Wir sind Papst ...

  • ... und müssen uns jetzt freuen, wenn der deutsche Papst seine Heimat besucht?


    Da gehen die Meinungen heftig auseinander. Ob deutsch oder nicht, der Papst soll seine Besuche machen und seine Botschaft verkünden. Jeder kann sich selbst eine Meinung dazu bilden.


    Etwas erstaunt war ich allerdings über Patrick Schwartz, der in der ZEIT die Frage: Ist dieser Besuch ein Segen? mit Ja beantwortete und den Kritikern vorwarf, es fehle ihnen an dem "Gefühl für die melancholische Größe des Augenblicks". "Der letzte deutsche Papst für lange Zeit reist -womöglich zum letzten Mal - in seine Heimat. Da sollte man sich zweimal überlegen, was man ihm vorhält".*


    Gefühlsduselei statt Nachdenken? Ähnlich geschwurgelt klingt für mich allerdings auch Bernd Ulrich, der bei der ZEIT die Gegenthese vertritt. Alles, was gemeinhin am Papst kritisiert wird, gesteht er ihm einerseits zu, andererseits ist es ihm zu pauschal. Aus Respekt vor dem Papst, besucht er als Protestant keine Papstmesse, aha!


    Dieser Papst scheint Probleme aufzuwerfen, die es ohne ihn nicht gäbe. Er ist rückwärtsorientiert, korrigiert als Papst das, was er in der Glaubenskongreation selbst in die Wege geleitet hat. Den Protestanten spricht er ab, dass sie einer "Kirche" angehören und verhindert/erschwert so jeden ökumenischen Gedanken. Die Juden stößt er vor den Kopf, führt die lateinische Messe wieder ein, hoffiert die ultrarechten Glaubensbrüder und stärkt die kirchliche Hierachie.


    Ein Papst muss wahrlich nicht dem Mainstream folgen, aber ist dieser Papst tatsächlich "im Leben" angekommen"?


    Mich stört am meisten, dass ich aufgefordert werde, an eine Kirche zu glauben ... und nicht an Gott, wer immer das sein mag.


    Da fällt mir spontan Gerd Köster ein. Der singt: Gott is fott, der ist gerade in einem Meeting.


    *DIE ZEIT, 22. 9. 2011, S. 1

  • Der Papst hat sich mit Dankbarkeit für den freundlichen Empfang in Deutschland wieder verabschiedet, hat sich bejubeln lassen wie ein Popstar -geht Messe und Masse zusammen?, hat seine alleinseligmachende Kirche gut vertreten und sich wieder ins Allerheiligste zurückgezogen.


    Zurück bleiben enttäuschte Protestanten, enttäuschte Katholiken, die sich wohl überlegt haben scheiden lassen, enttäuschte Mißbrauchsopfer, enttäuschte Homos -denen ihre Natur abgesprochen wird, eine enttäuschte "Kirche von unten" ...


    Ich erwarte nicht, dass der Papst sich dem Hauptstrom anschließt, aber dass er die Sorgen vieler Menschen ignoriert, die sich durchaus als Christen verstehen, das stimmt mich bedenklich.


    Vielleicht sollte er doch noch mal Lessings Ringparabel lesen.

  • Was ist an Realitätsignoranten so schlimm? Realität ist auch nur ein in sich geschlossenes Konzept, sprich es ist nur durch sich selbst verifizierbar. Wenn es um Ignoranz geht würdest du dich also gut mit dem Papst verstehen :)


    escape
    Ich verstehe nicht warum die Menschen immer meinen enttäuscht vom Papst sein zu müssen. Er ist doch nur der Überbringer der Botschaft. Von Gott ist irgendwie nie jemand enttäuscht.


    Wenn mitten in die andächtigen Feiern zum Geburtstag seines Sohnes die Nachricht reinplatzt, daß ein Tsunami 200.000 Südost-Asiaten auf einen Schlag getötet hat ist man natürlich nicht von Gott enttäuscht. Dann reden sich die Dumpfbacken wieder ein, daß es Schicksal sei, weil Gott ja barmherzig ist.
    Lieber wird man zum Atheisten, bevor man daran gewillt ist zu glauben, daß unser aller Schöpfer vielleicht ein sadistischer Arsch sei.


    Achja, was war das schön im Mittelalter, wo alle noch brav der Kirche folgten, wo die Kirche Kriege führte und mit der Inquisition die eigene Bevölkerung schlachtete. Da liebte jeder Gott und ging in die Kirche zum Beten.
    Heute predigt die Kirche rigoros Nächstenliebe sowie Frieden auf Erden, tötet niemanden mehr und misshandelt lediglich ein paar Messdiener. Jetzt treten die Menschen scharenweise aus der Kirche aus und wenden sich lieber radikaleren Ansichten und Religionen zu. Wut und Hass scheint dem Menschen der beste Trost für Enttäuschungen zu sein.


    Bei so einer Menschheit kann ich vollkommen verstehen, wenn Gott wirklich so ein Arschloch zu uns sein sollte. Ich wäre auch nicht anders. An seiner Stelle würde ich tagtäglich auf diesen Planeten kotzen :)

  • Dass es um Gott geht, kann ich gar nicht sehen. Es geht um die eine heilige Kirche ... und das ist eine weltliche Organisation.


    Es würde mir ja schon genügen, wenn es auch um Menschen ginge ... so ganz nebenher.

  • Als Joseph Ratzinger Papst wurde, lud er zuerst zwei Menschen in seine Sommerresidenz Castel Gandolfo. Einer der liberale Hans Küng, der wegen "theologischer Abweichungen" die kirchliche Lehrerlaubnis verloren hatte. Der andere war Bernhard Fellay, Generaloberer der rechtsradikalen Pius-Bruderschaft. [...] Während Küng geächtet blieb, stehen für Fellay die Türen der Kirche offen. Nachdem Benedikt im Jahr 2009 die Exkommunikation von vier Piusbrüdern aufhob und damit auch den Holocaustleugner Richard Williamson salvierte, verhandelt der Vatikan nun mit ihnen über Bedingungen der vollständigen Akzeptanz. [...] Der deutsche Distriktoberer Franz Schmidberger will einen theokratischen Staat, in dem die Gewalt nicht vom Volk ausgeht, sondern von Gott.


    Camilo Jiménez, gebürtiger Kolumbianer, Journalist und Kenner der Pius-Brüder, in DIE ZEIT, 22. 9. 2011, S. 64

  • Um welchen Staat geht es da genau? Der Vatikan selbst war ja schon immer theokratisch und ist es heute noch, also kann der wohl nicht gemeint sein. Der Text ist mir überhaupt zu vage. Damit ich einen Beweggrund kritisieren kann muss ich natürlich auch den Grund kennen und nicht nur die Bewegung.


    Dass es um Gott geht, kann ich gar nicht sehen. Es geht um die eine heilige Kirche ... und das ist eine weltliche Organisation.


    Es würde mir ja schon genügen, wenn es auch um Menschen ginge ... so ganz nebenher.


    lol Menschen. Hast du noch nie etwas von Jesus Christus gehört? Zu dem Typen solltest du mal recherchieren, vor allem was der so gelehrt haben soll. Was unmenschlicheres als das habe ich selten gelesen. Wer eine menschenorientierte Religion will, der soll es mal beim Islam versuchen. Da gibt es noch Rache und Krieg.


    Wenn du dich von Gott selber entfernen willst und dich ohne Metaphysik auf den Menschen konzentrieren willst empfehle ich dir Misanthropie. Muha :)