    Wer aber, laut Zeugenaussage, Blut wegwischt und mehrere Messerstiche in Hals und Brust übersieht oder als offenen Bruch umdeutet, zudem mit den Untersuchungen so lange zögert, dass offen von 'Schlamperei' gesprochen wird und eine Strafanzeige erfolgt, der bietet wirklich reichlich Anlass zu sarkastischen Kommentaren.


    Nachtrag
    Ich habe keine gezielte Satire zum Tod von
    Khaled Bahray gefunden, weder bei AMR oder Postillon, noch bei der Titanic.


  • "Scheinheiliges Geschwätz auf beiden Seiten."
    Gips Beispiele ?

    Hab dir gerade eins genannt.


    Scheinheiligkeit besagt, etwas vorzugeben, was nicht gemeint ist, also heucheln.
    Das sehe ich im Zorn der Satire-Vertreter nicht - Gleichheit beider Seiten ebenso wenig.

    Die Satire-Vertreter waren ja auch gar nicht gemeint sondern Pegida und Pegida-Gegener.


    Der Unterschied zeigt sich darin, dass die Pegida-Bewegten plötzlich für sich behaupteten, 'Charlie' zu sein. Obgleich sie - außer den Mohammed-Karikaturen - wahrscheinlich nichts von diesem französischen Satiremagazin kannten, geschweige denn schätzen.

    Was sie mit Millionen anderer Menschen gemein haben dürften.


    Ich kannte dieses Schmutzblatt vorher auch nicht, schätze es jetzt auch nicht. Na und? Darauf kommt es doch überhaupt nicht an. Ich bin insofern Charlie, als es selbstverständlich ist, dass man so ein Magazin herausgibt und es niemandem zusteht ein Verbot zu fordern oder gar Gewalt anzuwenden.

  • Beispiel für "scheinheiliges Geschwätz" der Pegida Gegner ... Äußerung, Zitat, ein Link, o.ä. war gemeint.


    Erschrecken und Kritik anlässlich der bekannt gewordenen Vorgänge im Zusammenhang mit dem Tod des jungen Mannes verstehe ich nicht als Beispiel für Scheinheiligkeit.


    Wenn 'Charlie Hebdo' für Pressefreiheit und witzelnde Respektlosigkeit gegenüber allen Autoritäten stand/steht, dann nimmt es schon wunder, dass ausgerechnet die "Lügenpresse!"-Skandierer der Pegida behaupten, 'Charlie' zu sein.
    Glaubhaft isses für mich nicht, "(ungewollte) Satire" schon eher.

  • Wenn 'Charlie Hebdo' für Pressefreiheit und witzelnde Respektlosigkeit gegenüber allen Autoritäten stand/steht, dann nimmt es schon wunder, dass ausgerechnet die "Lügenpresse!"-Skandierer der Pegida behaupten, 'Charlie' zu sein.
    Glaubhaft isses für mich nicht, "(ungewollte) Satire" schon eher.


    Ich verstehe schon was du meinst. Kann man so sehen, ohne Frage.
    Allerdings finde ich, dass viele die Charlie sind damit die Pressefreiheit allgemein meinen und nicht unbedingt das Magazin mit seinen Inhalten selbst.


    Erschrecken und Kritik sind durchaus verständlich. Dass man jetzt hingeht und Pegida mit ihren Demonstrationen für den Tot eines afrikanischen Asylbewerbers mitverantwortlich machen will ist angesichts der Tatasache, dass noch gar nicht geklärt ist wer und warum der Mann getötet wurde mehr als verwunderlich.

  • Auf dieses Verwundern (trotz xenophober Namensgebung und Parolen der 'PEGIDA') könnte -vielleicht- ein Beitrag des deutschen Satiremagazin 'Titanic' antworten.



    [18.01.2015]
    Gärtners kritisches Sonntagsfrühstück: Werte? Ordnung!

    "Der Islam, sagt die Kanzlerin, soll jetzt also mal in sich gehen und sein Verhältnis zur Gewalt klären, denn Islam und Islamismus, steht in der Zeit (und vielerorts sonst), haben eben doch mehr miteinander zu tun, als die moderaten Muselmanen uns weiszumachen versuchen. Der frische Focus hat „dementsprechend“ (Matthias Sammer, FC Bayern) dies auf dem Titel: „‚Das hat nichts mit dem Islam zu tun’ – Doch! Glaube und Gewalt: Warum Muslime ihre Religion jetzt erneuern müssen – und wie die Freiheit zu verteidigen ist“. Denn: „Über unsere Werteordnung können wir nicht verhandeln“ (Wolfgang Bosbach, CDU). Schön.


    Andererseits berichtet die Frankfurter Allgemeine wie folgt (Hervorhebungen von mir): „In Dreux bei Paris boykottierten 60 Schüler die Gedenkzeremonie. Sie verlangten eine Schweigeminute ,für Palästina’. Ihre Familien sind den Ordnungskräften als Besucher einer salafistischen Moschee bekannt. In der zum Schulbezirk der Sozialwohnbausiedlung La Grande-Borne zugehörigen Schule ertönten während der Schweigeminute ,Allahu Akbar’-Rufe. Der Terrorist Amedy Coulibaly wuchs in diesem Hochhausviertel bei Paris auf … Die Stimmung ist so aufgeheizt, daß es auch zu Auseinandersetzungen zwischen Schülern kommt. ,Le Figaro’ schreibt, daß eine Gruppe von Jugendlichen von einer Berufsschule in Senlis auf Schüler des benachbarten Gymnasiums mit dem Kampfschrei ,Wir legen noch mehr ,Charlie Hebdos‘ um’ zustürmte und diese zu verprügeln versuchte. Die Staatsanwaltschaft ermittelt … ,Mit ein paar Unterrichtsstunden mehr in Staatsbürgerkunde wird diesen Zwischenfällen nicht beizukommen sein’, sagte der frühere Bildungsminister Jack Lang“, der als guter Bourgeois auch weiß warum: weil es nämlich seinen schlechten Grund hat, daß Terroristen mehrheitlich aus Hochhausvierteln kommen, „Allahu Akbar“ vornehmlich in Sozialbausiedlungen gerufen wird und muslimische Berufsschüler auf (nichtmuslimische) Gymnasiasten losgehen und nicht umgekehrt.


    „Die Aufhebung der Religion als des illusorischen Glücks des Volkes ist die Forderung seines wirklichen Glücks. Die Forderung, die Illusionen über seinen Zustand aufzugeben, ist die Forderung, einen Zustand aufzugeben, der der Illusionen bedarf. Die Kritik der Religion ist also im Keim die Kritik des Jammertales, dessen Heiligenschein die Religion ist.“ Marx, 1844


    Daß kein Riß durch die Gesellschaft gehen dürfe, davor warnen alle, die Kommentatoren und Wohlmeinenden und Abendlandbesitzer, und es kommt ihnen sehr zupaß, lauthals einen Kulturkampf annoncieren zu können, wo es sich doch ganz offensichtlich ein kleines bißchen auch um Klassenkampf handelt, und zwar einen von der schmutzigen, bewußtlosen, religiös verdummten Sorte. „Die drei Attentäter von Paris und ihre mutmaßliche Komplizin wurden in eine feindliche Welt aus Beton geboren. Aber sie hatten Chancen, ihren Platz im Leben zu finden“ (Süddeutsche) – so kann es gehen, und so geht es immer wieder, und kaum ist, man weiß nicht wie, eine Chance futsch, steht schon der Islam mit der Kalaschnikow bereit und gefährdet unsere Werteordnung.


    Und während darum noch alle ganz Charlie sind, hat der saudi-arabische Blogger Raif Badawi für „Beleidigung des Islams“ die ersten 50 von 1000 Peitschenhieben erhalten, was den Ruf des Islams als Gewaltreligion nicht eben erschüttert: „Badawi hatte den ägyptischen Aufstand gegen Präsident Hosni Mubarak 2011 bejubelt – ein Alptraum für den Hof in Riad … Er trat für die Trennung von Religion und Staat ein – und dies unter der Herrschaft einer Königsfamilie, die ihre schiere Existenz der Koalition mit dem rückwärtsgewandten islamischen Wahhabismus verdankt“ (SZ). Religion ist Opium des Volks, und über die Qualität des Rauschgifts zu lamentieren verdeckt die eigentliche Frage, die in Dreux so gestellt gehört wie in Riad und aber von FAZ bis Zeit allenfalls mal angedeutet wird, weil die Antwort nicht genehm sein kann: warum das Volk denn überhaupt Opium braucht.


    (Für die Antwort braucht es keine halbe Stunde Staatsbürgerkunde.)"

  • Karneval und Politik - passt das zusammen?
    Aber ja!
    Karneval ist Narrenzeit, in der den Mächtigen
    ungeschönte Kritik wie entlarvende Spiegel vorgehalten wird. Narren gelten als mutige Wahrheitsverkünder. Lediglich ihr Status als 'unverantwortliche' Possenreißer schützte sie einst vor strafender Rache.


    Ob man auch die Attentate um 'Charlie Hebdo' im Karneval thematisieren darf und sollte, wird nicht Jeder mit 'ja' beantworten. Aber in Köln sieht man die Satiriker in der Tradition jenes politischen Narren, der beißende Kritik mit Humor und Witz kombiniert. Und wer kennt nicht das kölsche "Galgenlachen" ...
    'Charlie Hebdo' als Karnevalsthema ist also keine Frage - eher ein Auftrag!

