Wenn der Winter nicht nur ein Wort ist ...

  • ... sind plötzlich die Straßen nicht mehr schnell, haben die Züge Verspätung und der Flieger startet erst gar nicht. Das gewohnte Leben gerät aus den Fugen ... und wir werden auf uns selbst zurückgeworfen. Eine Katastrophe, wenn das Weihnachtsgeschenk nicht rechtzeitig ankommt, der Weihnachtsbesuch im Januar stattfindet, nicht alle Güter jeder Zeit verfügbar sind? Die Natur kennt keine Katastrophen ... nur der Mensch.


    Dabei beginnt der Winter auf der Nordhalbkugel erst heute. Heute ist Wintersommenwende, d. h. heute erreicht die Sonne ihre südlichste Stellung. Ab heute werden die Tage bei uns wieder länger, zuerst recht schnell, dann langsamer. Aber im Minutentakt.


    P. S. Die Einteilung der Jahreszeiten nach Monaten -und nicht nach dem Sonnenstand- ist der Statistik geschuldet. In Monaten ließ sich ohne PC einfacher rechnen, für jede Jahreszeit genau drei. Der Motor für das Klima ist und bleibt aber die Sonne. Der kälteste Monat auf der Nordhalbkugel ist der Januar, nicht der Dezember. Und da liegt der langjährige Mittelwert für Köln bei +1°... egal was das Thermomether gearde sagt.

  • ... schimpfen wir wieder auf die Bahn: zu wenig Reservezüge, auf die Stadtreinigung: zu wenig Streusalz und Räumfahrzeuge, auf die Reifenhändler: nicht alle Winterreifen lieferbar. Früher war alles besser, heute nur noch Versagen und Missmanagement?


    Wenn es nur so einfach wäre.


    Die Industriegesellschaft ist extrem mobil geworden. Mehr Menchen als jemals zuvor erwarten, jederzeit spontan, schnell und kostengünstig den Ort wechseln zu können. Das ganze Jahr über verlassen sie sich am liebsten auf den PKW oder das Fluggzeug. Spielt das Wetter nicht mit, soll es die Bahn richten und mit warme Sitze bereithalten.


    Auch die Industrie ist seit den 90ern stärker auf Mobilität angewiesen, seit mit der sog. schlanken Produktion die Lagerhaltung als Verschweundung bewertet und drastisch reduziert wurde. Viele Waren, auch Produktionsteile, werden genau dann angeliefert, wenn sie gebraucht werden. Alle Mobilitäts- und Versorgungsbetriebe sind auf Effizienz zum niedrigstmöglichen Preis getrimmt, auch die staatlichen und halbstaatlichen wie Bahn und Stadtreinigung. Die Bahn soll Gewinne erzielen -Reservezüge, die elf Monate rumstehen sind vor allem eins: teuer! In vielen milden Wintern sind Räumfahrzeuge vor sich hingerostet, hat das Streugut die Bauhöfe der Kommunen blockiert. Da haben die Kämmerer diese Posten in ihrem Etat reduziert. Unternehmerisch richtig, denn wer sich große Lagerbestände leistet, fällt hinter die Konkurrenz zurück und wird vom Markt bestraft, hochverschuldeten Kommunen droht die Vormundschaft des Landes.


    Der Winter zeigt die Störanfälligkeit unseres Systems, die Zauberformel Effizienz zum niedrigstmöglichen Preis ist nicht wintertauglich.