Beiträge von alt-aber-bezahlt

    Begeisterung, das Wort "Makler" zu lesen

    Nein, ich bin nicht "begeistert". Aber Du,liebe agr... (hier höre ich besser auf ;) ), warst es, der das "Bestellerprinzip ins Feld führte. Und damit bin ich sehr wohl persönlich betroffen. Wobei ich nicht glaube, dass ich so manche Zusammenhänge nicht etwa recht deutlich aufgeführt habe.

    Interessant finde ich Dein "...Eigentümer zielt, die ihre grundgesetzlich attestierte Verantwortung ziemlich aus dem Blick verloren haben". Nun mal Butter bei die Fische: wie sieht denn diese Verantwortung ganz konkret aus?

    Spielen wir das mal durch. Du hast (es sei Dir gegönnt!) von bisher unbekannten einem Erbonkel eine Summe von 1. Mio. € erhalten. Dein Eigentum! Was machst Du damit?

    1.) Du machst erst mal eine Weltreise. Ist das ein Problem, kann man Dir das verweigern? Nein.
    2.) Endlich genug Geld für die lang ersehnte Briefmarkensammlung! Und welche Schätzchen plötzlich erschwinglich werden! Ist das ein Problem, kann man Dir das verweigern? Nein.
    3.) Vorbei die Zeit der Einkäufe bei KIK oder so. Jetzt legst Du Dir schöne Markenbekleidung zu. Ist das ein Problem, kann man Dir das verweigern? Nein.
    4.) Du magst gutes Essen? Na, da sind ja jetzt regelmäßige Besuche im Lá Société angesagt. Ist das ein Problem, kann man Dir das verweigern? Nein.
    5.) Du denkst an Deine Zukunft, schließt eine Lebensversicherung ab, die Dir später gute Rentenzahlungen versprichst und legst noch ein paar Aktien oben drauf. Ist das ein Problem, kann man Dir das verweigern? Nein.


    Nein, Du verspürst eine "Verpflichtung" und kaufst 6.) 10 Eigentumswohnungen á 100.000 € (eine Milchmädchenrechnung, da allein die Kaufnebenkosten gute 10 % Deines Erbes auffressen werden. Aber egal). Ist das ein Problem, kann man Dir das verweigern? Nein - aber wieso wirst Du jetzt (!) mit einer ominösen "Verantwortung" konfrontiert, wie Du sie oben zitiert hast? Impliziert diese Verantwortung als Eigentümer, sich u. U. zu ruinieren?

    Liebe agr..., Dein Beitrag ist getragen von der landläufigen Vorstellung sich von einer gierigen Meute Eigentümer gepeinigt fühlender Mieter. Das ist Dir unbenommen. Aber neben einer sehr einseitigen und tendenziösen medialen Darstellung von "Wohnungsknappheiten" etc. haben wir es, wie Knuddel Schnööf völlig richtig feststellt, mit einer inkompetenten "politischen" Ebene
    zu tun, die die Träger eines funktionierenden Systems von Angebot und Nachfrage eben für dessen Funktionieren zur Rechenschaft zieht. Aber es ist wählerwirksam. Und in der Zeitung steht's ja auch. 8|

    Da Du, wie ich feststellte, ein Faible für Glossen zu haben scheinst, empfehle ich Dir aus Ephraim Kishons "Das Kamel im Nadelöhr" (deutsche Ausgabe 1982) die Satire "Der Heilige Krieg gegen die feisten Hausbesitzer". Ersetze die israelischen Namen und Städte durch irgendetwas Kölsches - und zur Realität hiesiger Eigentümer, die ihre Immobilien zur Vermietung stellen, ist es nur noch ein kleiner Schritt. Als ich das Stück vor über 30 Jahren erstmals las, habe ich herzlich lachen müssen.


    Heute arbeite ich in der Branche. Da bleibt das Lachen im Halse stecken. Wir sind verdammt nah da dran.

    Ha! Hier geht es in mein Fachgebiet.

    Liebe agrippinensis, Du hast einen der bösen, bösen Makler vor Dir. Na ja, nicht nur Makler. Ich bin auch Sachverständiger für Immobilienbewertung. Was ja nun (wenn auch solche Schwachsinns-Soaps wie „Mieten, Kaufen, Wohnen“ etwas Anderes suggerieren) durchaus Zusammenhänge aufweist.

    Und bitte: ich verstehe den Unmut. Bei jedem Interessenten muss sich doch die Faust in der Tasche ballen, wenn er für das (von ihm allein wahrnehmbare) Öffnen einer Tür und 20, vielleicht 30 Minuten im Objekt der Begierde dann eine Rechnung erhält, die in keinem Verhältnis dazu zu stehen scheint. Und tatsächlich will es auch logisch erscheinen, dass der vermietwillige Eigentümer die Musik bezahlt, die er doch scheinbar bestellt hat. So weit die landläufige Meinung.

    Wären da nicht so manche Ungereimtheiten. Hast Du schon mal ein Auto bei einem Händler gekauft, aggripnensis? Ein Abo abgeschlossen, einen Kreditvertrag, vielleicht einen Sparvertrag, einen Versicherungsvertrag? Such mal im Kleingedruckten (sofern denn eine gesetzliche Ausweispflicht besteht; das ist nicht überall so) und beantworte eine einzige Frage: wer bezahlt den jeweiligen Vertreter, Verkäufer, Vermittler letzten Endes?

