Das Fernsehen bringt seit Tagen Portraits und Sendungen ihm zu Ehren, auf Twitter gratulieren neben Kollegen auch die Stadt Köln und natürlich der Effzeh. Egal welche Zeitung man aufschlägt, überall findet sich der Hinweis
Wolfgang Niedecken, heute 70 Jahre alt
Es wird zum x-ten Mal der Begriff vom "Südstadt-Dylan" strapaziert und der Hinweis auf den Durchbruch mit "Verdamp lang her"#122. Das war bekanntlich BAPs erster mitgröhl-kompatibler Song, obgleich er, wie alle Songtexte von Niedecken, auf Kölsch verfasst ist. Besser gesagt "Kölsch met Knubbele", also Straßenkölsch. Weit davon entfernt, den Ansprüchen der "Akademie för uns' Kölsche Sproch" zu genügen.
Wer's nicht versteht, sei beruhigt, dieses Schicksal teilt er mit den Meisten, oft sogar den "eingeborenen" Kölnern, denn Niedeckens Genuschele darf als ein persönliches Markenzeichen gewertet werden. Drauf angesprochen, verweist er auf die den Scheiben beiligenden Textbooklets.
So, wie er sich überhaupt jede Einmischung in seine Textarbeit verbittet. Schreiben sei kein demokratischer Prozess, man erkläre ja auch keinem Maler, dass hier und da noch ein Tupfer Gelb oder Grün nett aussehen könnte.
Niedeckens Stellung in der Kölner Musikszene ist einmalig. Anders, als all die anderen Kölsch-Bands hat er nie den Schritt in den Karneval gemacht, und damit eine zuverlässige Geldquelle konsequent ignoriert. Wenn Bandmitglieder anderer Auffassung waren, für den Kommerz Hochdeutsch oder gar Englisch mit ins Repertoire aufnehmen wollten, folgte die Trennung. Sogar vom Ausnahmegitarristen Klaus "Major" Heuser.
Heute ist Wolfgang Niedecken als Einziger übrig geblieben von der ursprünglichen Besetzung. Da ist es nur konsequent, dass der Bandname sich von "Niedeckens BAP" über "BAP" wieder zurück zu "Niedeckens BAP" wandelte.
Als arrogant gilt er trotzdem nicht, man nimmt ihm seine konsequente Haltung ab, ohne sie ihm ernstlich zu verübeln.
Auch starkes Engagement in sozialen Projekten und seine klare Abgrenzung gegen rechte Umtriebe haben ihm Anerkennung und Sympathie eingebracht. In Köln sowieso, aber auch auf Landes- und Bundesebene. Sogar das Bundesverdienstkreuz hat man ihm verliehen.
Wie alles anfing?
Mit der 93 jährigen Frau Herrmanns, deren Bekanntschaft Niedecken in seiner Zeit als Zivi machte, die er bewunderte und mit der er gesungen hat. Auf Kölsch natürlich.