Anschreiben lassen

  • Gibt es das heute noch?


    Kürzlich meinte ein Kunde im Supermarkt ironisch: Mit Karte ... oder anschreiben lassen. Die Junge Kassiererin schaute verdutzt. Was ist das denn??


    Ich kann mich noch gut erinnern, dass ich als Kind einkaufen geschickt wurde. Meine Mutter schrieb die Bestellung in ein kleines Heft, die Inhaberin des Ladens schrieb die Preise dahinter und rechnete zusammen ... natürlich "im Kopf". Dann wurde die Summe mit Datum in einem anderen Heft vermerkt ... und am Ende des Monats wurde bezahlt.


    Aber das waren auch die Zeiten, als im gleichen Laden die frische Milch aus einem Behälter in meine Milchkanne "gezapft" wurde. Und freitags wurde in der Zinkwanne in Waschküche hinter dem Kohlenkeller gebadet ...

  • Na, ja, das Anschreibenlassen war die verfeinerte Form von Abstottern. Es gab mehrere, unterschiedliche Gründe dafür.


    In vielen Fällen war es sicher Armut. Besonders zum Ende des Monats, wenn der Monat wieder einmal kein Ende nehmen wollte. Das meint wohl hauptsächlich Gastmama. Oder Schimanski im letzten Tatort.


    Aber es gab auch andere Gründe.


    Wir ließen zum Beispiel anschreiben, weil wir so täglich an frische Brötchen kamen. Um 6 Uhr morgens machte sich das Lehrmädchen einer Bäckerei auf den Weg. Zu Fuß oder mit dem Rad. Den Beruf des Boten konnte man an den vielen weißen Tüten vorne im Fahrradkörbchen erkennen. So habe ich übrigens meine spätere Frau kennengelernt. Meier 5 stand mit mit Blei(stift) auf den Tüten. Und ein wesentlicher Nebeneffektt war, dass ich auch noch pünktlich jeden Morgen geweckt wurde.


    Auch heute wird noch angeschrieben. In Wirtschaften und Restaurants. Lemmi zum Beispiel mit seinen 37 Strichen auf dem Bierdeckel.


    Anschreiben, eine Rationalisierungsmaßnahme. Die Abrechnung ging schneller. Beide Seiten hatten Vorteile davon. Kein Suchen nach Pfennigen in der Kasse oder Portmonnaie mehr. Ich habe jahrelang für 77 Pfennig im Monat die Kirchenzeitung ausgetragen. Wie habe ich mich über ein "Is gut so" gefreut.


    Anschreibenlassen eine verrtrauensbildende Maßname. Der Händler musste sich natürlch darauf verlassen können, dass irgendwann beim nächsten Einkauf bezahlt würde. Und wir konnten uns darauf verlassen, jeden Morgen pünktlich frische Brötchen zu bekommen. Und der Händler band Kunden an sich. Wir hätten sofort den Bäcker gewechselt, wenn der nicht angeschrieben und die Brötchen geliefert hätte.


    Unangenehm war natürlich, wenn in der Schlange vor einem ein "Abrechner" stand. Das dauerte!!!!!!!!!


    Ach ja, die guten Alten Zeiten, als Fett noch mit O geschrieben wurde! Aber das System kommt wieder. Apotheken liefern auch zum Beispiel.


    Aber warum waren die Boten fast immer weiblich?

  • Apotheken haben immer auch geliefert, wenn ich das richtig sehe. Allerdings ist die "Ware" vorher bezahlt. Heute müssen sie schon deshalb liefern, um mit der Online-Konkurrenz Schritt zu halten, denke ich.

  • Dass die Apotheken früher auch geliefert haben, ist mir neu. "Das wurde mir zum ersten Mal von der Apotheke am Questerhof angeboten. Auch ohne Anzahlung. Sonst hieß es immer: "Heute Nachmittag ab ..." Da sind es junge Männer. Die wohl von der Apotheke gering bezahlt werden, aber hauptsächlich aufs Trinkgeld scharf sind. Um 2 € aufrunden tue ich immer. Die Medikamente sind in einer Papiertüte, an die der Kassenbon angeklammert ist. Der ist auch schon mal mit 500 € abgezogen. Letztens sogar bei dem Glatteis, als sogar Taxis Schwierigkeiten hatten, mit dem Fahrrad.




  • Es gab auch schon moderne 3D-Tischrechner, mit Multiplizieren.


    Beispiel: 23 * 71
    23 eintippen, Kurbel einmal drehen, Kommastelle verschieben, Kurbel 7 mal drehen, Ergebnis ablesen.


    Beispiel: 444* 752
    444 eintippen, Kurbel zweimal drehen, Kommastelle verschieben, Kurbel 5 mal drehen, Kommastelle verschieben, Kurbel 7 mal drehen, Ergebnis ablesen.

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