    Ja, davon bekommst Du als Endkunde nichts mit. Wenn Du aber mal einen Blick in einen langfristig orientierten Sparvertrag wirfst, einmal anschaust, was für einen dicken Brocken die Provision des Vermittlers Deiner Lebensversicherung ausmacht - alles was Recht ist, aber das ist auch eine Nummer für sich. Zumal ja (bei sog. „freien Vertretern“) wiederholt administrative Klimmzüge gemacht werden (müssen?), um nicht etwa eine Scheinselbständigkeit zu bewirken. Und dabei wühlen die Leutchen oft genug "nur" online im System einer großen Gesellschaft herum, ohne jedoch - abseits der rechtlichen Erfordernisse - wirklich unabhängig von Dieser zu sein.

    Wieso wird das nicht kritisiert, aggripinensis? Ja, eine rhetorische Frage: weil es kaum wahrgenommen wird. Keine Rechnung, also ist es "kostenlos". Wer liest denn wirklich das Kleingedruckte? Und schon geht es dem Publikum am Sitzfleisch vorbei. Kritiklos werden da die Raten oder der Kaufpreis bezahlt. Die Vertriebskosten, wie auch immer strukturiert, zahlt in letzter Konsequenz der Kunde!

    Moment mal - dem gleichen Publikum, dem die Rechnung eines Immobilienmaklers als Frechheit oder was auch immer erscheint, geht das Alles irgendwo hinten vorbei???

    Aber nun etwas ganz Anderes. Du zitierst das Grundgesetz. Eigentum verpflichtet. Auch unsere Gerichtsbarkeit ist dem natürlich verpflichtet. Und gerade die Handhabe, die Du hier kritisierst, wurde von höchstrichterlicher Stelle als korrekt bewertet. Dies ist nun einmal Fakt - und über bestehendes Recht hinweg wird ein Gesetz verabschiedet, dasdieser Rechtsprechung entgegen steht? Unser Bundesverband, am Bundestag akkreditierte Interessenvertretung der Immobilienwirtschaft, hat zwar immer Änderungen angemahnt, diese Diskrepanz aber scharf verurteilt. Wieso?

    Stell Dir vor, Du gehst einkaufen. Dir ist der Kaffee ausgegangen (für mich eine Katastrophe!). Du gehst zum Händler Deiner Wahl und siehst Dir die Auslage an. Du entscheidest Dich für „Hempelmanns Feinste Mischung, koffeinfrei, gemahlen, 500 g, vakuumverpackt“. Dieses Päckchen legst Du der Kassiererin auf’s Band. Nichts Ungewöhnliches, oder?

    Aber, große Frage: wer ist hier der Anbieter? Nach landläufiger Meinung bietet der „Laden“ etwas an. „Die haben da ein ganz tolles Angebot!“ rutscht auch mir heraus, wenn ich den türkischen Gemüsehändler nebenan vor Augen habe. Allein: das ist falsch! Wie auch die Auslage im Kaffeeregal oder das, was mein Gemüsehändler im Schaufenster oder auf dem Gehsteig präsentiert: hier greift seit Jahrhunderten etabliertes altes römisches Recht, das auch in unserer aktuellen Gesetzgebung stets und überall seinen Niederschlag findet. Ein Angebot richtet sich an eine bestimmte Person - solche Auslagen richten sich „an Jedermann“, die Allgemeinheit. Ziel ist, aus der Gruppe aller Interessierten, der Allgemeinheit, Angebote zu generieren; die Juristen sprechen von „Invitatio ad offerendum“, der „Einladung zur Abgabe eines Angebots“. Liebe agrippinensis, tatsächlich bist nämlich DU es, der dem Händler (unter Inanspruchnahme der Kassiererin) durch das Auflegen des Kaffeepäckchens ein Angebot für ein Geschäft unterbreitest. DU bist Initiator des möglichen Kaufvertrags. Und damit bist DU es, der die Musik bezahlen muss. DU, der Du keinen Einfluss darauf hattest, dass es gerade diese Verkäuferin ist, die Dein Geld entgegen nimmt, dass der Betreiber des Geschäfts eine aufwändige und teure Deko innen und außen angebracht hat, dass der Betrieb auch dann aufrecht erhalten wird, wenn gerade mal keine Kunden im Geschäft sind. Auf nichts davon kannst Du Einfluss nehmen. Allenfalls, wenn Dir da etwas nicht zusagt, gehst Du zum nächsten Geschäft. DEINE Entscheidung, im ersten Laden kein Vertragsangebot zu machen und stattdessen das Geschäft 50 Meter weiter auszuwählen.

    Und ganz genau so hat der BGH vor gar nicht allzu langer Zeit entschieden, als ein Mieter ob der erhaltenen Rechnung mit vergleichbarer Argumentation wie der Deinen alle Instanzen durchlaufen hat, bis es zu diesem Grundsatzentscheid kam. Der einzige Unterschied zum klassischen Vertragsablauf ist, dass wir verpflichtet sind, unsere Angebote eindeutig als provisionspflichtig auszuweisen. Kommt daraufhin eine Anfrage im Büro an, so bedeutet das ein Vertragsangebot seitens des Mietinteressenten, eben auch der Provisionsverpflichtung. Und genau so, wie dies bei einem Ladeneinkauf der Fall ist: wenn Du Dich dann gegen die vorgestellte Immobilie entscheidest, wird man Dir keine Rechnung stellen. Dies, obwohl Du eine separate Dienstleistung in Anspruch genommen hast. Versuch das mal bei Deinem Anwalt, wenn Du beraten werden möchtest, ob in einer bestimmten Angelegenheit ein Rechtsstreit Aussicht auf Erfolg hat.

