In Frankfurt tummeln sich derzeit Frankophone und Frankophile, Bücher werden gelesen und vorgestellt, und Ehrengast Monsieur Macron zelebriert französisches "Savoire Vivre" beim Restaurantessen und abschließendem café im Café.
Auf Buchmessen dürfen Podiumsdiskussionen natürlich nicht fehlen, und so zelebriert man auch die.
Das Thema könnte deutscher nicht sein: man vergleicht sich. Genauer gesagt, Frau vergleicht und bietet -wen auch sonst- "Expertinnen" auf. Zum Beispiel Maria Furtwängler. Sie ist Schauspielerin mit einem Repertoire von gefühlt 3 bis 5 Gesichtsausdrücken, die sie den darzustellenden Rollenfiguren gönnt. Frau Furtwängler ist mit Herrn Burda verheiratet. Das ist der mit dem Verlag und dem Ausspruch: "So jung und schon Französin." Aha.
Was es zum Thema sonst noch zu hören und zu bedenken gab, fasst Andrea Diener von der FAZ zusammen.
ZitatAlles anzeigenFranzösinnen, ihr habt es besser!
11. Oktober 2017 von Andrea Diener | 10 Lesermeinungen
© picture alliance / Everett Colle
Isabelle Huppert in „Falsche Vertraulichkeiten“: Gibt es in Deutschland überhaupt Filmrollen Frauen über sechzig?
Das Klischee geht ungefähr so: In Frankreich sind alle Frauen elegant, verführerisch und feminin, deutsche Frauen hingegen sind verbissene Spaßbremsen, flirten können sie auch nicht und womöglich sind sie auch noch unrasiert und Feministin. Das stellt Bascha Mika, Chefredakteurin der Frankfurter Rundschau, erst einmal so in den Raum des Lesezeltes, denn es ist ja nicht ganz aus der Luft gegriffen und womöglich hat es, wie viele Klischees, einen wahren Kern. Vergleichen wir also einmal Gastland und Gastgeberland anhand seiner Frauen – und den Lebensbedingungen diesseits und jenseits des Rheins.
Die Schauspielerin Maria Furtwängler erzählt, ihr Mann, der Verleger Hubert Burda, sage gern: „Oh, so jung und schon Französin“, als sei das eine Auszeichnung. Maria Furtwängler erzählt in dieser Runde noch so einiges, zum Glück aber recht wenig über ihren Mann. Dafür aber, dass sie eine Studie initiiert hat, die Geschlechterdarstellungen in Film und Fernsehen untersucht. Und die ergibt, dass in Deutschland Frauenrollen vor allem in Beziehungszusammenhängen vorkommen, nämlich im Alter zwischen zwanzig und dreißig. Für Frauen über vierzig gibt es hingegen kein Narrativ, die verschwinden einfach, die werden nicht dargestellt, über die gibt es anscheinend nichts zu erzählen. Über Männer diesen Alters hingegen schon. In Frankreich haben Frauen kein Alter, so lautet ein Bonmot des Modeschöpfers Yves Saint Laurent, in Deutschland haben sie vor allem ein Verfallsdatum. Vielleicht kommt daher diese gewisse Bitterkeit deutscher Frauen, so Furtwängler am Ende des Gesprächs, wenn es um den Feminismus geht – weil deutsche Frauen noch viel abhängiger seien.
Furtwängler zur Seite springt die Professorin für französische Literaturwissenschaft Barbara Vinken, selbst in Frankreich aufgewachsen. Es gebe in Frankreich eine große Bewunderung für alles Weibliche, was auch bedeutet, dass Intellektuelle ihrer Weiblichkeit nicht abschwören müssen, um ernst genommen zu werden. Das sehe man ja schon an den Haaren, so Rüdiger Suchsland, Filmkritiker und Quotenmann der Runde: Französinnen schnitten sich auch im Alter ihre Haare nicht ab. Hierzulande war es das erste, was eine Ursula von der Leyen tat, als sie ihren Ministerposten bekam. In Deutschland stehe das Weibliche sofort unter Verdacht und sei mit dem Intellektuellen kaum vereinbar.
Na, da haben sich die Pariserinnen ja erfolgreich vermarktet, so Journalistin und Deutschland-Korrespondentin Cecile Calla. So ganz paradiesisch ungezwungen gingen die Geschlechter seit der Affäre Strauss-Kahn auch in Frankreich nicht mehr miteinander um. Zwar werde die Kultur der Begierde und der Verführung noch immer als nationales Gut angesehen, doch sprächen immer mehr Frauen über Belästigungen durch Männer und man werde sich der Grenzen langsam bewusster.
Ganz anders als in Deutschland sei in Frankreich hingegen das Bild vom Muttersein. Niemand werde als Rabenmutter angesehen, wenn man sein Kind in die Krippe gebe, ganz im Gegenteil: Es gebe durchaus einen Druck, nach der Geburt schnell wieder seinen Platz in der Gesellschaft einzunehmen, berichtet Calla. Das habe sich bereits seit dem 18. Jahrhundert in diese Richtung entwickelt, damals gab es für die Städterinnen Ammen, die sich um die Kinder kümmerten. Und wenn Kinder zu Hause bleiben, so befürchtet man heute, sie entwickelten keine sozialen Kompetenzen. Allerdings gebe es auch da langsam eine Gegenbewegung, so Calla, denn nicht alle Frauen mache dieses Modell glücklich. Auch hier ist das wieder eine Frage des Medienbilds, das der Wirklichkeit vorausgeht. In Frankreich seien Mütter in Filmen oft sehr erotisch, in Deutschland seien sie eher tabuisiert, so Barbara Vinken. Unser deutsches Muttermodell hingegen sei gescheitert, denn dabei verlieren alle.
Egal, wie man das Gespräch drehte und wendete: Die Französinnen scheinen freier zu leben, mit weniger Druck und mehr Entscheidungsfreiheit. Vielleicht liegt darin ihr größeres Selbstvertrauen begründet. Und darin, dass ihnen das Kino noch erzählenswerte Leben zutraut, auch wenn sie – und die Schauspielerinnen, die sie darstellen – die vierzig, fünfzig oder sechzig Jahre überschritten haben. Sie sind ganz wunderbar, weil sie wunderbar sein dürfen. Liebes deutsches Kino, liebes Fernsehen: Ihr seid jetzt dran.
(FAZ)