Der Schein bestimmt das Sein
Vermischtes | 10.07.2011 | 04.38 | KatharinaK
(Bild: dpa)
Wissen Sie, was "proaktives Personalmanagement" bedeutet? Ich nicht. Gibt es auch ein antiaktives Personalmanagement?
Oder "Pilotisierung" und "Priorisierung". Der Pilot steuert ein Flugzeug, und früher nannte man auch den Navigator eines Schiffes manchmal "Pilot". Wer von Pilotisierung eines Projektes spricht, meint also die Steuerung des Projekts. Aber "Pilotisierung" hört sich anspruchsvoller an.
Die "Priorisierung" deutet nicht etwa darauf hin, dass geistliche Ämter eingeführt werden. Es geht um Prioritäten oder anders formuliert: Schwerpunkte.
Damit das alles funktioniert, gibt es ein "Wissensmanagement". In diesem Wissensmanagement sind "Mentoren" tätig.
Dahinter verbirgt sich der Versuch, Kenntnisse und Erfahrungen zu archivieren und dieses Wissen Anderen zugänglich zu machen. Geht ein älterer Kollege in den Ruhestand, dann soll er seine Handakten nicht einfach durch den Reißwolf jagen, sondern dem Unternehmen zur Verfügung stellen.
Und damit alle verstehen, was gemeint ist, haben wir eine "Kommunikationsstrategie". Da versuchen proaktive Mentoren die Kommunikation zu pilotisieren und zu priorisieren. Oder etwa umgekehrt?
Dass Fachausdrücke sich nicht vermeiden lassen, ist mir klar. Aber ich begreife nicht, welchen Sinn diese Worthülsen haben. Vor allem dann nicht, wenn Anspruch und Wirklichkeit nicht auch nur annähernd übereinstimmen.
Eine Kollegin, die in der ehemaligen DDR aufgewachsen ist, verglich das Unternehmen mal mit einem Kombinat. Und in der Tat: Die Funktionäre der Staatsbetriebe hatten auch eine Tarnsprache. Da wurden Projekte "organisatorisch-perspektivisch" voran gebracht. Im Klartext: Nichts hat sich getan, aber wir haben darüber geredet. Oder es sollte "nach vorn" diskutiert werden. Denn der Blick zurück auf Planruinen stimmte keineswegs hoffnungsfroh.
Und wie bezeichnet man Menschen wie mich? Ich glaube, als "Modernisierungsverweigerer". Genau!