    Die gängige Erfahrung zeigt, dass im Durchschnitt ca. 20 Besichtigungstermine erforderlich sind, bis eine Immobilie einen passenden Meter findet. Was im Umkehrschluss mit sich bringt, dass da vielleicht zuvor 19 Kollegen anderer Büros andere Immobilien vorgestellt haben, ohne dass daraus ein Vertrag zustande gekommen wäre. Die sind kostenlos für Dich aktiv gewesen. Da erhebt niemand Einwände. Und persönlich sehe ich mich bei einer Besichtigung in der Rolle des Betreibers eines Ladens, der die Auslage vorstellt in der Hoffnung, dass der Salat den Zuspruch der Hausfrau findet. Hüben wie Drüben steht und fällt Alles mit der Entscheidung des interessierten Kunden. Aber weil im Falle einer Immobilie der „interessierte Kunde“ nun mal Mieter heißt, gilt anderes Recht?

    Sehr juristisch angehaucht, sehr technisch, ja. Mea culpa - oder doch nicht „mea“? Die Antwort fällt „juristisch“ aus, da Du es doch warst, der sich auf geltendes Recht beruft. Selbst hier greift auf verkappte Weise das „Invitatio ad offerendum“. Aber verlassen wir nun, soweit möglich, die rechtliche Ebene (wenn das auch nicht möglich ist). Zur Praxis (und auch die greift wieder eine Rechtsfrage auf): ;(

    das geltende Recht fußt auf dem Wohnraumvermittlungsgesetz von 1971. Dieses wurde seinerzeit initiiert, um den „galoppierenden Mieten“ entgegen zu wirken. Es sollte vermieden werden, dass sozial schwächere Mietinteressenten durch in die Kaltmiete einkalkulierte Vertriebskosten unnötig belastet würden. Heute, 43 Jahre später, vollzieht man mit der gleichen Begründung eine 180-Grad-Kehre? ?(

    Und was ist die Konsequenz? Ca. 80 Prozent „unserer“ Eigentümer verlang(t)en bisher Mieten unter (!) den Möglichkeiten des Mietspiegels. Unabhängig vom grundsätzlichen Schwachfug der zeitgleich beschlossenen „Mietpreisbremse“: diese Konstellationen lassen immer noch Luft für Mieterhöhungen. Geplant waren die zwar nicht. Aber erstens hat das Hickhack um die „Mietpreisbremse“ einige der Eigentümer bereits zu einer außerordentlichen Preisrunde veranlasst. Weiterhin hat man uns deutlich zu verstehen gegeben, dass man unsere Arbeit auch in Zukunft in Anspruch zu nehmen gedenkt. Was ist also zu tun in einer Welt, in der etwa 30 % aller Eigentümer angesichts einer Vielzahl oft unsinniger Auflagen und einer äußerst eigentümerfeindlichen Rechtsprechung im Einzelfall (gnade Gott dem Eigentümer, dessen Mietstreitigkeit von einem Richter verhandelt wird, der selbst Mieter ist) schon jetzt nicht mehr kostendeckend zu vermieten vermögen? Eben die Einpreisung unserer Vertriebsrechnungen in die Kaltmieten (also genau da, was das ’71er Wohnraumvermittlungsgesetz unterbinden wollte)! Dies geht einher mit der (auch jetzt und schon lange rechtskonformen) Vereinbarung des gegenseitigen Kündigungsverzichts für die Dauer von bis zu 4 Jahren. Glückauf dem Mieter, der vielleicht nach 2 Jahren Mietdauer die Liebe seines Lebens findet, in einer größeren Wohnung zusammen ziehen möchte und dann noch 1, 2 Jahre den Mietvertrag einer im Grunde nicht mehr benötigten Wohnung am Halse hat. :thumbsup:

    Die ungeliebten Staffelmietverträge werden eine Renaissance erleben (die sind von der Mietpreisbremse nicht betroffen). Was wird wohl aus den Angeboten bei meiner früheren Vermieterin, die ihre Mietpreise trotz erklecklicher Investitionen in ihr Haus seit 2009 (solange ich sie kenne) stabil gehalten hat?

    Nun ja, agrippinensis, Du stellst auch die Frage nach der „Arbeitsunlust“ des Eigentümers. Wo aber steht geschrieben, dass man sich nicht fremder Hilfe bedienen kann und welchen Einfluss hat das auf geltendes Recht?

    Wie man es dreht und wendet: wenn das „Bestellerprinzip“ in Kraft tritt, ist es für Wohnungssuchende vorbei mit der jetzt noch gegebenen Möglichkeit, von provisionspflichtigen Angeboten Abstand zu nehmen. Diese Menschen sind dann nicht einmal mehr meine Kunden! Ich werde zum Erfüllungsgehilfen des Eigentümers und vertrete nur noch (!) dessen Interessen. Und im Gegensatz zur bisherigen Handhabe, bei der die Inanspruchnahme provisionspflichtiger Angebote zugleich als starkes Indiz für die Solvenz des Kunden galt, wird man nun ganz besonders intensiv nachforschen. All dies Dinge, zu denen vielen Eigentümern Mittel und Wege nicht gegeben sind. Und haben sie erst einmal eine Laus im Pelz sitzen, ist es ein Heidendrama, diese wieder los zu werden und zumeist mit erklecklichen Einbußen verbunden. Auch das ein Grund für viele Eigentümer, einen Makler zwischenzuschalten. Zumal auch erwartet wird, dass wir die sich ständig (und zumeist zu Lasten der Vermieter) ändernde Rechtsprechung kennen und sichere Verträge abzuschließen vermögen. Du sagst ganz richtig: die meisten Vermieter haben genug Anderes um die Ohren.