    Nun
    hat man so entschieden:



    22. Januar 2015, 13:01Facebook-Entscheid zu Rosenmontagszug
    So sieht der Kölner "Charlie Hebdo"-Wagen aus

    Bild vergrößern

    Die Facebook-Nutzer haben entschieden: So soll der Kölner "Charlie Hebdo"-Wagen aussehen.
    (Foto: Festkomitee Kölner Karneval)

    • Erstmals konnten Facebook-Nutzer darüber entscheiden, welcher Wagen im Kölner Rosenmontagszug mitfährt.
    • Für das Gefährt zum Thema "Charlie Hebdo" stellte das Karnevalskomitee 14 Motive zur Auswahl.
    • Mehr als 2400 der gut 7000 abgegebenen Stimmen entfielen auf den Siegerentwurf.

    Facebook-Nutzer wählen "Charlie Hebdo"-Wagen
    Die Aktion des Festkomitees des Kölner Karnevals war ein großer Erfolg: An die 200 000 Menschen haben bei Facebook den Aufruf angeklickt, über einen der Wagen beim Rosenmontagszug abzustimmen. Die Nutzer sollten über das Motiv für das Gefährt befinden, das sich den Anschlägen auf das französische Satiremagazin Charlie Hebdo widmet - ein heikles Thema. "Es gibt viele Menschen, die das total begrüßen, dass sie nach ihrer Meinung gefragt werden", sagte Zugleiter Christoph Kuckelkorn der Süddeutschen Zeitung. "Andere machen sich Sorgen, dass so ein schwieriges Thema in den Kanon kommt. Aber wir sind schwierige Themen gewöhnt."


    Siegerentwurf setzt Stift gegen Pistole
    Bis Donnerstagmittag um zwölf Uhr konnten User ihre Stimmen abgeben; die meisten - etwa 2400 - der mehr als 7000 entfielen auf ein Motiv, in dem ein Zeichner mit Clownsnase seinen Stift in den Lauf einer Pistole rammt. Insgesamt standen 14 Entwürfe zur Auswahl, manche von professionellen Zeichnern angefertigt, andere von Kindern.


    Narren- als Meinungsfreiheit
    Der Post, in dem sich Kuckelkorn bei den Teilnehmern der Aktion bedankte, thematisierte noch einmal die Frage, ob das Attentat von Paris zum Thema eines Karnevalswagens werden dürfe: "Dazu sagen wir ganz klar ja, denn die Angriffe waren ein Anschlag auf die Meinungsfreiheit - im Karneval auch bekannt als Narrenfreiheit." Viel Zeit haben die Narren nicht mehr, den Entwurf umzusetzen: Am 16. Februar rollt der Rosenmontagszug durch die Straßen der deutschen Karnevalshauptstadt.
    (Süddeutsche)

  • Mal sehen ob der Wagen tatsächlich Rosenmontag rollt.
    Was machen die Verantwortlichen wenn es eine entsprechende Drohung wie letzten Montag in Dresden gint? Wird der Zug dann aus Sicherheitsgründen abgesagt?
    Düsseldorf, dass sonst für weitaus schärfere Wagenthemen als Köln bekannt ist, hat beschlossen das Thema Islam nicht zu nehmen.

  • Jaques Tilly, Gestalter der Düsseldofer Karnevalswagen, wird sich das Thema 'Meinungsfreiheit' wohl kaum entgehen lassen. Dass nicht eine Religion -in deinem Beispiel der Islam- sondern deren selbsternanntes 'Bodenpersonal' auf die Schippe genommen wird, ist rheinischer Brauch. Trifft ja auch auf den Kölner Wagen zu.



    In den USA hat sich der Aufregersender VOX selbst ins Knie geschossen, als man Sensationsberichte zu angeblichen, muslimisch okkupierten 'No-Go-Zones' in Europa -und Paris als der gefährlichsten Stadt- in die Welt posaunte.
    Prompt erfolgten Antworten auf politischer Ebene (GB) und eine nette kleine Satire im französischen TV Canal Plus, letztere ganz im Stil der hysterischen VOX-Nachrichten gehalten.


    Zitat


    Satire auf No-Go-Zones: Achtung, der Couscous brennt
    FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung‎ - vor 2 Stunden... Reporter scheinbar angsterfüllt eines der Pariser Gebiete erkunden, ... Das Video ist eine Parodie des TV-Magazins „Le petit journal“ von dem französischen Canal Plus.

    ^^



  • Dass nicht eine Religion -in deinem Beispiel der Islam- sondern deren selbsternanntes 'Bodenpersonal' auf die Schippe genommen wird, ist rheinischer Brauch. Trifft ja auch auf den Kölner Wagen zu.

    Na dann schaun mer mal wie sich das Bodenpersonal verhält.


    In den USA hat sich der Aufregersender VOX selbst ins Knie geschossen, als man Sensationsberichte zu angeblichen, muslimisch okkupierten 'No-Go-Zones' in Europa -und Paris als der gefährlichsten Stadt- in die Welt posaunte.

    Völlig übertrieben.
    Aber im Kern nicht unbegründet, wo ich aber eher GB sehe als Frankreich.


  • Die letzte Antwort auf dieses Thema liegt mehr als 365 Tage zurück. Das Thema ist womöglich bereits veraltet. Bitte erstellen Sie ggf. ein neues Thema.