Achtung, nicht lesbarer Autor!*

  • Dieser Ruf eilt John Banville voraus, dem ehemaligen Literaturchef der Irish Times, der inzwischen 14 Romane veröffentlicht hat. Als er 2005 mit seinem Roman "The Sea" den Man Booker Preis erhielt, stand das literarische Establishment Kopf.


    Möglicherweise hat mich deshalb eine Rezension des neuen Romans "Unendlichkeiten" dazu bewogen, den Banville zu lesen, der bei mir im Bücherregal auf bessere Zeiten wartete.


    Athena, die Geschichte des Kunstexperten Barrow, der nicht nur unter sehr dubiosen Umständen gebeten wird, die Echtheit von acht niederländischen Barockbildern zu prüfen, sondern selbst nicht ganz echt zu sein scheint. Im Zusammenhang mit den kuriosen Umständen, die ihn zu den Bildern führen, trifft er auf A., eine geheimnisvolle, aufreizende junge Frau, der er verfällt. Im Klappentext ist hier von Liebe die Rede.


    Und dann gibt es noch eine exzentrische alte Tante, um die Marrow sich kümmern muss. Auch sie ist nicht immer das, was sie zu sein vorgibt. Echt ist zuletzt ihr grotesker Tod.


    Formal ist der Roman ein Brief an die verlorene A., die ihm als letztes einen Zettel hinterließ: Schreib mal!


    So rollt der Erzähler eine Geschichte auf, in die der Leser sich langsam einfinden muss. Übergeordnete Zusammenhänge bleiben lange unklar zugunsten von konkreten Einzelsituatonen. Wenn Marrow z. B. die niederländischen Maler fachmännisch in detaillierten Expertisen beschreibt, werden sie vor dem inneren Auge plastisch. Auch die Begegnungen mit Menschen werden sehr anschaulich erzählt. Im einzelnen anschaulich-konkret, im Sinnzusammenhang zunächst undeutlich verschwommen, so entwickelt sich der Text.


    Das Thema des Romans ist nicht neu, eine Variation zu Frischs "Ich bin nicht Stiller", oder "Mein Name sei Gantenbein". Letzterer zieht sich Lebensgeschichten an wie Kleider.


    Lesenswert war der Roman für mich besonders wegen seiner bilderreichen Sprache und der ironischen Selbstdistanz des Erzählers, mit der er die Fiktion bricht. Es gefällt mir, wenn der Erzähler behauptet, er wisse nicht, warum er so viel Aufhebens um die Erzählstruktur mache und gleichzeitig betuert, er wisse, dass die Reihenfolge nicht stimmt.


    Liegt es am irischen Regen, dem Garant der "Grünen Insel", dass der Ire Banville hier besonders kreativ wird?


    Der Regen fällt "wie aufspritzende Stahlspritzen in großen unbeholfenen Tropfen", er wirbelt als "dünne, nadelartige Substanz" in der windigen Luft umher, bläht sich als "ein schmieriger Sprühregen von der Seite wie ein gewölbter Vorhang", "sprenkelt" die rußige Dezemberstimmung oder erscheint als "kalte Regenstifte", die "in schrägen Winkeln herabknallen" und die Pfützen kräuseln..


    Aber auch die Nacht "schleicht sich an den Garten heran", im Haus "kauert ein mürrisches Schweigen", man sitzt "in einer Lache schattiger Stille".


    Für mich war es ein Lesevergnügen, auch wenn ich einige Seiten quer gelesen habe ... nicht nur der Erzähler ist frei.



    John Banville
    Athema
    Kiepenheuer & Witsch, 1996



    *In einer Rezension war vom unleserlichen Autor die Rede :thumbdown:

  • Damit wenigstens bekannt ist, worüber gestritten wird...



    Was gesagt werden muss


    "Warum schweige ich, verschweige zu lange,
    was offensichtlich ist und in Planspielen
    geübt wurde, an deren Ende als Überlebende
    wir allenfalls Fußnoten sind.

    Es ist das behauptete Recht auf den Erstschlag,
    der das von einem Maulhelden unterjochte
    und zum organisierten Jubel gelenkte
    iranische Volk auslöschen könnte,
    weil in dessen Machtbereich der Bau
    einer Atombombe vermutet wird.

