Wie man in Düsseldorf eine Kunstausstellung eröffnet
Wer Sorgen hat, hat auch Likör
Wer Haare hat, muss zum Friseur
Wer christlich denkt, ist auch gekämmt
Noch wenn die ganze Welt verbrennt
Und alles, was da kreucht und tritt
Mit!
Gelbe Tulpen und Neurosen
Uniformen, Herbstzeitlosen
Zarte Birken und Napalmen
Säufer an schwankenden Halmen
Elektronengehirne
Die Nachbargestirne
Jetzt auch in Dosen
Nebst anderen Chosen
Cogito, ergo consum
Heimat, wie bist du so dumm!
Aber lassen wir Fleischsalat und Streusalkuchen weit hinter uns
Werfen wir einen zeitgenießerischen
Blick auf die Kunst - auf die ganz moderne!
Neonbeleuchtung wie Buttercrèmetorte
Rheinische Spätavantgarde!
Stirnseite des Saales ein zentrales Werk
Ganz in Zartweiß gehalten, uni
Die Wirkung des reinen Lichtes!
Ein erlesenes Publikum, bereit,
Sich dahinter führen zu lassen - ebenfalls uni!
Wir leben ja nicht in der sogenannten .
Wir alle zahlen Freiheitsungskosten .
Der Herr trägt in dieser Saison
'Mercedes-Benzyniker', 'Wandaktionährstand'
Die Dame gibt sich interessiert,
Aber nicht zu sehr - sie weiß, was die Andere nicht wissen:
In jedem Fremdwort lauern Gefahren!
Seriosität seriell - das muss man einfach wissen!
Verwechslungen mit 'sehr reell' oder gar
'Sellerie' sind erst ab 40% Marktanteil verzeihlich!
Ein gegenstandsloser Intellektueller behält den Mantel an
Im Gesicht sektierischer Ernst, im Glas Obstschaumwein
Aber sonst monomanikürtes Betragen!
Unvermittelt fragt er seine Nachbarin, Op-Art Pop-Art sei!
Die Dame scheint verwirrt und errötet
Übrigens eine ungemein zobelaussehende,
Schwer bestoladene Dame, ganz in Zartblond gehalten - uni!
Der Künstler ist noch nicht erschienen
Der immense Auftragsbestand!
Die gesellschaftlichen Verpflichtungen!
An besonders harten Tagen lässt er einen streichen, einen Lohn-Schüler
Das Engagement in der Kunst!
Aber jetzt erscheint er doch!
Waschbärtig, abgegriffen, askesebleich
Ein offenes Gespräch wird inszeniert
Ein Monoloquium in freiheitlicher
Assoziationstechnik: Kremserweißheiten!
Zur gleichen Zeit wird auf der südlichen Hemisphäre
Ein Vietnamese von amerikanischem 'Tränengas' getroffen
Und verbrennt!
Darauf spielt der Künstler an:
"Angesichts solcher Zufälligkeiten in der modernen Welt
Darf ich als Künstler einfach nicht ins Gegenständliche abrutschen!
Ich male, was ich fühle!
Ich konfrontiere das Publikum mit dem reinen Nichts
Das möchte ich als Protest verstanden wissen
Gegen die pluralistische Gesellschaft
Gegen die politischen Fragen - wenn Sie so wollen!"
Verschlissene Traurigkeit senkt sich über die Anwesenden
Aber irgendwie gemütlich!
Anschließend gehts in die 'Neurotica'
Kleine Feier mit der Presse,
Ein wenig rustikalauern, Substanzvergnügen!
Der Meister und seine Klemptomanschaft mitten im Ikonoklastenkampf!
"Gerade in der Asche finden sich Formen, die es sonst nirgendwo ..."
"Alles Dekorativstapler!
Eben is er aus dem Kitschen raus, gleich fängt er wieder an ..."
Gemeinsames Schlußkommuniqué:
Der Marx unbewohnbar, fuisse - dicitur!
Wer Staaten lenkt, der hat es schwer
Wer Sorgen hat, braucht Militär
Gesetzt den Verteidigungsfall
Wer nicht gern stirbt, wird General!
Und alle gehen ohne Tritt
Mit!
Schnapsvertreter, blaue Bohnen
Feldhaubitzen, Diakonen
Oberförster und Faschisten
Informelle und Tachisten!
Und wenn er fällt, dann beißt er
Die halbgroßen Geister
Jetzt auch in Tüten
Mit eisernen Hüten!
Subito, ergo bummbumm!
Heimat, wie liegst du so krumm!