    So haben wir nun schon erste, zunächst nicht einmal geplante Mieterhöhungen hinter uns, und weitere werden folgen. Und wird es die Mieter treffen, denen es im Prinzip gleich sein kann, ob ihre Bude nun 1.400 € oder 1.600 € kostet? Wohl kaum. Es trifft die „kleinen Leute“ - also eben die, denen man zu „helfen“ vorgibt. Und vor allen Dingen: sagen wir mal, nach 3 Jahren hat sich für den Vermieter die Rechnung des Maklers amortisiert. Wer ist so naiv zu glauben, dass nun die Miete entsprechend gesenkt wird? Von wegen! Die Eigentümer werden für diese „kalte Mieterhöhung“ dankbar sein, bedeutet doch eine jede Erhöhung stets einen Unsicherheits- und Unruhefaktor und birgt zudem das Risiko endloser und entnervender Auseinandersetzungen mit dem Mieterbund? Der Mieter zahl de facto den Makler weiter. Auch in den Fällen, bei denen ohne Makler vermietet wurde - denn ohne Auswirkung auf das allgemeine Mietpreisniveau wird das nicht bleiben.

    Du hast mit Deinem abschließenden Satz vollkommen Recht: Mieter sind keine Dukatenesel. Da bin ich bei Dir! Nur: Vermieter sind es auch nicht. Und es ist nun einmal trauriger und nachweisbarer Fakt, dass sich die Steuer- und Abgabenbelastung seit Mitte der 60er Jahre (also nur recht kurze Zeit vor Inkrafttreten des Wohnraumvermittlungsgesetzes) verzwanzigfacht X( hat. Wo siehst Du nun die Hauptschuld, wenn im Geldbeutel immer weniger hängen bleibt? Die Mieten sind moderater gestiegen. Deutlich moderater! Was aber in so mancher Argumentation keinen Eingang findet. Da „verpflichtet“ Eigentum. Ich habe aber eine ganze Reihe Eigentümer kennen gelernt, die ihre Immobilien abgestoßen haben, ehe sie von Ihrem Eigentum „vernichtet“ wurden.

    Denn egal, was das Grundgesetz aussagt: niemand ist verpflichtet, eine Wohnung zur Miete anzubieten. Wie und durch wen auch immer.

    Untergang des Abendlandes, Mieterelend usw.? Nein, so weit kommen wir nicht. Aber einmal mehr greift der Gesetzgeber in ein funktionierendes System von Angebot und Nachfrage ein. Ein Wahlgeschenk, das letztlich (über ein nun steigendes Mietniveau, vergiss die Mietpreisbremse) von Allen zu bezahlen ist. Und dessen Ausprägungen geltendem Recht widersprechen, die verfassungsrechtlich (also worauf Du Dich berufst) zweifelhaft sind.

    Wir sehen eine lange Reihe von Streitigkeiten voraus, bis die Rechtslage sich eingependelt hat und wieder Rechtssicherheit besteht. Mag sein, dass die Dinge so zurecht gebogen werden, dass die angeblich so wünschenswerte Entwicklung bestätigt wird. Dann geht man eben vor wie zuvor beschrieben. Zu Lasten der Mieter. Oder aber der ganze Sermon wird gecancelled. Dann wird man in 3, 4, 5 Jahren wieder zur alten Praxis zurückkehren können. Vielleicht. Aber selbst dann wird ein im Grunde vermeidbarer Preisschub lange Fuß gefasst habe und Grundlage ab dann wieder nach jetzt bekanntem Schema abgeschlossener Mietverträge sein. Auch das zu Lasten der Mieter. Wem bringt es etwas - das Eine wie das Andere?

    Soll ich Dir nun noch erläutern, wie sehr unser Verband darum gekämpft hat, dass der Gesetzgeber endlich eine klare Regelung auf die Beine stellt, die Immobilienmaklern wenigstens eine Sachkundeprüfung abverlangt? Und noch immer predigen wir tauben Ohren. Ja, uns seriösen Mitgliedern der Zunft gehen die Säcke ohne Ahnung und Verstand auch auf den Senkel, wenn sie am Ende noch nicht einmal bei der Besichtigung vor Ort sind und stattdessen die noch in der Wohnung anwesenden Mieter mit Terminen und der Forderung der Führung ausgehändigter Interessentenlisten beauftragen. Da geht mir der Hut hoch! Und das ist vielleicht der einzige Vorteil des Bestellerprinzips: diese Galgenvögel werden sich nicht halten können.

    Aber das hätte man billiger haben können. Und besser. Aber wer hört schon auf die Makler?

    Klar doch: wer braucht die schon? Dann setz Dich bitte mal eine Woche zu mir ins Büro. Aber bitte nicht mit der Vorstellung, eine Live-Version von „Mieten, Kaufen, Wohnen“ verfolgen zu können. :thumbup:


    Sooo lange ist es doch nicht her, dass Deutsche auf der Flucht und auf Hilfsbereitschaft angewiesen waren. Vergessen? Verdrängt?

    Welche Deutschen waren auf der Flucht, aggripinensis, wer war auf Hilfsbereitschaft angewiesen, und wer hat tatsächlich Flüchtlinge in namhafter Zahl aufgenommen?

    Ich weiß, dass ich mit meiner Einstellung in einem meinungstechnisch glatt gebügelten Land gern einem Spektrum zugeordnet werde, das mir selbst zuwider ist. Aber ich habe in meinem alten Heimatort erlebt, auf welche Irrwege gut gemeinte Hilfsbereitschaft zu führen vermag - und trage eben Bedenken, dass, da im großen Kontext eine vergleichbare Geisteshaltung vorherrscht, diese Fehler nicht nur wiederholt werden, sondern in letzter Konsequenz eine unberechtigte, weil pauschalisierte Abwehrhaltung gegenüber wirklich Hilfsbedürftigen bewirken. Also gönnt mir bitte hier diesen Raum zur Erklärung.