    Doch warum untersage ich mir,
    jenes andere Land beim Namen zu nennen,
    in dem seit Jahren - wenn auch geheimgehalten -
    ein wachsend nukleares Potential verfügbar
    aber außer Kontrolle, weil keiner Prüfung
    zugänglich ist?

    Das allgemeine Verschweigen dieses Tatbestandes,
    dem sich mein Schweigen untergeordnet hat,
    empfinde ich als belastende Lüge
    und Zwang, der Strafe in Aussicht stellt,
    sobald er missachtet wird;
    das Verdikt "Antisemitismus" ist geläufig.

    Jetzt aber, weil aus meinem Land,
    das von ureigenen Verbrechen,
    die ohne Vergleich sind,
    Mal um Mal eingeholt und zur Rede gestellt wird,
    wiederum und rein geschäftsmäßig, wenn auch
    mit flinker Lippe als Wiedergutmachung deklariert,
    ein weiteres U-Boot nach Israel
    geliefert werden soll, dessen Spezialität
    darin besteht, allesvernichtende Sprengköpfe
    dorthin lenken zu können, wo die Existenz
    einer einzigen Atombombe unbewiesen ist,
    doch als Befürchtung von Beweiskraft sein will,
    sage ich, was gesagt werden muss.

    Warum aber schwieg ich bislang?
    Weil ich meinte, meine Herkunft,
    die von nie zu tilgendem Makel behaftet ist,
    verbiete, diese Tatsache als ausgesprochene Wahrheit
    dem Land Israel, dem ich verbunden bin
    und bleiben will, zuzumuten.

    Warum sage ich jetzt erst
    gealtert und mit letzter Tinte:
    Die Atommacht Israel gefährdet
    den ohnehin brüchigen Weltfrieden?
    Weil gesagt werden muss,
    was schon morgen zu spät sein könnte;
    auch weil wir - als Deutsche belastet genug -
    Zulieferer eines Verbrechens werden könnten,
    das voraussehbar ist, weshalb unsere Mitschuld
    durch keine der üblichen Ausreden
    zu tilgen wäre.

    Und zugegeben: ich schweige nicht mehr,
    weil ich der Heuchelei des Westens
    überdrüssig bin; zudem ist zu hoffen,
    es mögen sich viele vom Schweigen befreien,
    den Verursacher der erkennbaren Gefahr
    zum Verzicht auf Gewalt auffordern und
    gleichfalls darauf bestehen,
    dass eine unbehinderte und permanente Kontrolle
    des israelischen atomaren Potentials
    und der iranischen Atomanlagen
    durch eine internationale Instanz
    von den Regierungen beider Länder zugelassen wird.

    Nur so ist allen, den Israelis und Palästinensern,
    mehr noch, allen Menschen, die in dieser
    vom Wahn okkupierten Region
    dicht bei dicht verfeindet leben
    und letztlich auch uns zu helfen."

  • Offensichtlich gibt es auch in unserer angeblich „EU freien Presselandschaft“ Sachverhalte die nicht angesprochen werden dürfen und wenn, dann nur einer bestimmten Richtung von „political korrektness“.


    Ähnlich wie im Februar 2006, als Mohammed-Karikaturen aus Jyllands-Posten, einer dänischen Zeitung, einen weltweiten Streit ausgelöst hatten!
    Nur betraf es damals nicht Israel und die Juden, sondern die muslimische Welt.
    http://www.perlentaucher.de/artikel/2888.html


    Während Mohammed-Karikaturen als Satire gedacht waren, fordert Grass in seinem „Gedicht“ zum Nachdenken auf und prangert dabei auch das politisch / militärisch einseitiges Verhalten Israels an.


    Der Aufschrei jüdischer Organisationen kam natürlich gewaltig.


    „Er versteht nicht, worum es hier geht“ schreibt Avi Primor im KStA.


    In „Ein Anschlag auf Israels Existenz“ fand ich sogar eine neue Wortschöpfung:
    (..) Wir „Nach-Nazis“ hätten (…) ein höheres historisches Bewusstsein geerbt!“


    Nach bisher „Neo-Nazis“ gibt es nun auch noch „Nach-Nazis“!
    Wer ist wohl damit gemeint?


