Bilitis oder die freie Liebe in den 70ern

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    David Hamilton versteht die Welt nicht mehr. Und sie ihn erst recht nicht. In den Siebzigern war er der König des Weichzeichners. Seine erotischen Fotografien und Filme wie "Bilitis" galten als Kunst, er war ein Star. Heute blickt die Welt anders auf sein Werk - und sieht darin ein dunkles Geheimnis.


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    Zugegeben, ich empfand die Arbeiten von Hamilton immer als romantischweichen Kitsch, sowohl fotografisch als auch filmisch. Seine Fotokalender wurden bevorzugt von etwas schleimigen, älteren Herren gekauft, genauso wie Bildbände über klassische Aktmalerei. Immerhin damals waren seine Filme für alle (gab's eine Altersbeschränkung?) im Kino zu sehen. Niemand hat es verboten, niemand hat sich aufgeregt und natürlich gingen wir hin. Heute hat man die Arbeiten von Hamilton teils vom Markt genommen.
    Anhand der immer wieder aufflackernden Diskussion und des Vorwurfs an die Grünen "Kinderschänder", ist klar, dass Einstellungen und Denkweisen sich geändert haben, dass diese Ära sexueller Großzügigkeit nur aus ihrer Zeit verstanden werden kann und mit dem Aufkommen von Aids ihr jähes Ende nahm.

    Sex mit Minderjährigen, auch Fassbinder griff es auf im damals sehr umstrittenen Film namens Wildwechsel. Als skandalös wurden aber die Nacktdarstellungen des Mannes in dem Film besprochen. Sex mit der 13jährigen weiblichen Hauptfigur wurde meines wissens damals nicht kritisiert.

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    1971 veröffentlichte Kroetz dann ein Stück mit dem Namen Wildwechsel, basierend auf einer wahren Begebenheit. Die 13-jährige Hanni beginnt darin ein Verhältnis mit dem sechs Jahre älteren Hilfsarbeiter Franz. Hannis Eltern, besonders ihr Vater, setzen alles daran, die Beziehung zu unterbinden. Doch selbst nachdem Franz wegen Verführung Minderjähriger kurzzeitig ins Gefängnis muss, lassen die Liebenden nicht voneinander ab. Als Hanni schwanger wird, drängt sie ihren Freund dazu, den verhassten Vater zu töten. Einen Mord und eine Fehlgeburt später stellen die beiden resigniert fest, dass sie nie wirkliche Liebe verbunden hat.
    Nach der Ausstrahlung von Fassbinders TV-Adaption gab es gleich zwei Skandale. Einen, weil der Film nackte Haut zeigte, und zwar nicht nur, wie man es gewohnt war, von einer Frau, sondern auch sehr ausführlich von einem Mann. Der andere Skandal hatte damit zu tun, dass der Autor der Vorlage so gar nicht einverstanden war mit der Verfilmung und sie verbieten lassen wollte. Wirklich nachvollziehen lässt sich Kroetz’ Aufregung nicht, arbeitet Fassbinder doch extrem nah an der Vorlage, variiert nur wenig und übernimmt sogar die meisten Dialoge direkt aus dem Drama. Das Erstaunliche dabei ist, dass der Film nicht typischer für Fassbinder sein könnte. Ein kühl inszeniertes Melodram, in dem es nur Opfer gibt. Eine junge Liebe, die an den äußeren Umständen scheitert. Und ein böser Blick auf die bornierte Elterngeneration, die der Nazi-Zeit noch hinterherhängt. Quelle


  • Die Liste lässt sich verlängern, ich erinnere an:


    - Claires Knie, frz. Film von Eric Rohmer, 1970


    - Taxi Driver US-amerik. Film von Martin Scorcese, 1976


    - Pretty Baby frz. Film von Louis Malle, 1978


    - La Boum, frz Film von Claude Pinoteau, 1980


    In all diesen Filmen kommen sehr junge Mädchen in erotisch/sexuell betonten Rollen vor - als Objekt einer Obsession, als Prostituierte, als neugierige Pubertierende.
    Auch die Literatur hat sich dem Thema Erotik und 'Nymphchen' gewidmet, berühmtestes Werk dürfte 'Lolita' sein und möglicherweise würde Nabokov heute dafür geächtet.
    Die schleierig-kitschige Bilderwelt des David Hamilton erscheint dagegen distanziert.


    Ich stimme dir zu, wenn du sagst...

