Müllers Kuh

  • Wenn es um den Reim geht, sind sogar Esel erlaubt, die sich selbst zuerst nennen.
    "Ich und du" ist aber auch allemal besser als "ich und ich".


    Der Mensch kreist mehr oder weniger deutlich und permanent um sich selbst ... heute meist mehr, denn er muss ja ständig authentisch "bei sich" sein und in seiner Mitte ruhen. Als soziales Wesen sucht er aber gleichzeitig den Kontakt zum anderen, zur Gruppe. Das eigene Ich als Bezugspunkt reicht nicht aus, um sich selbst zu "bestimmen". Jeder Punkt liegt in einem Koordinatensystem.


    Zur Selbstversicherung könnte man um Rat fragen. Aber wen? Kleist hat darauf eine klare Antwort gefunden: Man soll nur den um Rat fragen, der keinen gibt. Das klingt paradox. Den fragen, der keinen Rat gibt? Kann der Rat so schlecht sein? Also besser gar nicht um Rat fragen?


    Jemandem mit Rat und Tat zur Seite zu stehen, wird in der Regel positiv bewertet. Wem es versprochen wird, der bedankt sich, wer es verspricht ... ja, was denkt eigentlich der, der es verspricht? Wahrscheinlich gar nicht viel, er will in erster Linie ausdrücken, dass er ein verlässlicher Partner ist.


    Wie kann es falsch sein, um Rat zu fragen?


    Kleist hat dafür in seinen aufklärerischen Jahren eine ganz plausible Antwort gefunden. Er geht davon aus, dass man sinnvollerweise nur seine eigene Vernunft befragen kann. Dies solle man allerdings auch tun und den eigenen Standpunkt kritisch von allen Seiten überprüfen und sich nicht zu früh zufriedengeben mit der eigenen Antwort, wenn ein anderer, vielleicht auch Erfahrenerer, dagegen Einwände erhebt. Selbstkritisch und fragend muss man zur eigenen Meinung kommen. Da spielt der Rat durchaus eine Rolle.


    Aber schlussendlich gilt:


    Gegen die eigene Überzeugung zu glauben, heißt glauben, was man nicht glaubt. Das ist unmöglich.


    Was die Ratgeber betrifft: Denkende Menschen werden nie sofort und umstandslos Ratschläge erteilen, denn sie sind sich ihrer Verantwortung, ja der Gefahren bewusst, während diejenigen, die schnell einen Rat zur Hand haben, die Schwierigkeit und Bedeutung von Ratschlägen gar nicht sehen.


    Soweit Kleist und der ausdrücklich gewünschte Rat.


    Viel häufiger begegnen uns gerade die schnellen Ratschläge ... ganz ungefragt. Warum fühlt sich fast jeder dazu berufen, Ratschläge zu erteilen, ohne auch nur im Ansatz danach gefragt worden zu sein?


    Für den, der sie bekommt, sind sie meist sinnfrei. Das besingen Brings ironisch-freundlich auf kölsche Art.


    Hür op ze verzälle, wat för uns et Beste is,
    zerieß dir d´r Muul üvver dinge Driss,
    denn wat mer welle, wissen mer jenau,
    dun uns ne Jefalle, loß uns in Rauh.


    Aus der Erfahrungen anderer lässt sich schwer lernen, deshalb


    falle mer leever dreimol hingernander op die Fress,
    als einmol nor ze hüre, wat du ze sage häs.

    Denn
    su schlau wie du, sin mer allt lang,
    mer han zwar nit di Jeld, doch do kumme mer noch dran.


    Du Fijur, du Fijur
    kumm uns bloß nit op die krumme Tour
    du Fijur, du Fijur,
    mer schicke dich op Kur.


    Nicht nur des Reimes wegen wird derjenige, der sich aufgrund seines Geldes überlegen fühlt, freundlich lächelnd zur Kur geschickt.


    Auch wer glaubt klüger zu sein, hat es in Köln schwer.


    Ich weiß du häs studeet op d´r Universität,
    di Jeheens is esu jross wie dat vunenem Päd.


    Pferd? Da denkt man in Köln an Sauerbraten:
    Doch mer sin he in Kölle un op rheinische Art
    weed us nem Päd ne Soorbrode jemaat.


    Streit sucht der Kölner nicht. Zwischen den Zeilen sagt er, was er vom feinen Zwirn hält. Die handgreifliche Auseindersetzung wird zwar als Möglichkeit gesehen ... aber lieber gönnt man dem Kontrahenten die "Frikadelle im Foyer". Leben und leben lassen.


    Drum loß et leever sin, et hät doch keine Zweck,
    söns liss du glich mit dingem feine Zwirn im Dreck.
    Un dat is wirklich nit dat, wat mer welle
    jangk in et Foyer un holl dir en Frikadelle.




    Erstveröffentlichung und Kommentare

  • 23.12.2009 | 19.05 Uhr | dr.lach


    es scheint eine Kommentier-muedigkeit eingetreten zu sein,(....)


    Was sollte man bei diesem Beitrag kommentieren? ?(
    Er zeigt 'raten' mit und ohne 'Schlag' auf, offene Fragen gibt's nicht....

  • Was wäre die Konsequenz daraus? Alle Beratungsstellen sind überflüssig. Drogenberatung, Schuldenberatung, Familienberatung, Eheberatung, alles Unsinn. Die Betroffenen kaufen sich besser Kleist oder einen Kalender mit schlauen Sprüchen. :huh: