Alle Jahre wieder ...

  • ... ist Weihnachten nicht nur fröhlich. Das hat schon Erich Kästner so gesehen.


    Morgen Kinder, wird´s nichts geben!
    Nur wer hat, kriegt noch geschenkt.
    Mutter schenkte Euch das Leben.
    Das genügt, wenn man’s bedenkt.
    Einmal kommt auch eure Zeit.
    Morgen ist’s noch nicht soweit.

    Doch ihr dürft nicht traurig werden.
    Reiche haben Armut gern.
    Gänsebraten macht Beschwerden.
    Puppen sind nicht mehr modern.
    Morgen kommt der Weihnachtsmann.
    Allerdings nur nebenan.


    Lauft ein bisschen durch die Straßen!
    Dort gibt’s Weihnachtsfest genug.
    Christentum, vom Turm geblasen,
    macht die kleinsten Kinder klug.
    Kopf gut schütteln vor Gebrauch!
    Ohne Christbaum geht es auch.


    Tannengrün mit Osrambirnen –
    Lernt drauf pfeifen! Werdet stolz!
    Reißt die Bretter von den Stirnen,
    denn im Ofen fehlt’s an Holz!
    Stille Nacht und heil’ge Nacht –
    Weint, wenn’s geht, nicht! Sondern lacht!


    Morgen, Kinder, wird’s nichts geben!
    Wer nichts kriegt, der kriegt Geduld!
    Morgen, Kinder, lernt fürs Leben!
    Gott ist nicht allein dran schuld.
    Gottes Güte reicht so weit …
    Ach, du liebe Weihnachtszeit!


    Aus: E. Kästner für Erwachsene

  • Die Weihnachtsmaus ist sonderbar,
    sogar für die Gelehrten,
    Denn einmal nur im ganzen Jahr
    Entdeckt man ihre Fährten


    Mit Fallen oder Rattengift
    Kann man die Maus nicht fangen,
    Sie ist, was diesen Punkt betrifft,
    Noch nie ins Garn gegangen.


    Das ganze Jahr macht diese Maus
    Den Menschen keine Plage,
    Doch plötzlich aus dem Loch heraus
    Kriecht sie am Weihnachtstage


    Zum Beispiel war vom Festgebäck,
    Das Mutter gut verborgen,
    Mit einem Mal das Beste weg
    Am ersten Weihnachtsmorgen.


    Da sagte jeder rundheraus:
    Ich habe nichts genommen,
    Es war bestimmt die Weihnachtsmaus,
    Die über Nacht gekommen.


    Ein andres Mal verschwand sogar
    Das Marzipan vom Peter,
    Was seltsam und erstaunlich war,
    Denn niemand fand es später.


    Der Christian rief rundheraus:
    Ich hab es nicht genommen,
    Es war bestimmt die Weihnachtsmaus,
    Die über Nacht gekommen.


    Ein drittes Mal verschwand vom Baum
    An dem die Kugeln hingen,
    Ein Weihnachtsmann aus Eierschaum,
    Nebst andren leck`ren Dingen.


    Die Nelly sagte rundheraus:
    Ich habe nichts genommen,
    Es war bestimmt die Weihnachtsmaus,
    Die über Nacht gekommen.


    Und Ernst und Hans und der Papa,
    Die riefen: Welche Plage!
    Die böse Maus ist wieder da,
    Und just am Feiertage!


    Nur Mutter sprach kein Klagewort,
    Sie sagte unumwunden:
    Sind erst die Süßigkeiten fort,
    Ist auch die Maus verschwunden.


    Und wirklich wahr: Die Maus blieb weg
    Sobald der Baum geleert war,
    Sobald das letzte Festgebäck
    Gegessen und verzehrt war.


    Sagt jemand nun, bei Ihm zu Haus -
    Bei Fränzchen oder Lieschen -
    Da gäb’ es keine Weihnachtsmaus
    Dann zweifle ich ein bisschen!


    Doch sag' ich nichts, was jemand kränkt!
    Das könnte Euch so passen!
    Was man von Weihnachtsmäusen denkt,
    Bleibt jedem überlassen!



    James Krüss


  • "Schon wieder nah'n die Weihnachtstage, Gott hilf mir, dass ich sie ertrage!", seufzte schon Theodor Storm.


