Gerbrand Bakker, Oben ist es still

  • Erzählt wird die Familiengeschichte aus der Sicht eines Zwillings, der mit 18 Jahren seinen Bruder Henk durch einen Unfall verliert und dann auf Wunsch des Vaters die Stelle des Bruders am Hof einnimmt und sein Literaturstudium in Amsterdam abbricht.
    "Sieben Monate später war er tot und ich unter der Kuh und kam nicht mehr da weg"

    Seit 30 Jahren fühlt sich Helmer am falschen Ort, auf dem Hof seines Bruders, dessen Verlust ihn zu einem halben Menschen gemacht hat.


    Deshalb verfachtet Helmer zu Beginn der Romanhandlung seinen inzwischen bettlägerigen Vater nach oben, in sein altes Jungenzimmer.
    Der Vater soll da endlich sterben, damit Helmer sein Leben neu beginnen kann.


    Bakker schafft es, diese durchaus auch tragische Geschichte lapidar und mit trockenem Humor zu erzählen. Immer wieder muss man schmunzeln, wenn Helmer z. B. seine Mutter als "unerhört hässliche" Frau beschreibt, deren Liebe und Wärme natürlich auch dargestellt werden.

    Dann ist da der Vater, der wegen seiner körperlichen Schwäche völlig von dem Sohn abhängig ist, der ihn eigentlich nur noch sterben sehen möchte. Er lässt das Zimmer kalt, ruft keinen Arzt, stellt ihm Obst hin, das er nicht alleine essen kann.



    Vater hat die Mandarine nicht gegessen. Eigentlich will ich von ihm nichts sehen und hören. Ich habe ihn von unten nach oben gebracht, und jetzt könnte er sich von mir aufs Dach setzen und danach in die höchsten Wipfel der Pappeln am Rand des Hofs, um dann von einem Windstoß weggefegt zu werden, ab in die Luft. Das wäre am besten, wenn er einfach verschwinden würde.
    Ich krieg die Schale nicht ab, sagt er.
    ... Wenn er partout nicht verschwinden will, muss ich ihn waschen.

    Ich wollte, ich wäre tot, sagt der Alte.

    Jetzt, wo du gerade so schön sauber bist?, fragt Helmer zurück.

    Als die ehemalige Verlobte des Bruders den Hof nur dann besuchen will, wenn der Vater tot ist, muss dieser zumindest virtuell sterben. Helmer sagt ihm das und er solle, wenn sie durchs Haus geht, besser ganz still sein.
    Der Vater hält sich daran und als Helmer ihn später auffordert irgendetwas zu tun, meint er trocken: Ich bin doch tot.


    Und dann ist plötzlich wieder ein Henk auf dem Hof: Die ehemalige Verlobte schickt ihren 18jährigen Sohn ...



    Ich habe die tragikomische Geschichte gerne gelesen, sie hat mich berührt.


    Gerbrand Bakker, Oben ist es still
    Suhrkamp Verlag, Frankfurt
    7. Auflage 2012

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