Die souveräne Leserin

  • Die souveräne Leserin ist keine geringere als die Queen. Ja, richtig: Queen Elizabeth von England.


    Mit viel Kurzweil geschrieben, und mit einem total souveränen Ende legt man das Buch – leider - bereits nach 114 Seiten aus der Hand, hat sich aber köstlich über ein Bündel an geballtem, knochentrockenem Humor erfreut.


    Dass das Leben der Queen in ganz andere Bahnen gerät, verdankt sie letztlich ihren Hunden, die unfolgsam sind. Sie laufen in einen Innenhof, und die Queen muss hinter ihnen her. Sie bellen Norman, einen Küchenjungen an, und auch den Mann, der im Bibliotheksbus seinen Dienst tut.


    Da gehört es sich, sich zu entschuldigen, und das tut die Queen dann auch.


    Hierbei erfährt sie, dass der Bibliotheksbus jeden Mittwoch im Innenhof Station macht. Sie erfährt, dass Norman ein Küchenjunge ist, der gerne und viel liest und sich hier Bücher ausleiht.


    Da will sie sich nun auch ein Buch ausleihen. Sie fragt Norman um Rat, und der rät ihr auch. Das bewirkt seinen Aufstieg, weg aus der Küche zum Buchberater für die Queen. Aber auch sein Abstieg ist vorprogrammiert, denn der Hofstaat sieht es nicht gerne, dass sich die Queen zur begeisterten Leserin aller möglichen Literatur entwickelt.


    Überhaupt entwickelt sie sich im Zuge ihrer Lese-Lust zu einem – wie es scheint – völlig anderen Menschen. Ihre engsten Berater verstehen sie nicht mehr, und selbst die Kammerzofe ist verunsichert, wenn sie beobachtet, dass Majestät nicht mehr so viel Wert auf ständig andere Kleider legt, wenn Majestät die Brosche zwei Tage hintereinander trägt und so weiter.


    Majestät findet in den Büchern ganz normale Menschen mit ganz normalen Fehlern und Macken beschrieben, und Majestät macht im Verstehen dieser Menschen selbst eine Wandlung durch.




    Der Autor Alan Bennett ist 1934 in Leeds geboren und ist ein populärer britischer Dramatiker. Neben zahlreichen Theaterstücken sowie Arbeiten für Fernsehen und Rundfunk schreibt Bennett seit Mitte der Neunziger Jahre auch Prosa.


    „Alan Bennett erzählt so ingrimmig-witzig, so entspannt bis ins Skurrile hinein und zugleich so zurückhaltend albern, dass man fast alle Töne des Amusements während der bedauerlich kurzen Lektüre dieser Geschichte erlebt.“ So schreibt Elke Schmitter im Spiegel, und so habe ich es auch empfunden.


    Das hier vorgestellte Büchlein ist im Wagenbach Verlag erschienen und kommt sehr adrett, fast „royal“ daher: Rotes Leinen, fadengeheftet, mit Silberschrift. Und natürlich nicht ohne ein bezauberndes Foto der Queen. Es ist definitiv seine 14,90 Euro wert.




    Das Buch ist auch als Hörbuch (im Patmos Verlag) erschienen. Sprecher der ungekürzten Fassung (2 CDs) ist Jürgen Thormann. Von ihm wird gesagt, dass er „den nach britischer upper class klingenden Ton perfekt beherrscht. Sollte also ein Hörvergnügen der besonderen Art sein, wenngleich mir das Lesen ungleich mehr Freude bereitet hat.

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