Wo steckst du, Bernadette?

  • Hier ist der Leser gefordert, die Puzzle-Teile zusammenzusetzen. Die Perspektive wechselt ständig, ein allwissender Erzähler fehlt.


    Stattdessen geht eine 15jährige Tochter auf die Suche nach ihrer Mutter und der "Wahrheit".


    So beginnt der Roman:
    "Das erste, was nervt, ist, wenn ich Dad frage, was er glaubt, wo Mom geblieben ist, und er jedes Mal sagt: ,Das Allerwichtigste ist, dass du nicht denkst, es ist deine Schuld., Es ist Ihnen sicher nicht entgangen, dass das nicht die Frage war. Wenn ich dann nachhake, sagt er das Zweite, was nervt: ,Die Wahrheit ist kompliziert. Kein Mensch kann je alles über einen anderen Menschen wissen.,
    Mom löst sich zwei Tage vor Weihnachten einfach in Luft auf, ohne mir etwas zu sagen? Klar ist das kompliziert. Aber das es kompliziert ist und dass man meint, nie alles über einen anderen Menschen wissen zu können, heißt noch lange nicht, dass man es nicht versuchen kann.
    Heißt nicht, dass ich's nicht versuchen kann.


    Die Geschichte ist bizarr, wie das Leben manchmal auch ... gerade weil sie aus eingeschränkten Perpektiven erzählt wird. Jeder steckt in seinen eigenen Problemen und "erkennt" nur das, was er gerade ohnehin erwartet. Der größere Zusammenhang bleibt ihm verborgen.
    Den muss sich auch der Leser "erlesen". Zuletzt fügt sich alles ... weitgehend ganz ohne Kitsch.


    "Ich hab mich mit unbändigem Vergnügen durch dieses Buch gefressen", wird der amerikanische Schriftsteller Jonathan Franzen auf der Umschlagseite zitiert. Dem schließe ich mich an.


    Man muss sich durchfressen, am besten in einem Rutsch. So wurde es für mich zu einem reinen Lesevergnügen.


    Maria Semple, Wo steckst du Bernadette?
    btb München, 2015


    P. S. In dem Fall kann ich sogar nachvollziehen, warum das Buch in den USA 50 Wochen Nummer 1 der BestsellerListe war.

  • modischen Schnipselromanen

    Schnipselroman? Nennt man das jetzt so?


    Als Bücherwurm muss ich zum Lesen ja nicht auf Urlaub warten. Im Urlaub bin ich Regenwurm.


    Wer oft zurückblättern muss, wartet wahrscheinlich auf die App, die jedem Leser eine kurze Zusammenfassung der zuletzt gelesenen Seiten bietet :D

  • Huch! Thusnelda fott?


    "Schnipselroman" gefällt mir. Scheint in Mode zu kommen, die Handlung nicht fortlaufend zu erzählen, sondern Rückblenden, e-mail Fragmente, Telefonate, Tagebuchnotizen u.a.m. einzustreuen.
    Wenn's einer Rückblende-Erinnerungs-App bedarf um noch mitzukommen, darf man am Sinn der Schnipsel-Erzähltechnik zweifeln ... :D


    Deine abhanden gekommene Bernadette kenne ich noch nicht, kann dazu also nix sagen. Mal sehen, ob ich sie aufspüre - vielleicht in der Leihbibliothek? 8)

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