un-gereimtes Allerlei

  • Theodor Fontane schrieb 1857 das Gedicht Das Trauerspiel von Afghanistan, das Brydons Ankunft in Dschalalabad nach seiner Flucht aus Kabul im Jahr 1842 schildert. Hier ein Auszug:



    Der Schnee leis stäubend vom Himmel fällt,

    Ein Reiter vor Dschellalabad hält,

    „Wer da?“ – „Ein britischer Reitersmann,

    Bringe Botschaft aus Afghanistan.“


    Afghanistan! Er sprach es so matt,

    Es umdrängt den Reiter die halbe Stadt,

    Sir Robert Sale, der Kommandant,

    Hebt ihn vom Rosse mit eigener Hand.


    Sie führen ins steinerne Wachthaus ihn,

    Sie setzen ihn nieder an den Kamin,

    Wie wärmt ihn das Feuer, wie labt ihn das Licht,

    Er atmet hoch auf und dankt und spricht:


    „Wir waren dreizehntausend Mann,

    Von Kabul unser Zug begann,

    Soldaten, Führer, Weib und Kind,

    Erstarrt, erschlagen, verraten sind.


    Zersprengt ist unser ganzes Heer,

    Was lebt, irrt draußen in der Nacht umher,

    Mir hat ein Gott die Rettung gegönnt,

    Seht zu, ob den Rest ihr retten könnt.“


    Sie bliesen die Nacht und über den Tag,

    Laut, wie nur die Liebe rufen mag,

    Sie bliesen – es kam die zweite Nacht,

    Umsonst, dass ihr ruft, umsonst, dass ihr wacht.


    Die hören sollen, sie hören nicht mehr,

    Vernichtet ist das ganze Heer,

    Mit dreizehntausend der Zug begann,

    Einer kam heim aus Afghanistan.

  • Vor und nach den Wahlen

    Also diesmal muß alles ganz anders werden!

    Diesmal: endgültiger Original-Friede auf Erden!

    Diesmal: Aufbau! Abbau! und Demokratie!

    Diesmal; die Herrschaft des arbeitenden Volkes wie noch nie!

    Diesmal.

    Und mit ernsten Gesichtern sagen Propheten prophetische Sachen:

    »Was meinen Sie, werden die deutschen Wahlen im Ausland für Eindruck machen!«

    Und sie verkünden aus Bärten und unter deutschen Brillen

    – wegen Nichtkiekenkönnens – den höchstwahrscheinlichen Volkeswillen.

    Sprechen wird aus der Urne die große Sphinx:

    Die Wahlen ergeben diesmal einen Ruck nach links.


    So:


    Diesmal werden sie nach den Wahlen den Reichstag betreten,

    diesmal werden sie zum Heiligen Kompromisius beten;

    diesmal erscheinen die ältesten Greise mit Podagra,

    denn wenn die Wahlen vorbei sein werden, sind sie alle wieder da.

    Diesmal.

    Und mit ernsten Gesichtern werden sie unter langem Parlamentieren

    wirklich einen Ruck nach links konstatieren.


    Damit es aber kein Unglück gibt in der himmlischsten aller Welten,

    und damit sich die Richter nicht am Zug der Freiheit erkälten,

    und überhaupt zur Rettung des deutsch-katholischen-industriellen Junkergeschlechts

    machen nach den Wahlen alle Parteien einen Ruck nach rechts.


    So:


    Auf diese Weise geht in dem deutschen Reichstagshaus

    alle Gewalt nebbich vom Volke aus.

    Theobald Tiger (= Kurt Tucholsky)

  • Seit Wochen trommelt die Politik auf uns ein und beschwört Kriegsszenarien in der Nachbarschaft herauf.

    Da kommt mir Heinrich Heine in den Sinn:


                  Doctrin

    Schlage die Trommel und fürchte dich nicht,

    Und küsse die Marketenderin!

    Das ist die ganze Wissenschaft,

    Das ist der Bücher tiefster Sinn.


    Trommle die Leute aus dem Schlaf,
    Trommle Reveille mit Jugendkraft,

    Marschiere trommelnd immer voran,

    Das ist die ganze Wissenschaft.


    Das ist die Hegel'sche Philosophie,

    Das ist der Bücher tiefster Sinn!
    Ich hab' sie begriffen, weil ich gescheidt,

    Und weil ich ein guter Tambour bin.


    Heinrich Heine

    (* 13.12.1797, † 17.02.1856)

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