"Isch over", um es mal wie Schäuble zu sagen.
Die Lieber-doch-nicht-Koalitionäre der Schwampel haben ihre Biegsamkeitsgymnastik aufgegeben und kehren via Talkshows und Interviews zu Starrsinn und Maximalforderungen zurück. Kompromissbereitschaft/-fähigkeit? Fehlanzeige. Daher mahnt unser oberster Repräsentant die erst kürzlich gewählten Abgeordneten, sich an die Aufgabe zu machen, zu der sie sich aufgestellt haben und gewählt worden sind: Regieren, Kontrollieren, Volkes Wille zu vertreten.
Von starren Koalitionen, von Erbpacht des Kanzlerstatus steht -soweit ich mich erinnere- nichts im Grundgesetz. Auch nicht davon, dass man als Abgeordnete zuvorderst Wirtschaftsinteressen durchsetzen müsse.
Ebenso vielfältig und zahlreich wie Volkes Meinungen sind politische Parteien und Gruppierungen. Dass die nicht alle im Hohen Hause Platz finden könnten, leuchtet ein. Also gibt's in unserer Parlamentarischen Demokratie eine Eintrittsschwelle, die berühmte 5%-Hürde. Ungute Erfahrungen mit Kleinklein-Chaos beim ersten Demokratie-Versuch der Weimarer Republik genügten, um beim zweiten Versuch in der jungen Bundesrepublik einem solchen Hickhack von Vornherein einen Riegel vorzuschieben.
Und nicht nur in diesem Punkt bedachten die Mütter und Väter des Grundgesetzes die hässlichen Erfahrungen aus der Weimarer Zeit:
Wenn schon mehrere Parteien im Parlament sitzen und keine absolute Regierungsmehrheit für eine Partei erzielt wurde, dann erfolgt die Handlungsfähigkeit eben durch Bildung einer Koalition.
Falls sich für diese ebenfalls keine absolute Mehrheit findet, dann soll halt mit einfacher Mehrheit und wechselnden AbstimmungsPartnern regiert werden. So sei die Regierung gesichert und ebenso, dass die Interessen der Bevölkerung mithilfe des Parlaments möglichst breit abgebildet und ihre Anliegen praktisch umgesetzt werden.
Minderheitsregierung nennt sich das.
ZitatMinderheitsregierung
Normalerweise wird eine Regierung aus den Mitgliedern einer oder mehrerer Parteien gebildet. Diese Regierung wird von der Mehrheit der Abgeordneten im Parlament unterstützt. Diese Mehrheit ist wichtig, damit die Regierung ohne größere Probleme Gesetze beschließen und auch andere Vorhaben durchsetzen kann.
Es kann aber auch sein, dass die Partei oder die Parteien, welche die Regierung bilden, keine Mehrheit im Parlament haben. Dies kommt beispielsweise in skandinavischen Ländern öfters vor. Dann gibt es eine sogenannte Minderheitsregierung. Eine solche Regierung braucht bei Abstimmungen die Unterstützung von anderen Parteien im Parlament. Denn Gesetze können nur beschlossen werden, wenn es dafür eine Mehrheit gibt. Eine Minderheitsregierung muss also von anderen Parteien im Parlament geduldet werden, sonst würde sie rasch scheitern.
Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung 2017.
Zugegeben, das Modell hat Nachteile. Eine Minderheitsregierung hat meist nur wenig Spielraum, wenn sie ihre Vorhaben im Parlament durchbringen will. Sie ist immer auf Kompromisse mit den anderen Parteien angewiesen und kann schneller als eine Mehrheitsregierung durch ein Misstrauensvotum gestürzt werden.
Dennoch erscheint mir die Vorstellung nicht unattraktiv.
Kein Durchregieren seitens einer Partei mehr. (Ja, auch in einer 'GroKo' bestimmt letztlich das 'Gro' die 'Ko'.) Und statt gefühlter Ewigkeiten immer gleicher Gestaltung durch die bestimmende Person -Kanzler*in- käme das Parlament in Schwung.
Leeres Haus, schlafende Parlamentarier, daddelnde oder Zeitung lesende Abgeordnete?
Wie wär's denn mal mit Debatten, die den Namen verdienen. Dem Bestreben, Politik im Parlament zu vertreten und auch dort zu gestalten. Offenheit der parlamtarischen Entscheidungen.
Wechselnde Mehrheiten? Warum denn nicht?
Wenn's in Skandinavien und sogar in einzelnen BundesländerParlamenten erfolgreich(!) praktiziert wird, dann könnte es doch auch im Deutschen Bundestag klappen.
Wie seht ihr das?