    Der Reihe nach: aus historischen Gründen (im späten 17. und frühen 18. Jahrhundert wurde meine Heimat durch einen sehr freidenkerischen Landesherrn geprägt. Viele (vor allen Dingen religiös Verfolgte fanden dort eine neue Existenz (man merkt dies an vielen Namensgebungen, die deutlich die hugenottische Herkunft bezeugen). Wenn auch dieser Landesherr später "abserviert" wurde: mit den "Zujelöööfenen" hatte man recht gute Erfahrungen gemacht - die abgeschiedene Region profitierte im Großen und Ganzen. Und so ging es denn auch weiter, bis hin zur Aufnahme einer großen Zahl Vertriebener aus den Ostgebieten des alten Deutschen Reiches. In meinen Kindheitstagen war die Elterngeneration durch etwa 1/3 Schlesienstämmige geprägt.

    Meine Mutter hat mir mal erzählt, wie die Stimmung war, als Ausgebombte und Vertriebene dort aufschlugen: "Die konnten wir gebrauchen wie's Steinetragen - aber denen ging's ja noch viel dreckiger als uns selber." Also keine wirkliche Liebe, aber eben doch Einsicht in die Notwendigkeit. Und meine Generation machte ohnehin keine Unterschiede mehr. Was war für mich als Knirps denn "Schlesien"?

    Am Rande: der Abgang des freundlichen Landesherrn brachte die Auswanderung einer christlich orientierten Gruppe in die Neue Welt mit sich. Nach Kriegsende suchte man dort die Wurzeln der Kirchenväter, was meinem Heimatdörfchen in dieser schon immer ärmlichen Region einen "Marshallplan" der besonderen Art einbrachte: im Gegensatz zu den Nachbardörfern hatten wir schon Mitte der 50er Jahre ein Schulgebäude moderner Prägung, an Pilgerfahrten gemahnende Arbeitseinsätze der Kirchenmitglieder (in unseren Augen wohl mehr so was wie eine Sekte, was aber nicht negativ zu sehen ist) schlossen den etwa 200 Meter höher gelegenen Teil des Dorfes an die öffentliche Wasserversorgung an usw. usw. Dies wird noch von Bedeutung sein.

    Die Schule wurde wegen zurück gehender Schülerzahlen Ende der 80er Jahre zugunsten eines Pappmachégebäudes im Nachbardorf geschlossen (ein Schelm, wer einen Zusammenhang mit der Tatsache sieht, dass der damalige Stadtdirektor in jenem Dorf wohnte :D ). In all den Jahren hatte "Geldmangel" jegliche Investition der mehrfach umstrukturierten Träger in die Liegenschaft verhindert. Alle notwendige Hilfe kam von der US-Kirche und wurde in Eigenleistung der Dorfbewohner umgesetzt.

    Und zu dieser Zeit verfolgten wir fassungslos, dass das in unseren Augen so festgefügt erscheinende Gebilde Jugoslawien in Trümmer ging. Das "Sarajevoooooooo" von den 80er Winterspielen noch im Ohr, verstanden wir die Welt nicht mehr. Und aus diesem "Bürgerkrieg" sollten nun Flüchtlinge aufgenommen werden. Was die leer stehende Schule ins Blickfeld rückte.

    Woher der plötzliche Geldsegen kam, mit dem der Umbau des Gebäudes zum "Aufnahmelager" finanziert wurde, erschloss sich uns nicht. Die Amerikaner hatten die Schließung schon nicht verstanden; immerhin entsprach es christlichem Selbstverständnis, die Umfunktionierung zugunsten Hilfsbedürftiger zumindest zu akzeptieren.

    Und dann kam die erste Flüchtlingscharge. Um Himmels Willen! Was für meine Generation allenfalls Schulthema hatte sein können, weckte nicht nur bei den alten "Schlesiern" Erinnerungen, die ihnen das Wasser in die Augen trieb. Wenn auch hier die offenen Arme ausblieben, so waren jegliche Vorbehalte vergessen, die man zuvor vielleicht in sich getragen hatte. Diesen Menschen ging es erkennbar beschissen (Entschuldigung, aber es passt!).

    Scheue Kinder, die den Einheimischen erst nach 2, 3 Wochen nicht mehr aus dem Weg gingen, Frauen, die sichtlich beunruhigt die Straßenseite wechselten, wenn ihnen ein fremder Mann entgegen kam, mögen ein Bild dessen vermitteln, was diese Leute vielleicht erlebt hatten. Die Männer waren offener. Viele waren zuvor schon als Gastarbeiter im Lande gewesen, brachten - wenn auch gebrochene - Deutschkenntnisse mit. Und prompt klapperten sie die kleinen und mittelständischen Betriebe der Gegend auf der Suche nach Arbeit ab. Sie machten große Augen ob der Offenbarung, dass sie nicht arbeiten durften. Unverständnis seitens Derer, die sich erstmals seit Monaten sicher fühlten.

    So stürzten sie sich auf die Liegenschaft. Kaum ein Tag, an dem der Rasenmäher nicht röhrte, kein Tag, an dem die Frauen nicht das Gebäude reinigen. Wir sahen, wie dort scheinbar ständig gekehrt wurde. Was, nebenbei, auch für den Schulhof galt. So pingelig sauber wie zu jener Zeit hatten wir die Anlage noch nie gesehen (und auch später nie wieder).