    "Einst haben wir Weihnachten geliebt als Zeit der Zuckerherrlichkeit. Mittlerweile leiden wir unter Blähungen. Eine Überdosis süßer Musik verklebt uns die Ohren, der Geschenkewahn ruiniert unsere Finanzen, die Verwandtschaft unsere Nerven. Schluss damit!", heißt es im Vorwort zu Dietmar Bittrichs Weihnachtshasser-Buch. Darin hat Bittrich die berühmtesten Weihnachtshasser versammelt, von Jane Austin bis Thomas Mann, von Hitchcock bis Sean Connery ... für alle, die Weihnachten wirklich lieben.


    Hier ein Auszug aus den prominenten Weisheiten:


    Nichts ist so ermüdend, wie wenn Menschen um einen herum feiern.
    Truman Capote


    Weihnachten ist das Fest der Hoffnung, dass es vorübergeht.
    Paul Gauguin


    Regelmäßig zum Fest der Liebe wächst meine Mordlust.
    Agatha Christie


    Wer Weihnachten einsam sein will, muss mit wohltätigem Besuch rechnen.
    Patricia Higghsmith


    Kleine Freundlichkeiten halten auf und kosten unnötig Geld.
    Howard Hughes


    Man wendet sein Gesicht dem Lichterbaum zu, um die Verwandten nicht zu sehen.
    Simone de Beauvoir




    Bittrich gewann den Hamburger Satirikerpreis und den Preis des Hamburger Senats. Sein Urgroßvater gründete 1905 den ersten Weihnachtsmann-Service Deutschlands. Von ihm erschien außerdem: Das Gummibärchen-Orakel der Liebe und Achtung, Gutmenschen! Er lebt als Autor in Hamburg.

  • Der Christbaumständer



    Beim Aufräumen des Dachbodens - ein paar Wochen vor Weihnachten
    entdeckte ein Familienvater in einer Ecke einen ganz verstaubten,
    uralten Weihnachtsbaumständer. Es war ein besonderer Ständer mit
    einem Drehmechanismus und einer eingebauten Spielwalze. Beim
    vorsichtigen Drehen konnte man das Lied "O du fröhliche" erkennen.


    Das musste der Christbaumständer sein, von dem Großmutter immer
    erzählte, wenn die Weihnachtszeit herankam. Das Ding sah zwar
    fürchterlich aus, doch da kam ihm ein wunderbarer Gedanke. Wie würde
    sich Großmutter freuen, wenn sie am Heiligabend vor dem Baum säße
    und dieser sich auf einmal wie in uralter Zeit zu drehen begänne und
    dazu "O du fröhliche" spielte. Nicht nur Großmutter, die ganze Familie
    würde staunen.


    Es gelang ihm, mit dem antiken Stück ungesehen in seinen Bastelraum
    zu verschwinden. Gut gereinigt, eine neue Feder, dann müsste der
    Mechanismus wieder funktionieren, überlegte er. Abends zog er sich jetzt
    geheimnisvoll in seinen Hobbyraum zurück, verriegelte die Tür und
    werkelte. Auf neugierige Fragen antwortete er immer nur "Weihnachts-
    überraschung". Kurz vor Weihnachten hatte er es geschafft. Wie neu sah
    der Ständer aus, nachdem er auch noch einen Anstrich erhalten hatte.


    Jetzt aber gleich los und einen prächtigen Christbaum besorgen, dachte
    er. Mindestens zwei Meter sollte der messen. Mit einem wirklich schön
    gewachsenen Exemplar verschwand Vater dann in seinem Hobbyraum,
    wo er auch gleich einen Probelauf startete. Es funktionierte alles
    bestens. Würde Großmutter Augen machen!


    Endlich war Heiligabend. "Den Baum schmücke ich alleine", tönte Vater.
    So aufgeregt war er lange nicht mehr. Echte Kerzen hatte er besorgt,
    alles sollte stimmen. "Die werden Augen machen", sagte er bei jeder
    Kugel, die er in den Baum hing. Vater hatte wirklich an alles gedacht. Der
    Stern von Bethlehem saß oben auf der Spitze, bunte Kugeln, Naschwerk
    und Wunderkerzen waren untergebracht, Engelhaar und Lametta
    dekorativ aufgehängt. Die Feier konnte beginnen.


