Muss ich mich schämen? Scham zielt auf das Gewissen, die psychische Instanz, der sich Freud einst mit dem Begriff des "Über-Ich" näherte, den Teil unserer Psyche, der uns in den Bezug zu anderen Menschen setzt: Vor den anderen schämen wir uns, wegen des Leids der anderen fühlen wir uns schuldig. Durch Schuld und Scham sind wir an die sozialen Regeln unserer Kultur gebunden.
Wenn ich mich nicht schämen/nicht beschämen lassen will, muss ich nicht den anderen entwaffnen, sondern mein eigenes Gewissen. Und da sind immer die drei Dämonen Angst, Schuld und Verpflichtung. Wovor habe ich Angst? Was kann im schlimmsten Fall passieren? Welche Schlagwörter oder Zwischentöne sorgen dafür, dass ich mich schlecht fühle? Die Frage bleibt aber: Habe ich wirklich Grund, mich schlecht zu fühlen? Der Verstand muss unterscheiden, ob wir tatsächlich gegen Werte unserer Mitmenschen verstoßen, oder ob unsere Bereitschaft, Schuld zu empfinden ausgenutzt wird. Wenn das Gewissen schweigt, kann uns niemand beschämen. So einfach ist das ... und so schwer.