    Und dann kam die Sache mit der "Diskriminierung" auf. Keine Ahnung, welcher Vollstoffel der Meinung war, die Flüchtlinge würden durch die Verwendung der (mir auch noch aus meiner vorherigen Tätigkeit als Marktleiter bei REWE bekannten) Bezugsscheine als "Nicht-Einheimische" diskriminiert. Als ob nicht schon die Sprachbarriere deutlich machte, dass diese Menschen woanders ihren Ursprung hatten. Ganz abgesehen davon, dass sie sich in einem Umfeld bewegten, in dem Jeder den Geburtstag auch des Haushundes seines Nachbarn kennt. Das Unheil nahm seinen Lauf.

    Es wurde nun seitens der Gemeinde Bargeld ausgezahlt. Dies, wohlgemerkt, in Erwartung der Empfänger, noch Versorgungsscheine zu erhalten. Nun griffen einige wohl eher patriarchalische Handlungsschemata der Heimat. Völlig entsetzt berichtete mein früherer Nachbar, der Hausmeister (ich habe 21 Jahre direkt neben der Schule gewohnt) von Zlatko, der ihm voller Stolz eine neue Lederjacke präsentiert habe. "Addolf, gutt???"

    Kaum mehr als ein Missverständnis. So gut war das Deutsch der Jugoslawen (für uns immer noch) nun doch nicht, dass sie den feinen Unterschied zwischen einer Spende der recht freundlichen Einwohnerschaft und deutschem Behördenkrampf wirklich hätten verstehen können. Unmut auf beiden Seiten machte sich breit, wenn es auch bei diesem Ausrutscher blieb. Viele "Schlesier" sagten dazu nur "Wenn wir damals...". Wobei recht deutlich der behördliche "Schwachsinn" kritisiert wurde. "Kein Wunder, wenn so was in die Hose geht."

    Diese erste Gruppe verließ uns nach knapp 5 Monaten. Es gab ein paar Tränchen bei Kindern, die neue Freundschaften geschlossen hatten. Aber auch der Nachrichtenaustausch mit dem Heimatland hatte funktioniert: oft genug erzählten die Leute von der Entwicklung in ihren Heimatorten. Wen wundert es daher, dass der Informationfluss auch den anderen Weg finden konnte? Vielleicht auch dergestalt, dass man zwar nichts tun müsse (dürfe), trotzdem aber harte D-Mark erhielt? :huh:

    Wir bemerkten, dass schon mit der zweiten Charge ein anderer Wind einzog. Und mit jedem Mal wurde das auffälliger. Nach kaum mehr als einem Jahr gab es keine Kontakte mehr zwischen "Ureinwohnern" und "Flüchtlingen". Soll heißen, gewollte Kontakte. Was auch ins Auge fiel, war das Verwahrlosen der Liegenschaft. Kein Rasenmäher röhrte mehr, niemand fegte den Schulhof. Letztlich entsandte die Kommune alle 2 Wochen einen Reinigungstrupp, der wiederholt ganze Berge an Müll vor dem Gebäude lagerte, die per Sonderabfuhr entsorgt werden mussten.

    Währenddessen hatten sich auf dem Schulhof (auf dem sich im Laufe dieser Entwicklung mehr und mehr - zwar ältere - Modelle der Marken Daimler Benz und BMW einfanden) größere Diskussionsrunden eingefunden. Mit zunehmender Lautstärke palaverten dort die Männer im Kreise (man verstand natürlich kein Wort), während die Frauen um sie herum scharwenzelten und sie mit Speis' und Tank versorgten. Dass zu jener Zeit zudem häufig fremde Kinder an den Häusern anklingelten und die Hand offen hielten, kam hinzu. Es schien, dass jedes, aber auch wirklich jedes Negativklischee bedient werden sollte, dass man mit "Ausländern" bisweilen verbindet. Was die "Schlesier" zu dieser Entwicklung sagten, ist nicht druckreif. Und, zuvor unüblich: die Einwohner schlossen jetzt ihre Türen ab, wenn sie die Häuser verließen.

    Im Jahr 1995 war der Spuk vorbei. Erstmals seit 6 Jahren konnte ich meine alte Schule wieder betreten (als Ehrenamtlicher in Vereinsdiensten hatten wir das Gebäude seinerzeit noch bis 1989 mit nutzen können): kaum vier Jahre nach den echt aufwändigen Sanierungs- und Umbauarbeiten fand ich zertrümmerte Sanitäranlagen, recht großflächige Brandstellen auf den Linoleumböden (ein Wunder, dass die ganze Bude nicht abgefackelt ist), Dreck ohne Ende und - immer noch unfassbar - an den Innenseiten (!) gespaltene Fensterrahmen, um die schlimmsten Auffälligkeiten zu benennen. Passiert so etwas zufällig?

    Das Gebäude steht seitdem leer. Wie zuvor heißt es "Kein Geld". Private Initiativen scheiterten, da die Kommune keine Zusicherung zu geben bereit war, das Gebäude nicht vielleicht doch wieder einer anderen Verwendung zuzuführen. Seit nunmehr 13 Jahren wird es nicht mehr beheizt. Man sucht immer noch einen Käufer.

    Krönung des Ganzen war die Anfrage der Stadtverwaltung an den diese Verbindung aufrecht haltenden Heimatverein, doch "einfach mal die Amerikaner anzusprechen". Die hätten ja schon in der Vergangenheit... Himmelherrgott, wie naiv kann man denn nur sein? :cursing:

    Natürlich hatte diese "Kirche" weit weg die Entwicklung verfolgt. Dem behördlichen Ansinnen nach Unterstützung trat man denn auch recht barsch entgegen: man habe seine Wurzeln gesucht und gefunden, sehr schöne Kontakte aufgebaut und dem Dorf (!!) der Gründerväter der Kirche in Zeiten der Not Unterstützung angedeihen lassen. Um zu erfahren, dass alles, was man dem Dorf (!!) hatte zukommen lassen, diesem "weggenommen" wurde: die Schule gehört der Stadt, die Wasserleitung dem Kreis usw. usw. Nein, in ein solches Tohuwabohu stecke man kein Geld mehr. Na ja, auch christliche Nächstenliebe stößt irgendwann an Grenzen, nicht wahr?