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    ...dass Einstellungen und Denkweisen sich geändert haben, dass diese Ära sexueller Großzügigkeit nur aus ihrer Zeit verstanden werden kann und mit dem Aufkommen von Aids ihr jähes Ende nahm.


    Stellt sich die Frage, wie die aktuelle Empörung über sexuelle Tabubrüche der 'vor-Aids-Ära' zum selbstverständlichen Konsum von Internetportalen wie 'youporn' passt, oder auch zu bewusst 'nuttig' aufgemachten Popsängerinnen bzw. TV-Sternchen, deren Outfit ohnehin niemanden mehr schockiert.

  • Stimmt, diese Filme waren harmlos. sowohl in der Aufmachung als auch in der Darstellung. eigenltich muss man heute doch Schmunzeln wenn man das sieht.


    Gut, ich weiß nicht was Herr Kohn-Bendit wirklich gemacht und gedacht hat, ich war nicht dabei. Dass eine Partei mit "offenee" Einstellung auch Problemfälle anzieht wie ein Honigtopf auf der Wiese Bienen (fand den Vergleich gut), auch klar. Außerdem ist Wahlkampfzeit, da sind Verunglimpfungen Mode. Ähm vlt sollten sich hier befindliche Mitglieder anderer Parteien, die das Thema hier im Forum eröffnet haben, etwas bedeckt halten im Thread "Sprachliches", da in solchen Zeiten gerne aus Mücken Elefanten gemacht werden.


    Ich kann die Frage ob die Aufgeschlossenheit sexuellen Dingen gegenüber gut oder schlecht war nicht ganz schliüssig beantworten. Ich war zu dieser Zeit selbst im Bilitisalter. Ich frage mich schon, ob man als Mädchen nicht eine Art Freiwild war . Ob man selbst vielleicht einfach nur naiv war. War wirklich alles so frei oder waren Jugendliche nicht im Zugzwang zu beweisen, dass sie nicht verklemmt waren. Ich habe den Rat älterer Frauen vermisst. Außer dass unsere Mütter mit uns mit 14 beim Frauenarzt waren, damit man rechtzeitig die Pille bekam, war da wenig Rat. Die Väter habe ich leicht panisch in Erinnerung. wie ist das heute?


    Haben kleine Kinder wirklich keine sexuellen Gefühle oder Neugier? wie ist das mit den Doktorspielen? Die Doktorköfferchen gibt es auch heute in jeden Spielzimmer. Erwachsene haben in diesen Spielen nichts zu suchen, aber wo ist die Grenze, dass sie einschreiten?



  • Naja, ich denke sexuelle Darstellungen sind in jeder Hinsicht in Ordnung, solange die Darsteller nicht dazu gezwungen werden. Damit fallen Kinderpornos schonmal weg, da ich mir nur schwer vorstellen kann, daß Kinder so etwas gerne machen.


    Wenn Pädophilie in Filmen thematisiert wird ist das selbstverständlich in Ordnung. Man sollte halt nur von zu expliziten Darstellungen absehen. Sexszenen oder überhaupt erotische Szenen mit minderjährigen Darstellern müssen nicht sein. Das kann man dramaturgisch sicher auch anders darstellen.


    Was pädophile Masturbation angeht bin ich eher für das japanische Modell. Darstellungen von Kindersex sind in Japan in Ordnung, solange sie abstrakt, zB in Form eines gezeichneten Mangas/Animes, dargestellt werden. Da kommen auch die Pädophilen legal auf ihre Kosten ohne das Kinder zu schaden kommen. Und obwohl man die Japaner allgemein für sehr pädophil hält (Lolicons) hat Japan eine der niedrigsten Kindesmissbrauchsraten weltweit. Kann sogar sein, daß sie die Allerniedrigste haben.


    Was man allgemein in Filmen auch ändern könnte ist die ständige Verwendung von niedlichen, süßen Kindern. Da ich schonmal gerne bei 4Chan reinklicke und dort auch viele Pädophile abhängen, weiß ich das die genau auf so etwas abfahren. Ich mein solange die minderjährigen Darsteller nichts davon wissen ist es vielleicht nicht allzu tragisch, aber ich muss jetzt immer an 4Chan denken, wenn ich ein kleines, zurechtgemachtes Kind in einem Hollywoodfilm sehe. Dann stell ich mir immer den fetten, behaarten Loliconnerd vor, wie er sich einen am schrubben ist. Ich würde an diesen Stellen lieber an etwas anderes denken :D

  • Was Cohn-Bendit tatsächlich gemacht hat?
    Verbürgt ist, dass die Eltern der ihm anvertrauten Kinder ihn stets gegen alle Vorwürfe des Missbrauchs verteidigt haben.
    Sein vor ca. 35 Jahren aufgenommenes Interview -heute Anlass, den Grünen das Attribut 'Partei von Kinderschändern' zuzuschreiben- zeigt eine Menge
    der für die damalige Zeit typischen, bewusst-amüsierten Provokationen ("sehr wenige Orgien, Haschplätzchen phantastisch, Sexualität einer 5-Jährigen ein erotisches Spiel" ).
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    Das ZDF, dem man nun wirklich keine Pädophilen freundliche Haltung unterstellen kann, hat sich so geäußert:

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    Wirbel um Grünen-Politiker
    Der ausgezeichnete Herr Cohn-Bendit und die Moralisten
    Eine Auszeichnung für einen ausgezeichneten Politiker: Daniel Cohn-Bendit ist heute mit dem Theodor-Heuss-Preis geehrt worden. Die Kritik an der Verleihung, die es im Vorfeld wegen Jahrzehnte alter Aussagen Cohn-Bendits über Intimitäten mit Kindern gab, zeugt von einem übertriebenen Moralismus - ein Hauptfeind der Demokratie.


    Quelle

  • Wenn Pädophilie in Filmen thematisiert wird ist das selbstverständlich in Ordnung. Man sollte halt nur von zu expliziten Darstellungen absehen. Sexszenen oder überhaupt erotische Szenen mit minderjährigen Darstellern müssen nicht sein. Das kann man dramaturgisch sicher auch anders darstellen.

    @Heinz
    in diesen Filmen ging es nie darum das Thema Pädophilie aufzuarbeiten oder geschweige denn eine solche Problematik darzustellen. Bilitis und Emmanuelle waren reine Softpornos und wurde als solche beworben und konsumiert. Heute zensiert man, was einst frei zugänglich war, für alle. Es ging gerade um das Zeigen sexueller oder Nacktszenen. Es waren Tabubrüche.
    In einem dieser Fassbinder Filme (ich weiß nicht ob es Wildwechsel war), wurde um 20.15 zur besten Sendezeit im Fernsehen, wenn die ganze Republik vorm Bildschirm saß, bildschirmfüllend ein Penis eingeblendet. (Damals gab es nur ARD, ZDF und die Regionalprogramme). Ein Aufschrei ging durchs Land ;) dabei war das so harmlos gegenüber dem was man sich heute im Internet anschauen kann.

    @grippi, danke für den Cohn-Bendit Film ;)

  • Bilitis: Wenn ich mich richtig erinnere, dann war das ein schmalziger Film. Was aber hat der mit "freier Liebe" zu tun?


    Da denke ich eher an Klassiker wie "Lass' jucken Kumpel". Zu Beginn der neunziger Jahre lief dieses Werk mal auf Sat1. Mich beeindruckte vor allem, dass der Film sich nicht mit der bloßen Darstellung sinnlicher Aspekte femininer Ästhetik begnügt, sondern die Problematik in gesellschaftliche Zusammenhänge einbettet. Kein anderer Film thematisiert das Verhältnis der Arbeiterklasse zur Sexualität so revolutionär.

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    ...diese Ära sexueller Großzügigkeit

    Wahrscheinlich ist es für die späten Nach-68er-Generationen schwer zu erfassen, was im letzten Drittel des Jahrhunderts unter der Bezeichnung 'Sexuelle Revolution' ablief.


    Der Nachkriegsmief, die abgehobene und meist drohend-strafende Position der Kirchen, die Verklemmtheit der Erwachsenen bei allem, was sich unterhalb der Gürtellinie abspielte (oder auch nicht) reizte die Heranwachsenden zu massiven rebellischen Tabubrüchen und Provokationen, die bewusst schockierten und heftigsten Protest, oft auch persönliche Strafen zur Folge hatten.


    Erinnert sei auch an die Schockwirkung von Ingmar Bergmanns 'Schweigen', der meines Wissens zum ersten Mal ein kopulierendes Paar und eine Masturbationsszene auf die Kinoleinwand brachte.
    Vieles erwies sich als 'Befreiung', die Aufklärungsfilme des Oswald Kolle lockten
    Menschenmassen in die Kinos und in diesem Fall reagierte gerade die ältere Generation dankbar auf das Tabu brechende Abbilden von Nacktheit bzw. die sachliche Darstellung sexueller Fakten.