    Vater schleppte für Großmutter den großen Ohrensessel herbei. Feierlich
    wurde sie geholt und zu ihrem Ehrenplatz geleitet. Die Stühle hatte er in
    einem Halbkreis um den Tannenbaum gruppiert. Die Eltern setzten sich
    rechts und links von Großmutter, die Kinder nahmen außen Platz. Jetzt
    kam Vaters großer Auftritt. Bedächtig zündete er Kerze für Kerze an,
    dann noch die Wunderkerzen. "Und jetzt kommt die große
    Ueberraschung", verkündete er, löste die Sperre am Ständer und nahm
    ganz schnell seinen Platz ein.


    Langsam drehte sich der Weihnachtsbaum, hell spielte die Musikwalze "O
    du fröhliche". War das eine Freude! Die Kinder klatschten vergnügt in die
    Hände. Oma hatte Tränen der Rührung in den Augen. Immer wieder
    sagte sie: "Wenn Großvater das noch erleben könnte, dass ich das noch
    erleben darf." Mutter war stumm vor Staunen.


    Eine ganze Weile schaute die Familie beglückt und stumm auf den sich im
    Festgewand drehenden Weihnachtsbaum, als ein schnarrendes
    Geräusch sie jäh aus ihrer Versunkenheit riss. Ein Zittern durchlief den
    Baum, die bunten Kugeln klirrten wie Glöckchen. Der Baum fing an, sich
    wie verrückt zu drehen. Die Musikwalze hämmerte los. Es hörte sich an,
    als wollte "O du fröhliche" sich selbst überholen. Mutter rief mit über-
    schnappender Stimme: "So tu doch etwas!" Vater saß wie versteinert,
    was den Baum nicht davon abhielt, seine Geschwindigkeit zu steigern. Er
    drehte sich so rasant, dass die Flammen hinter ihren Kerzen herwehten.
    Großmutter bekreuzigte sich und betete. Dann murmelte sie: "Wenn das
    Großvater noch erlebt hätte."


    Als Erstes löste sich der Stern von Bethlehem, sauste wie ein Komet
    durch das Zimmer, klatschte gegen den Türrahmen und fiel dann auf
    Felix, den Dackel, der dort ein Nickerchen hielt. Der arme Hund flitzte wie
    von der Tarantel gestochen aus dem Zimmer in die Küche, wo man von
    ihm nur noch die Nase und ein Auge um die Ecke schielen sah. Lametta
    und Engelhaar hatten sich erhoben und schwebten wie ein Ketten-
    karussell am Weihnachtsbaum. Vater gab das Kommando "Alles in
    Deckung!" Ein Rauschgoldengel trudelte losgelöst durchs Zimmer, nicht
    wissend, was er mit seiner plötzlichen Freiheit anfangen sollte.
    Weihnachtskugeln, gefüllter Schokoladenschmuck und andere Anhängsel
    sausten wie Geschosse durch das Zimmer und platzten beim Aufschlagen
    auseinander.


    Die Kinder hatten hinter Großmutters Sessel Schutz gefunden. Vater und
    Mutter lagen flach auf dem Bauch, den Kopf mit den Armen schützend.
    Mutter jammerte in den Teppich hinein: "Alles umsonst, die viele Arbeit,
    alles umsonst!" Vater war das alles sehr peinlich. Oma saß immer noch
    auf ihrem Logenplatz, wie erstarrt, von oben bis unten mit Engelhaar und
    Lametta geschmückt. Ihr kam Großvater in den Sinn, als dieser 14-18 in
    den Ardennen in feindlichem Artilleriefeuer gelegen hatte. Genau so
    musste es gewesen sein. Als gefüllter Schokoladenbaumschmuck an
    ihrem Kopf explodierte, registrierte sie trocken "Kirschwasser" und
    murmelte: "Wenn Großvater das noch erlebt hätte!" Zu allem jaulte die
    Musikwalze im Schlupfakkord "O du fröhliche", bis mit einem ächzenden
    Ton der Ständer seinen Geist aufgab.