    Dies die Entwicklung, wie sie sich vor meiner Nase abspielte. Und ebenso konnte ich den Stimmungsumschwung der einst traditionell aufnahmefreundlichen Einwohner beobachten. Nur vier Jahre hatten ausgereicht, hier einen kompletten Wandel herbei zu führen - und ganz gewiss war dies nicht der ersten Gruppe Flüchtlinge anzulasten. Dieses Problem kam erst auf, als jemand "Diskriminierung" glaubte feststellen zu müssen. Wobei sich doch ganz offenkundig die "Diskriminierten" gar nicht diskriminiert fühlten.

    Langer Rede kurzer Sinn: zwischen "Flüchtlingen" und "Flüchtlingen" sollte man sehr wohl nicht nur eine Unterscheidung zu treffen, sondern auch notwendige Konsequenzen zu ziehen bereit sein. Es erscheint kaum vorstellbar, dass die geschilderte Entwicklung ausschließlich dieses eine Dörfchen hat betreffen können. Und während über Jahrhunderte hinweg ich weiß nicht wieviele Flüchtlinge und Vertriebene dort eine zwar nicht begeisterte, aber immerhin wohlwollende Aufnahme fanden, herrscht heute tiefes Misstrauen. Eine fatale Entwicklung, wie ich finde. Vor allen Dingen nicht im Sinne der Menschen, die wirklich unserer Hilfe und Anteilnahme bedürfen.

    Allerdings hat sich eine neuerliche Sache ergeben; ob das in direkten Zusammenhang steht, wissen aber die Götter. Ohne je auf die frühere und auch bis vor gut 20 Jahren unbeeinträchtigte Offenheit einzugehen, konstatierte vor etwa drei Jahren eine in der Heimatpresse zum Besten gegebene "Untersuchung" einen "hohen Stimmenanteil" zu Gunsten der NSdAP in unseligen Zeiten. Darob sei die Vergangenheit in "neuem Lichte" zu betrachten. Auch die ablehnende Haltung gegenüber "Flüchtlingen". Aha.

    Nun gut, jeder rückt sch sein Weltbild so lange zurecht, bis es ihm passt. Zumal die "Untersuchung" von einer Gruppe Schüler des städtischen Gymnasiums (meiner alten Alma Mater) durchgeführt wurde, die zu Zeiten des jugoslawischen Bürgerkriegs noch in den Windeln steckte. Die nicht abwegige Frage, ob wenn die "Kirche" im fernen Amerika ihre Ablehnung weiterer Förderung wegen ebenfalls als "rechts" zu betrachten sein, wurde nicht gestellt.

    Im Online-Forum einer großen deutschen Zeitung kam die Frage auf, ob man Flüchtlinge auch privat aufzunehmen bereit sei. Man bat um Antwort und vielleicht auch persönliche Erfahrungen. Das zuvor Beschriebene in 800 Zeichen darzustellen, ist natürlich so eine Sache.

    Aber das ist ohnehin egal. Ich habe es drei Mal probiert. Drei Mal fiel mein Beitrag der "Nettiquette" zum Opfer. Na, dann...

    Ob das wohl auch der Fall gewesen wäre, hätte ich etwas Positives im Sinne der Aufnahme beisteuern können? Was meint Ihr? Der Bockmist von Burbach usw. hat ja schließlich auch seinen Eingang in die Berichterstattung gefunden.

    Eine Frage der individuellen Wahrnehmung.


    Ich finde, dass eine Mehrheit der Bürger den 3. Oktober schon lange als “Feiertag” im Sinne eines
    freien Tages okkupiert hat. So weit, so schlecht. Das, was dieser Tag uns eigentlich vermitteln sollte, gerät dagegen in den Hintergrund.


    Kann nicht etwa jeder Zeitzeuge eine klare Aussage dazu treffen, wo und bei welcher Gelegenheit ihn
    die Nachricht von der Maueröffnung ereilt hat? Ich zumindest schon. Allzu
    aufwühlend war dieser Augenblick, als meine Frau mich von der Montage ihrer neuen
    Küchenspüle durch ein mit fassungslosem Blick und feuchten Augen vorgetragenes
    “Die Mauer ist auf!” zum Fernsehapparat lotste. Die Erinnerung an den Rest des
    Abends ist in einem zusammenhanglosen Nirwana untergegangen, wie in einem
    dichten Nebel. Die Spüle habe ich am nächsten Tag angeschlossen.


    Diese Emotionalität des Augenblicks kann kein verordneter Feiertag je ersetzen. Mehr als einen
    Opernsänger, der am 3.Oktober 1990 das „Lied der Freude“ anstimmte, habe ich vom
    offiziellen Festakt nicht behalten. Der 9. November 1989 erfüllte jedoch alle
    Erfordernisse, DER “Tag der Deutschen” zu sein. Und gerade ein Brückenschlag
    zum gleichen Tage im Jahr 1938 zeigt doch auf, dass wir es mit einem gänzlich
    anderen Deutschland zu tun haben als dem, das einst unter einem
    Verbrecherregime eine unselige historische Talfahrt unternahm.