    Grass zur Kritik in der Zeit:


    Zitat Anfang


    "Es werden alte Klischees bemüht." Das sei verletzend, zumal "mit dem Begriff Antisemitismus gearbeitet" wurde.
    Weiter sagte der Schriftsteller: "Es ist mir aufgefallen, dass in einem demokratischen Land, in dem Pressefreiheit herrscht, eine gewisse Gleichschaltung der Meinung im Vordergrund steht und eine Weigerung, auf den Inhalt, die Fragestellungen, die ich hier anführe, überhaupt einzugehen."
    http://www.zeit.de/politik/deu…nd/2012-04/grass-reaktion


    Hat Grass nicht Recht, das wir „Gleichschaltung der Meinung“ haben, nach Art „Lager-Presse“, wo Redakteure kaum Spielraum haben in ihren Textinhalten von der Verlagsmeinung abzuweichen.


    Wer einmal der Presse verfallen ist, positiv wie negativ, ist ab sofort Gefangener, oftmals einseitig publizierter Darstellung durch die Presse. Heute in dicken Lettern angeklagt auf der Titelseit, so folgt eine gerichtlich erzwungene Rückname unter ferner liefen in Minimalschrift auf Seite sowieso.
    Diese scheussliche Verhalten von Vorverurteilung hat die Online Szene zu 100 Prozent übernommen, wie in Facebook und auch im Offenen Forum ksta.de nachzu lesen als Aufforderung zur Handlungen von Selbstjustitz eines bis dato nur Verdächtigen 17Jährigen:


    " Hängt ihn höher - Wildwest in Emden"


    Wer die Presse / Medien selber angreift, ihnen den Spiegel der Intoleranz vorhält, hat kaum eine Chance zu überleben!
    Wenn Ressortleiter zuschlagen bist du, wenig demokratisch, schnell weg vom Fenster und wirst mundtot gemacht.


    Das gilt auch für neugeschaffene Online Foren der Print_Presse, wo politisch missliebige Poster schnell mal "aussortiert" werden.
    Dabei wird die NAZI-Keule gerne als "Argument" eingesetzt, nicht nur durch den zuständigen Admin, im ksta.de übernehmen einige User gerne die "Drecksarbeit" des mit "verbalen Dreck bewerfens". Nur wer dabei nicht schon Nerven zeigt und von allein nicht gehen möchte, wird dann vom Admin oder von Herrn Oehler persönlich "aussortiert".


    GLP

  • Als ich einen pressekritischen Kommentar zum Emdener Lynchmob verfasst habe, wo ich Journalisten den Vorwurf gemacht habe, daß sie mit der Aufstachelung des Lynchmobs doch selber ihr Geld verdienen würden, haben sie mich selbstverständlich zensiert. Wie schwierig es ist Kritik an diesen eitlen Schreiberlingen durchzusetzen habe ich schon bei meinem "Idioten-Blog" gemerkt.
    Wenn es um Einschränkung der Pressefreiheit geht sind diese Hysteriker direkt an vorderster Front am nörgeln, kritisieren und verurteilen, aber wenn sich die Kritik gegen sie selbst richtet, so nehmen sie einem genauso die Freiheit, wie es die Russen, die Iraner oder die Chinesen tuen. Journalismus ist reine Heuchelei.

  • Das ist mir entschieden zu einseitig gesehen. Auch Journalisten haben eine eigene Weltsicht. Niemand ist objektiv. Wie auch?


    Jede Gesellschaft hat ihre Tabus und entsprechend wird auch "zensiert". Das machen wir als Menschen/Bürger? im privaten Bereich auch so ... Selbstschutz.


    Trotzdem denke ich, dass Tabus grundsätzlich auch gebrochen werden müssen, da sie ein Machtinstrument sind. Nicht jeder selbsternannte Tabubrecher hilft aber der oft berechtigten Kririk an der Sache. Da schleicht sich dann leicht ein: Ich sag endlich mal die Wahrheit und ihr haut auf mich drauf ein. Das beflügelt diejenigen, die glauben, die absolute Wahrheit zu besitzen ... die es nicht gibt.


    P. S. Hora glaubt ja schon, die Presse heuchelt ... ach ne, der glaubt die sei "gleichgeschaltet", weil sie nicht alle verfügbaren Nachrichten aufgreift. Das geht schlichtweg einfach nicht. Jedes Medienorgan wählt aus, muss auswählen. Das ist eine Art der "Manipulation", die sich nicht vermeiden lässt, über die man als Konsument einfach informiert sein muss.