    Durch den plötzlichen Stopp neigte sich der Christbaum in Zeitlupe, fiel
    aufs kalte Buffet, die letzten Nadeln von sich gebend. Totenstille!
    Großmutter, geschmückt wie nach einer New Yorker Konfettiparade,
    erhob sich schweigend. Kopfschüttelnd begab sie sich, eine
    Lamettagirlande wie eine Schleppe tragend, auf ihr Zimmer. In der Tür
    stehend sagte sie: "Wie gut, dass Großvater das nicht erlebt hat!"


    Mutter, völlig aufgelöst zu Vater: "Wenn ich mir diese Bescherung
    ansehe, dann ist deine große Überraschung wirklich gelungen." Andreas
    meinte: "Du, Papi, das war echt stark! Machen wir das jetzt Weihnachten
    immer so?"






    Verfasser ist mir leider nicht bekannt

  • Alle Jahre wieder scheint es schwer zu sein mit den guten Wünschen, die zu Weihnachten gehören, wie der Weihnachtsbaum.


    Die Worte sind so abgegriffen, zur Floskel erstarrt, werden tausendfach automatisch ausgesprochen. In einem anderen Blog las ich eben: Ich wünsch dir natürlich das Übliche ... das bringt das Problem auf den Punkt.


    Da muss man sich wohl was einfallen lassen, damit der andere merkt, dass man nicht das Übliche meint, nicht nur der Konvention folgt. Oder man verlässt sich darauf, dass der andere einen gut genug kennt ... ??

  • Und alle Jahre wieder Schaulaufen zwischen Krippe und Konsum


    Der Höhepunkt von Weihnachten ist die Bescherung, hörte ich gestern ... schöne Bescherung.


    Da kann man nur wünschen, dass der Höhepunkt nicht die Krise ist, die bei vielen gerade Weihnachten ausbricht. Man kann nicht auf Knopfruck 24 Stunden besinnlich sein, den familiären Frieden spielen, der an den übrigen Tagen des Jahres nicht existiert.


    Ich fürchte, die Erwartungen sind oft einfach zu hoch, an den anderen und an uns selbst ...


    Nach Weihnachten die meisten Selbstmorde, die meisten Scheidungen? Da muss etwas ganz schieflaufen beim Fest der Liebe.

  • ... und ein frohes neues Jahr!


    Während am anderen Ende der Scheibe das neue Jahr schon begonnen hat, warten wir noch auf den richtigen Moment, um es würdig zu begrüßen.


    Sylvester muss etwas Magisches haben, denn tatsächlich vergeht auch an diesem Abend nur ein Tag ... oder anders: an jedem Tag beginnt auch ein neues Jahr.


    Verbunden mit den guten Vorsätzen sind die guten Wünsche, mit denen man die anderen bedenkt. Die schwirren seit Tagen durch alle Gespräche. Sieht man sich noch mal? Dann doch lieber gleich!


    Auf vorgefertigten Karten kann man meist wählen zwischen dem frohen und dem glücklichen neuen Jahr. Hier nach dem Unterschied zu fragen, erübrigt sich, denn "froh" und "glücklich" gehören zusammen.


    Wenn wir da angekommen sind, dann sind wir auch "zufrieden".


    Die Frage, ob gute Wünsche helfen, ist das eine, ob sie ausreichen, das andere.


    Offen zu sein für das, was kommt, ist sicher richtig. Frei nach dem Motto: Was Gott mir hat zugedacht, das wird mir auch ans Bett gebracht!


    Aber das alleine wird wohl kaum ausreichen. Wir müssen mögliche Fügungen als solche erkennen können, dem Glück einen Stuhl vor die Tür stellen, wenn es anklopft.


    Jahrestage führen zum Rück- und Ausblick. An dieser Stelle muss man nicht rundum glücklich sein, in der Unzufriedenheit liegt der Antrieb, Neues zu erproben, Dinge tatsächlich zu verändern, soweit es in unseren Möglichkeiten liegt. Wunschlos glücklich mag verlockend klingen, bedeutet aber gleichzeitig Stagnation.


    Im neuen Jahr wird alles anders? Wohl kaum, denn ich bin ja dabei.


    In diesem Sinn wünsche ich allen, dass sie die Ziele erreichen, die sie sich selbst stecken, und Zufriedenheit, auch wenn der Weg sich als Ziel erweisen sollte ...


    ... und ein frohes neues Jahr!


    P. S. Der Text ist genau ein Jahr alt ... für mich hat er noch Gültigkeit.

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