    Ganz persönlich? Ich werde morgen, am 3. Oktober 2014, in meine alte Heimat fahren. Zum 10. Male jährt sich der
    Todestag meines jüngeren Bruders. Meinen 88jährigen Vater werde ich bei dieser
    Gelegenheit aus der selbst gewählten Abgeschiedenheit seines Wohnheimes zum
    Grab des Sohnes fahren und ihn anschließend über das Wochenende nach Köln
    holen; unmöglich für mich, den Witwer, der diesen Verlust nie wirklich
    verarbeiten konnte, zu diesem Anlass allein gelassen quasi im eigenen Saft
    schmoren zu lassen. Und auch eine Ablenkung für mich von den dumpfen Gedanken,
    die mich zu diesem Anlass umtreiben.


    Und es ist Feiertag, obendrein ein Freitag, der ein verlängertes Wochenende dazu einleitet? Wie passend und
    angenehm!


    Ach so, der “Tag der Deutschen Einheit” ist es ja auch noch.

    Als sooo eindeutig, wie das nun (in erster Linie seitens der Medienwelt) dargestellt wird, betrachte ich das Ergebnis der Abstimmung nicht gerade. De facto zeigt sich die Bevölkerung Schottlands als in zwei Lager gespalten, und kann man so naiv sein zu glauben, dass mit der Abstimmung nun die Stimmung im pro-britischen Sinne kippt? Dass wir nun - unabhängig von der nun verhinderten Abspaltung - ein anderes Schottland haben werden als zuvor, ist für mich ausgemachte Sache. Die schon bereits zugesagten erweiterten Autonomiebefugnisse sprechen eine beredte Sprache. Übersehen wir auch nicht, dass es wohl vor allem jüngere Wähler waren, die sich für ein selbständiges Schottland entschieden haben.

    Viel aussagekräftiger erscheint mir die hohe Wahlbeteiligung. Stellen wir dem die oftmals geradezu beschämend niedrigen Quoten nicht nur in unserem Lande gegenüber, so lese ich daraus, dass die Menschen sehr wohl zum Urnengang zu bewegen sind - sofern sie noch den Eindruck haben, etwas bewegen zu können.

    Und wo hunderte von Jahren nicht ausreichen, etwas so fest zusammen zu schmieden, dass nicht doch so starker Widerspruch laut wird, sollte gerade das für die Zwangsvereiniger und -vergrößerer der EU eine kräftige Warnung sein - eine Lehrstunde für die Befürworter von Zentralismus und Alternativlosigkeiten. Da aber das Ergebnis als Solches schon wieder (und erwartungsgemäß) schöngeredet wird, ist es wohl eher eine Leerstunde.

    Ach Leute, Ihr seid wirklich herrlich!

    Ich habe eine Begegnung im Zug beschrieben und das mit einer ironischen Schlussbemerkung versehen. Ich habe Erfahrungen aus über 30 Jahren Tätigkeit in Aus- und Weiterbildung eingebracht und eine beobachtete Tendenz beschrieben. Wo habe ich aber "die Jugend" nieder gemacht, sie generell als nichtsnutzig diffamiert? Habe ich nicht angeführt, dass ich sehr wohl noch Jugendliche ausbilde, jedoch bei der Bewerberauswahl nicht die Kriterien anzulegen bereit bin, die doch eigentlich einen Hinweis auf erworbene Kenntnisse und Fähigkeiten geben sollten?

    Wenn ich Realschulabgänger mit einer "2" in Mathematik anführe, die mathematische Grundlagen ganz offenkundig nicht beherrschen - wer um alles in der Welt hat denn diese Note vergeben? Die betroffenen Schüler etwa?

    Immewigger ist haarscharf am Kern der Dinge vorbei geschrammt, wenn er sich dabei auch an der ironisch gemeinten Rentenaussage aufhängt (nebenbei: 5 Kinder sind zwar übertrieben, aber statistisch betrachtet habe ich mit meinen 3 Söhnen das System ausreichend unterstützt, wie ich finde). Ja, diese Beobachtungen der Symptome (Symptome, Herrschaften, nicht der Menschen!) weisen tatsächlich auf grobe Versäumnisse und Fehler gerade meiner Generation hin. Wie alle unsere Vorgänger wollten und wollen wir die Dinge besser machen, aber irgendwie sind auf diesem Wege einige Gleise falsch gestellt worden. Mir will scheinen, dass, anstatt eine grundlegende Analyse vorzunehmen und vielleicht den Zug in eine andere Richtung zu lenken, stattdessen aber mehr Dampf auf den Kessel gegeben und dann und wann vielleicht auch mal der Zugführer ausgewechselt wird.

    Die Jugendlichen sind stets das Produkt der Elterngeneration - aber wo haben wir die Weichen u. U. falsch gestellt? Aus meiner bescheidenen Warte kann ich eben nur meine Erfahrungen aus Aus- und Weiterbildung beibringen. Hier zu beschreiben, mit welcher Argumentation bisweilen völlige "Rohrkrepierer" durch die Abschlussprüfungen meiner alten IHK geschleust wurden, welche Diskussionen mit den übrigen Ausschussmitgliedern ich führen musste, würde den Rahmen sprengen - aber stehen hinter all dem nicht auch ein Ausbildungsbetrieb, ein Elternhaus, hoch dotierte "Fachleute", die Prüfungen und Anforderungen ausarbeiten usw.?

    Ja, und die Beschreibung der Symptome (!) ist also ein klarer Fall von "Generationenkonflikt", ist "klischeehaft". Wie schön, dass Eure Gedankengänge ja so gar nicht von Klischees beeinflusst werden, nicht wahr?