"Fack yu Göhte" ist aus meiner Sicht eine harmlose Schulkomödie, die mit vielen Slapsticks und Kritik an Lehrern besonders junge Menschen zum Lachen bringt.
Und dann verballhornt sie noch den deutschen "Literaturpapst", den viele nur als lästige Schullektüre kennen.
Gerichte haben aber jetzt entschieden, dass jedes "Fuck", ähm "Fack" vom Grundsatz her ordinär und außerdem eine Beleidigung ist. Verstößt gegen gute Sitten?
Wenn schon der Filmtitel beleidigend ist, hätte man den Film gleich verbieten können. Das kam aber wohl niemandem in den Sinn.
Ok, die Filmemacher wollten den Titel urheberrechtlich schützen lassen, um Geld zu verdienen.
Es lebe die Heuchelei!
Fack yu Göhte
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Mir ist immer noch nicht klar, was der EUGH da im Sinn hatte. Da geht es doch nicht um Moral, sondern um "Recht".
Und das ermöglicht jetzt jedem, "Fack Yu Göhte" T-Shirts und Tassen in Umlauf zu bringen. Oder seh' ich das falsch?? -
(goethebrasilia.org.br)
Doch, siehst du richtig.
Wenn du Lust hast, kannst du dir im nächsten Copyshop den Schriftzug "Fack ju Göhte" auf's T-Shirt drucken lassen, OHNE dafür teure Lizenzgebühren zu entrichten. Diese Abzocke hat das EuG den Antragstellern auf EU-Ebene vermasselt.Über die Begründung kann man natürlich trefflich streiten.
Die 'Welt' sieht es so:Zitat„Fack ju Göhte“-Urteil
Warum „fuck“ auf Englisch obszöner ist als auf Deutsch
Von Matthias Heine
Der Filmtitel "Fack Ju Göhte" wird in der Europäischen Union nicht als Marke eingetragen. Er verstößt laut einem Urteil des Gerichts erster Instanz der Europäischen Union (EuG) gegen die "guten Sitten".Die Marke „Fack ju Göhte“ kann nicht geschützt werden, weil sie zu anstößig ist. Sagt ein EU-Gericht. Aber wie kommt das schlimme englische Wort überhaupt in den Titel eines deutschen Familienfilms?
Mit seiner Entscheidung, dass der Titel „Fack ju Göhte“ kein schützbares Markenzeichen ist, hat der Europäische Gerichtshof in Luxemburg ein paar interessante juristische Probleme aufgeworfen. Wenn Obszönität ein Hinderungsgrund für Markenschutz ist und das Wort fuck als so anstößig empfunden wird, dass Verbraucher vor seiner pseudo-rechtschreibschwachen Verballhornung auf Kaffeetassen, T-Shirts und sonstigem Merchandising geschützt werden müssen – was bedeutet das eigentlich für ähnlich obszöne Produktnamen?
Was ist mit „Fuck Machine“ und „Baise-moi“?
Gilt der Titelschutz für Charles Bukowskis Roman „Fuck Machine“ nicht mehr? Sind die Produkte des Berliner Modelabels Yackfou rechtliches Freiwild, dass von jedem Kopisten gerippt werden kann? Was ist mit Ralf Königs Comic „Bullenklöten“? Was mit Virginie Despentes’ „Baise-moi“ – oder kann die französische Sprache gar nicht obszön sein? Und gilt der Obszönitätsvorbehalt nur für Titel, oder sind auch obszöne Inhalte nicht schützbar?