    Warum dann immer wieder der Nazi-Begriff "Gleichschaltung" strapaziert wird, erschließt sich mir nicht. Bewusster Tabubruch, weil wir immer noch keine Sprache gefunden haben, um im öffentlichen Raum darüber zu reden? Er ist schlichtweg sachlich falsch ... solange man sich die Freiheit nimmt, nicht an Verschwörungstheorien zu glauben.

  • Ich als Admin würde einen Satz wie "Ich finde Adolf Hitler gut" nicht beanstanden.


    Wieso? Man kann doch keinem vorschreiben, was er gut findet. Ich finde Cola gut (habe wieder 3 Kästen bestellt, escape nicht. 1933 bis 1939 haben 80 Millionen Deutsche Hitler gut gefunden, heute keine 1000.



    Dieses Löschen und Sperren sind eine Pest und ein Armutzeugnis. Setzt Euch doch mit der anderen Meinung auseinander. Warum sind der Siedlungsbau der Israelis und die atomare Bedrohung des Iran zu tolerieren?


    Die ganze Debatte um Atomwaffen ist unglaubwürdig, solange die Amis nicht mit gutem Beispiel vorangehen und jeden Atomkrieg ächten. Angriff oder Defensive, Überlebende gibt es sowieso nicht, auch nicht die in Bunkern. Wer will denn nach 100.000 Jahren den Bunker verlassen und in eine verseuchte Welt zurückkehren? Und am besten werden Äxte, Keulen und Steine auch abgeschafft.

  • Das ist mir entschieden zu einseitig gesehen. Auch Journalisten haben eine eigene Weltsicht. Niemand ist objektiv. Wie auch?


    Jede Gesellschaft hat ihre Tabus und entsprechend wird auch "zensiert". Das machen wir als Menschen/Bürger? im privaten Bereich auch so ... Selbstschutz.


    Achja? Komisch, warum erlebe ich das bei mir nicht oder bei einigen Mitforisten? Es gibt genug Menschen, die es noch nie nötig hatten Kritik oder sogar Beleidigungen an ihren Meinungen oder ihrer Person zu zensieren oder zu löschen und die kriegen nicht einmal Geld dafür es zu erdulden.
    Selbst in meinem Freundeskreis erlebe ich so etwas nicht. Das muss schon der absolut privateste Bereich sein (Freundin/Frau/Kinder) um noch ein wirklich minimales Tabu feststellen zu können. Ich frage mich nur wie man das mit Politik vergleichen soll. Wenn es nunmal um die Familie und die Liebe geht ist das noch einigermaßen nachvollziehbar, weil das Begebenheiten sind, die über Herz, Bauch oder die Genetalien entschieden werden. Von Politik hingegen erwarte ich, daß sie absolut rational behandelt wird. Hier hat nur der Kopf zu entscheiden und kein Herzschmerz.


    Wenn die Journalisten das nicht trennen können, dann sollen sie kündigen und ihren Job von denen machen lassen, die es drauf haben.

    Zitat


    P. S. Hora glaubt ja schon, die Presse heuchelt ... ach ne, der glaubt die sei "gleichgeschaltet", weil sie nicht alle verfügbaren Nachrichten aufgreift. Das geht schlichtweg einfach nicht. Jedes Medienorgan wählt aus, muss auswählen. Das ist eine Art der "Manipulation", die sich nicht vermeiden lässt, über die man als Konsument einfach informiert sein muss.

    Was wählen die denn bitte aus, wenn die sowieso alle dasselbe schreiben, bei manchen Themen einheitlich zu den selben Ergebnissen kommen und teilweise relevante Informationen einheitlich ignorieren? Ich will ja nicht behaupten, daß jemanden denen das von oben herab befiehlt, aber genau wie in meiner vorherigen Beanstandung machen die Journalisten hier einfach ihre Arbeit nicht ordentlich.
    In der Blogosphäre klappt es doch auch, daß unterschiedliche Meinungen und Informationen sich überall herauskristallisieren und die arbeiten mehrheitlich ehrenamtlich. Wieso funktioniert das bei ausgebildeten Berufsjournalisten so schlecht?

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