    Diesen Kontext -viel Politik kam auch noch hinzu, lasse ich jetzt hier aber mal weg- muss man wahrnehmen, wenn die Haltung der damals Jungen und noch Jüngeren verständlich werden soll.
    Das Zeigen/Betrachten des nackten Körpers, Partnerwechsel, Experimentierfreude, die Diskussion um Bisexualität, gleichgeschlechtliche Beziehungen und das Zugestehen auch(!) kindlicher Sexualität - all das bedeutete Rebellion, Tabubruch und zugleich Ausdruck einer -neuen- positiven Körperlichkeit.


    Pädosexualität, d.h. Kindesmissbrauch, aufgezwungene Erwachsenen-Sexualität, wurde auch damals abgelehnt.
    Ist nachzulesen.



    PS
    'Lass jucken, Kumpel' ist mir eher als sinnfreie Sex-Klamotte in Erinnerung, vielleicht ist das Buch besser? ;)

  • Bilitis: Wenn ich mich richtig erinnere, dann war das ein schmalziger Film. Was aber hat der mit "freier Liebe" zu tun?

    Alles und Nichts. Ich hätte genauso gut titeln können: Grüne Kinderschänder oder die "neue" alte Prüderie.
    Egal, ja du hast Recht wie ich oben schon schrieb, der Film ist schwülstig, harmlos und im Grunde auch langweilig. Er ist auch nicht deutsch sondern französisch.
    Es geht nicht um Pornos Klasse teutonischer Style of Gipfelstürmer unterm Dirndlrock oder andere Stilrichtungen dieses Sexklamauk, sie waren mit der zugehörigen Altersbeschränkung versehen, kamen ohne Lolitamotive aus (oder?) und wurden nie als Kunstwerk gefeiert. Die waren immer deklariert als das was sie sind: Pornos.


    Nein es geht darum, dass der Fotograf David Hamilton in den siebzigern zum Star avancieren konnte, seine Arbeiten zu Kunst erhoben wurden, man den Plakaten, Kalendern, Fotobüchern seiner Motive nirgends entkommen konnte und heute gut 40 Jahre danach werden dieselben "Werke" zensiert und vom Markt genommen. Aus dem Künstler wird ein vermuteter Pädophiler, sowie die Bild aus den Grünen Kinderschänder macht.
    Es geht auch darum, denen die damals zu klein oder noch im Nirwana weilten, aufzuzeigen, dass die Siebziger diese Zeit waren, in der Sexualität, freie Partnerwahl, beliebige Partnerwechsel, Umgang mit Nacktheit und dem eigenen Körper als Modethema entdeckt wurden. Über Selbstbefriedigung gab es lange Artikel in der Bravo. Ansichten wie die, dass sexuelle Enthaltsamkeit die Leistung steigere wurden als Märchen entlarvt .... in WG's gingen wir frei miteinander um, Männer teilten mit Frauen ohne verhüllende Massnahmen und ohne zu doofzuglotzen oder sonstwie zu entgleisen dasselbe Badezimmer zur gleichen Zeit , FKK war so normal wie sich heute eincremen mit Sonnencreme.


    An den "Lolitas" und Nymphchen in Literatur Film und Kunst hat sich zu dieser Zeit niemand gestört. Ich habe damals Nabokov (Lolita) gelesen, weil es im literarischen Bücherschrank eines bildungsbürgerlichen Elternhauses stand und mich seitenlang über diesen "erwachsenen" Mann gewundert, der einem zickigen, pubertierenden Girlie scheinbar willenlos verfallen war. Wie blöd können erwachsene Männer eigentlich sein? meine Gedanken in dieser Zeit zu dem Buch.


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    Zitat von agrippi:
    Stellt sich die Frage, wie die aktuelle Empörung über sexuelle Tabubrüche der 'vor-Aids-Ära' zum selbstverständlichen Konsum von Internetportalen wie 'youporn' passt, oder auch zu bewusst 'nuttig' aufgemachten Popsängerinnen bzw. TV-Sternchen, deren Outfit ohnehin niemanden mehr schockiert.

    genau ;) wie prüde leben wir heute, wurde damals übers Ziel hinaus geschossen?

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