Wer legt überhaupt fest, was in einer Gesellschaft obszön ist? Erzkatholische Omas und die Scharia-Polizei oder Berlin-Mitte-Hipster mit Pornobalken unter der Nase und Lady Bitch Ray? Das Obszöne lässt sich ja schließlich nicht mit einem Urmeter messen, das hat Ludwig Marcuse schon 1962 in seinem kulturgeschichtlichen Werk „Obszön. Die Geschichte einer Entrüstung“ am Beispiel diverser heute nur noch für Historiker nachvollziehbarer Skandale der Vergangenheit anschaulich gemacht.Im konkreten Fall gibt es offenbar innerhalb der EU ein sehr unterschiedliches Empfinden dafür, was den vom Gericht zitierten „guten Sitten“ gerade noch so entspricht. Ein Film mit dem Titel „Fogg u Shagsbeere“ wäre in England und erst recht im noch prüderen Amerika sicher kein Familienvergnügen geworden. Und man war dort auch sehr erstaunt, als die deutsche Bundeskanzlerin 2013 in einer Pressekonferenz das Wort Shitstorm benutzte; bei einem britischen Premierminister wäre das undenkbar. Denn fuck wird „immer noch als der vulgärste Ausdruck der englischen Sprache“ angesehen.
So steht es auf dem Umschlag der Wort-Monografie „The F-Word“, die Jesse Sheidlower herausgegeben hat. Sheidlower ist Professor an der New Yorker Columbia-Universität und war Redakteur beim „Oxford English Dictionary“ mit Schwerpunkt auf den Sachgebieten Slang und nordamerikanischer Wortgebrauch. Sheidlowers Buch ist eine Art Wörterbuch zu einem einzigen Wort und seinen Varianten; es enthält Einträge zu so gut wie jeder Bedeutung von fuck, zu jedem zusammengesetzten Wort und zu jeder Redewendung, deren Bestandteil fuck ist. Wir erfahren, dass fuck als Verb mit der Bedeutung kopulieren erstmals kurz vor 1500 in einem englischen Text auftaucht und als Hauptwort und Bezeichnung für den Kopulationsakt erstmals 1680.
Wenn es Mörike fickte, juckte es ihn
Doch fuck ist natürlich viel älter. Ähnliche Wörter existieren in mehreren germanischen Sprachen – außer dem deutschen ficken gibt es noch Vergleichbares im Holländischen und Schwedischen. Das Wort ist also gemeingermanisch, wie Linguisten sagen. Die Wahrscheinlichkeit, dass die alten Germanen einen ähnlichen Ausdruck hatten, ist riesengroß. Möglicherweise bedeutete dieses germanische Wort zunächst auch nur reiben oder kurze rasche Bewegungen hin und her machen. In dieser Bedeutung existiert das Wort ficken frühneuhochdeutsch und in einigen Dialekten. In der Schweizer Region Aargau sagt man über Fahrradreifen oder Kleider, sie seien abgfegget und doregfegget und meint abgewetzt und durchgescheuert.
Das „Deutsche Wörterbuch“ von Hermann Paul zitiert Eduard Mörike mit dem schönen Satz: „Mich kränkt es, mich fickt’s“ (etwa so, wie man heute sagen würde: „Das juckt mich“).
Doch obwohl es uralt ist, lässt sich fuck/ficken in keiner Sprache vor dem 14.Jahrhundert nachweisen. In Deutschland taucht ficken zum ersten Mal 1558 in Michael Lindeners Schwankbuch „Rastbüchlein“ auf. Der älteste Hinweis auf seine Existenz im Englischen ist der Spitzname Roger Fuckebythenavel (was man mit Roger der Nabelficker übersetzen kann) in Gerichtsprotokollen aus Chester County der Jahre 1310 und 1311. Sheidlower hat dafür mehrere Erklärungen: „Die einfachste – und möglicherweise die einleuchtendste – ist, dass das Wort mit einem so starken Tabu belegt war, dass es im Mittelalter einfach nie aufgeschrieben wurde.“Wie weitverbreitet fuck aber schon in der frühen Neuzeit gewesen sein muss, sieht man daran, dass Shakespeare zwar nie das Wort selbst gebraucht, sich aber allerhand Anspielungen darauf erlaubt. So gibt es etwa in einer Lateinlektion in „Die lustigen Weiber von Windsor“ den fockative – korrekt heißt der lateinische Anredefall Vokativ, englisch vocative.
