Auch österliche Gedanken, wie ich finde, durchaus lohnend, sich damit zu befassen
Leute, die in jungen Jahren von Kathecheten gequält wurden, neigen dazu, sich von Religion ganz abzuwenden.
Sie meinen, dass jede Religion zu Absolutismus, Despotie und mindestens Intoleranz neige, und glauben nicht, dass die Untergebenen unser zugehörigen Religion davon verschont bleiben sollen.
Hieraus ergeben sich eine Antithese und eine Frage. Die Antithese ist die Anregung zu bedenken: Zu jedem Wert, den der heutige Mensch als achtenswert ansieht, gibt es eine christliche Beschreibung. Es gibt zwar noch mehr Beschreibungen aus der Kirchlichkeit und der Kirchengeschichte für Angelegenheiten, die wir nicht als unbestreitbare Werte ansehen, doch sogar darüber könnte man mit dem Papst oder anderen Theologen zivilisiert debattieren.
Das Recht, aus biologischen Gründen nicht an die Auferstehung zu glauben, weil die natürliche Auslese Wesen bevorzugt hätte, die zu solcher Anpassungsleistung fähig wären, dieses Recht hätten Grundgesetz und Verfassungsgericht nicht gewährleisten können ohne die Tradition aus Christentum und Aufklärung.
Die Frage, die sich anhand der Auffassung, das jede Religion zum Bösen fähig sei, geradezu aufdrängt, ist die: Hätte es dann nicht geschehen können, dass eine Religion entsteht, die sich allein dem Garstigen verschreibt, die sozusagen die düstere Seite zu ihrem Inhalt erhebt und die eigentlich eine Religionsneurose wäre?
Es halten sich doch immer wieder Verrückte für den Messias, könnte nicht einer davon tatsächlich genügend Anhänger gewinnen, um zu einem Führer zu werden, der seine Legitimität mit einer Offenbarung begründet? Er müsste die Religion aus dem Spirituellen herausholen und ins Weltliche verlegen, er müsste den absoluten Machtanspruch erheben, dafür reiche Beute versprechen und selbstverständlich predigen, die einzig wahre Religion zu verkünden.
Alles andere ist Unglaube und führt in die Hölle. Ein solches Gedankensystem wäre egoistisch, das heißt, es hat sich selbst zum Inhalt und verlangt den Glauben an den wahren Glauben selbst, doch seine Anhänger dürften vor lauter Vorschriften, die es zu befolgen gilt, nicht zum Nachdenken kommen, außerdem kann man den Mangel an Gläubigkeit, den es notwendigerweise gäbe, durch Vehemenz und Missionseifer überspielen. Diese Religion würde dort anknüpfen, wo andere Religionen zum Machterhalt eingesetzt werden, und so schon als Staatsreligion zur Welt kommen.
Doch so was ist nicht vorgekommen. Und warum nicht? Weil wir so tolerant sind.?!
Oder einfach zu bequem geworden ?!