Mit seiner Heimatstadt Köln war Hein Böll nicht immer im Reinen. Er liebte die Kölsche Anarchie, Wärme und Direktheit. Kritisierte den Abriss alter, aber schöner Bausubstanz, die Errichtung gesichtsloser Neubauten und die Zerstückelung der Stadt zugunsten des Autoverkehrs. Vor allem aber geißelte er Amtsautorität und selbstgefällige, geschichtsvergessene Bräsigkeit der klüngelnden Polit-, Klerus- und Karnevalselite, die ja oft in Personalunion daherkommt.
All dies verzieh man Böll so gerade noch, schließlich musste man ihm -wenn auch insgeheim- beipflichten. Hingegen stießen seine literarischen Bemühungen um Aufarbeitung von Kriegserfahrung und Faschismus und all die moralischen Fingerzeige und Appelle bei der kölschen Schunkelgemütlichkeit auf starken Widerstand. Und als dann der so genannte "Deutsche Herbst" durchs Land zog und braune Blätter aufwirbelte, Böll aus seinem Verstehen der linken Revolte kein Hehl machte, gar die Autoritäten der Staatsmacht und ihr Handeln öffentlich kritisierte, da wandte man ihm den Rücken zu und tat wenig bis gar nichts gegen die Hetzkampagnen und den Rufmord durch die 'Springer'-Blätter.
Esu benimmp sich ene kölsche Jung nit!
Sogar bis heute scheinen Teile der Stadt mit ihrem großen Sohn und Literaturnobelpreisträger Heinrich Böll ihre Probleme zu haben?
Während andere Medien von Hamburg bis München Heinrich Bölls 'Hundertsten' zum Anlass nahmen, den Mann und seine Verdienste ausgiebig zu würdigen, beschränkten sich die Blätter des ortsansässigen Medienhauses DuMont auf ein paar kleinere Beiträge und einen Stadtspaziergang zu den einstigen Wohnorten der Familie Böll.
Der aus Köln sendende WDR versuchte sich darin, den "Menschen Hautnah" abzubilden, ließ auch einige Weggefährten oder Bewunderer Bölls zu Wort kommen. Für eine Programmanpassung im Unterhaltungssektor zu besten Sendezeit hat's nicht gereicht. So gab es denn einen Bodenseekrimi als x-te Wiederholung. Keine Böll-Verfilmung. Schade.
Ich hätte mir vonTrotta/Schlöndorffs Böll-Adaption "Die verlorene Ehre der Katharina Blum" gewünscht. Scheint mir so aktuell, wie ehedem.
Immer noch von oft erschreckender Gültigkeit sind auch die im folgenden Interview geäußerten Betrachtungen.