Trotzdem blieb fuck lange ein verbotenes Wort. Man konnte es privat sagen, aber sein öffentlicher Gebrauch war undenkbar. Der Theaterkritiker Kenneth Tynan erlangte Unsterblichkeit durch die skandalöse Tatsache, dass er 1963 fuck im Fernsehen sagte. Lange galt er in der angelsächsischen Welt als der Erste, der diesen ungeheuerlichen Mut oder diese ungeheuerliche Frechheit aufgebracht hatte. Mittlerweile weiß man, dass ihm der irische Dichter Brendan Behan 1956 bei einem Fernsehauftritt zuvorgekommen war. Doch obwohl Behan das Wort gleich mehrfach gebrauchte, protestierte niemand. Joe Moran, Autor des Buches „Armchair Nation“ über die Geschichte des englischen Fernsehens, erklärt das so: „Vielleicht lag es daran, dass Behans Aussprache so undeutlich war, weil er sich vor dem Auftritt total betrunken hatte. Stattdessen riefen Hunderte Zuschauer an, um sich zu beschweren, dass sie Behans Dubliner Akzent nicht verstehen könnten.“
Goethe sagte lieber vögeln
Noch heute kann man auf ähnliche Weise Ruhm erlangen. Der Schriftsteller Jonathan Lethem durfte sich 2013 einige Tage lang darüber freuen, dass er anscheinend der Erste war, der fuck in die ehrwürdigen Seiten der „New York Times“ geschmuggelt hatte – bis die Zeitung aufklärte, dass sie das Wort schon einmal gedruckt hatte: 1998 als sie den „Starr Report“, den Untersuchungsbericht über die sexuellen Aktivitäten von Präsident Bill Clinton mit Monica Lewinsky, dokumentierte.
Das Verdienst, fuck und mit ihm die Redewendung fuck you! einer breiten deutschen Öffentlichkeit bekannt gemacht zu haben, gebührt Ralf-Rainer Rygulla. 1968 publizierte der Schriftsteller im Darmstädter Melzer-Verlag eine Anthologie neuester amerikanischer Undergroundlyrik, die er „Fuck you!“ betitelte – nach der Zeitschrift „Fuck You: A Magazine of the Arts“, die der Beat-Poet Ed Sanders seit 1962 in Amerika herausgab. Rygullas Gedichtsammlung war ein Riesenerfolg.Zu den dort vertretenen Autoren gehörte neben Sanders und Tuli Kupferberg auch Charles Bukowski, dessen Erzählung „Fuck Machine“ einem 1977 erschienenen Sammelband den Titel gab. Das Buch, das damals wirklich jeder gelesen hat, machte „das vulgärste Wort der englischen Sprache“ endgültig auch im Deutschen heimisch. Es führt also ein Weg vom Fuck you!, das der Dichter Sanders vor fünf Jahrzehnten in New York dem Establishment entgegenschleuderte, zum Titel einer deutschen Mainstreamfilmserie von heute, die den Namen eines anderen Dichters durch den Kakao zieht.
Goethe selbst hat das Wort ficken übrigens nie gebraucht – zumindest nirgendwo schriftlich. Im „Goethe-Wörterbuch“, das sämtliche 100.000 Wörter des Olympiers erfasst, hat es keinen Eintrag. Der Meister bevorzugte, wenn er mal so richtig deutlich werden wollte, wie beispielsweise im Schwank „Hanswursts Hochzeit“, das Verb vögeln.
a.a.O.
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Hätte der EUGH in seiner Begründung geschrieben, dass er Merchandising-Abzocke verhindern will, hätte mich nur kurz überzeugt. Denn davon gibt es reichlich. Jeder Fußball-Club zockt seine Fans ab ... und niemanden stört's.
Es muss einen Grund geben, warum hier so entschieden wurde ... -
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